Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug bei Lieferkette
Leitsatz (redaktionell)
- Voraussetzung für den Vorsteuerabzug aus einer Lieferung ist eine Lieferung des Rechnungsausstellers. Daran fehlt es jedenfalls dann, wenn der Leistungsempfänger weiß, dass kein Eigengeschäft des Rechnungsausstellers vorliegt.
- Die objektive Beweislast für das Vorliegen der gesetzlichen Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs trägt der den Vorsteuerabzug begehrende Unternehmer, so dass bloße Zweifel im Aussetzungsverfahren nicht zum Erfolg führen können. Entscheidend sind vielmehr die Umstände des Einzelfalles und das Gewicht der Gründe, die Anlass zum Zweifel geben.
- Ist aufgrund gegensätzlicher Bekundungen (Beschuldigtenvernehmung vs. eidesstattliche Versicherungen) in tatsächlicher Hinsicht nicht abschließend geklärt, ob in eine Lieferkette betr. gebrauchte Nutzfahrzeuge ein Unternehmen zum Schein eingeschaltet worden ist, kann eine auffällige Diskrepanz zwischen angeblichen Einkaufs- und Verkaufspreisen des Rechnungsausstellers (132,8 %) im Aussetzungsverfahren eine Entscheidung nach Beweislastgrundsätzen zum Nachteil des den Vorsteuerabzug begehrenden Unternehmers rechtfertigen.
Normenkette
UStG § 3 Abs. 1, §§ 14, 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1; FGO § 69
Streitjahr(e)
2003, 2004
Tatbestand
Nutzfahrzeugen. In seinen Umsatzsteuererklärungen 2003 und 2004 machte er in Rechnungen der B-GMBH über Fahrzeuglieferungen ausgewiesene Umsatzsteuerbeträge in Höhe von 208.304.- EUR (2003) und 63.902.- EUR (2004) als Vorsteuer geltend. Mit geänderten Umsatzsteuerbescheiden 2003 und 2004 vom 24.02. und 08.03.2006 versagte der Antragsgegner den Vorsteuerabzug aus den genannten Rechnungen. Dabei stützte sich der Antragsgegner auf eine Aussage des Geschäftsführers der B-GMBH, Herr P. gegenüber dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung vom 28.11.2005, wonach die B-GMBH tatsächlich keine Fahrzeuge an den Antragsteller geliefert habe. Vielmehr habe er – P – die Rechnungen auf Verlangen des Herrn N., eines Sohnes des Antragstellers, nach dessen Vorgaben geschrieben. Außerdem habe er von N an die B-GMBH adressierte Rechnungen der tatsächlichen Verkäufer erhalten, die erheblich niedrigere Kaufpreise ausgewiesen hätten. Außerdem habe er von N jeweils Schecks über die in den Rechnungen der B-GMBH ausgewiesenen Bruttorechnungsbeträge erhalten und diese auf dem Konto der B-GMBH eingelöst. Im Gegenzug habe er N jeweils Schecks über die in den Rechnungen der tatsächlichen Verkäufer an die B-GMBH ausgewiesenen Bruttorechnungsbeträge übergeben. Die Differenz der jeweiligen Nettorechnungsbeträge habe er – abzüglich seiner Provision von 11 % dieser Differenzbeträge – in bar an N ausbezahlt.
Gegen die geänderten Umsatzsteuerbescheide 2003 und 2004 hat der Antragsteller Einspruch eingelegt, über den der Antragsgegner noch nicht entschieden hat. Er beantragt – nach Ablehnung seines Aussetzungsantrags durch den Antragsgegner – Aussetzung der Vollziehung durch das Gericht.
Der Antragsteller macht geltend:
1. Die Aussetzung der Vollziehung sei schon aus formellen Gründen zu gewähren, weil der Antragsgegner seiner aus § 364 AO resultierenden Verpflichtung zur Mitteilung der Besteuerungsgrundlagen nicht nachgekommen sei. Die den angefochtenen Bescheiden beigefügten Anlagen genügten den gesetzlichen Vorgaben nicht.
2. Im Übrigen treffe es nicht zu, dass die B-GMBH keine Fahrzeuge an den Antragsteller geliefert habe. Die Aussage des P gegenüber dem Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung sei falsch. Tatsächlich sei die B-GMBH am Markt als LKW-Händler aufgetreten und habe eine Vielzahl von Fahrzeugen für eigene Rechnung an den Antragsteller veräußert. Von diesen Verkäufen stammten die vom Antragsgegner beanstandeten Einkaufsrechnungen des Antragstellers. Der Antragsteller hat hierzu mit Schriftsatz vom 09.08.2006 inhaltsgleiche eidesstattliche Versicherungen von zwei in den Streitjahren beim Antragsteller beschäftigten Fahrern – Herr E. und Herr F. – vom 31.07. und 03.08.2006 vorgelegt, in denen diese u. a. ausführen, dass sie von P, der als handelnde Person für die B-GMBH aufgetreten sei, eine Reihe von Fahrzeugen ausgehändigt erhalten und diese von L-Stadt zum Betriebssitz des Antragstellers gebracht haben. Wegen des weiteren Inhalts wird auf die eidesstattlichen Versicherungen vom 31.07. und 03.08.2006 Bezug genommen (Bl. 47/48 d. A.). Mit Schriftsatz vom 19.10.2006 hat der Antragsteller jeweils eine weitere eidesstattliche Versicherung vom 16.10.2006 des Herr E. und des Herr F. vorgelegt, auf deren Inhalt ebenfalls Bezug genommen wird (Bl. 64 – 67 d. A.). Darüber hinaus hat der Antragsteller eine „Verkaufsbestätigung” des Nutzfahrzeughändlers C. aus B-Stadt vorgelegt, mit der C. bestätigt, am 17.03.2004 einen LKW Daimler-Benz, Fahrgestellnummer XXXX zum Preis von 14.000.- EUR (netto) an die B-GMBH veräußert zu haben, die das Fahrzeug von seinem Firmengelände abgeholt und per Scheck bezahlt habe (Bl. 49 d. A). Über die Lieferung dieses Fahrzeugs erteilte d...