vorläufig nicht rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung gegen Sicherheitsleistung – Auslandswohnsitz des Steuerpflichtigen – Erfordernis der Verschlechterung der Vollstreckungssituation
Leitsatz (redaktionell)
- Die Aussetzung der Vollziehung kann – bei nicht überwiegend wahrscheinlichem Erfolg der Klage - von einer Sicherheitsleistung abhängig gemacht werden, wenn der Antragsteller seinen Wohnsitz in Thailand hat und über keine inländischen Vermögenswerte verfügt.
- Der Auslandswohnsitz lässt eine Realisierung der Steuerforderung bei Bestands- bzw. Rechtskraft gefährdet erscheinen, wenn die Vollstreckbarkeit nicht – z.B. aufgrund der EG-Beitreibungsrichtlinie – wie im Inland gewährleistet ist.
- Eine im Zeitpunkt der Entscheidung über die Aussetzung bereits bestehende Gefährdung rechtfertigt das Verlangen nach Sicherheitsleistung auch dann, wenn mit einer weiteren Verschlechterung der Vermögensverhältnisse nicht zu rechnen ist.
Normenkette
FGO § 69 Abs. 2 S. 3, Abs. 3 S. 1 Hs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Der Antragsteller wohnt seit Jahren in Bangkok, Thailand. Von 2003 bis 2008 war er als Berater für die Firma A-GmbH – tätig, an der er – vermittelt über seinen Vater (V) als Treuhänder – Geschäftsanteile im Nennwert von 42.500 € hielt. Nach dem im Jahr 2000 abgeschlossenen Beratervertrag sollte der Antragsteller die A-GmbH in allen betrieblichen Fragen, insbesondere in Fragen der Führung des Vertriebs, des Verwaltungs- und Rechnungswesens, des Personalwesens sowie des Unternehmensbestandes beraten. Der Bruder des Antragstellers (B) war als Arbeitnehmer für die A-GmbH tätig.
Im Jahr 2009 führte das Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung eine Prüfung für die Jahre 2003 bis 2008 bei dem Antragsteller durch, in deren Folge am 18. März 2011 das Strafverfahren wegen des Verdachts der Verkürzung von Einkommen- und Gewerbesteuer 2004 bis 2008 eingeleitet wurde. Dabei traf die Steuerfahndung zunächst die Feststellung, dass Beraterhonorare i. H. v. 96.000 € für die Jahre 2003 bis 2008 steuerlich anzuerkennen und dem Antragsteller als Einkünfte zuzurechnen seien, wohingegen Zuwendungen der Gesellschaft i. H. v. 42.000 € verdeckte Gewinnausschüttungen darstellten. Dies entsprach einer tatsächlichen Verständigung zwischen der A-GmbH und dem Antragsgegner. Zudem seien dem Antragsteller Erlöse aus dem Verkauf von Tonerkartuschen über den eBay-Namen „xxx” i. H. v. brutto 1.156,81 € (2004), 23.975,09 € (2005), 7.993,95 € (2006), 174.179,67 € (2007) bzw. 29.845,62 € (2008) zuzurechnen. Diese Werte ermittelte die Steuerfahndung mithilfe eines Datensatzes, den die eBay Europe S.à.r.l. auf ein Auskunftsersuchen zum Aliasnamen „xxx” übersandt hatte. Da die Lagerung, die Verarbeitung der Bestellung, die Verpackung und der Versand durch die A-GmbH vorgenommen worden seien, habe der Betriebssitz des Unternehmens am Sitz der A-GmbH bestanden. Zudem habe der Antragsteller seine Lieferungen über seinen Bruder als ständigen Vertreter abgewickelt. Dieser habe nachhaltig seine Geschäfte besorgt und seinen Weisungen – zum Teil per E-Mail – unterlegen. Die Einkünfte unterlägen der beschränkten Steuerpflicht gemäß § 49 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a des Einkommensteuergesetzes – EStG –. Der Account sei dem Antragsteller zuzurechnen. Bei der hinterlegten Kreditkartennummer handele es sich um die des Antragstellers, die auch bei Kartenabrechnungen über das Konto der Gesellschaft bei der Dresdner Bank (Nr. 111), für das der Antragsteller verfügungsberechtigt gewesen sei, verwendet worden sei. Zudem existiere noch ein Konto bei der Deutschen Bank mit der Bezeichnung „Herr C c/o Antragsteller” (Nr. 222), auf dem ebenfalls laufend Überweisungen aus eBay-Verkäufen eingegangen seien und für das der Antragsteller bevollmächtigt sei. Auf den Bericht des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung Essen über die steuerlichen Feststellungen vom 10. Januar 2013 wird ergänzend Bezug genommen.
Auf der Grundlage der Prüfungsfeststellungen erließ der Antragsgegner am 15. Februar 2013 erstmalige Einkommensteuer- und Umsatzsteuerbescheide für die Jahre 2003 bis 2008.
Gegen diese Bescheide legte der Antragsteller rechtzeitig Einspruch ein und machte im Hinblick auf die eBay-Erlöse geltend, den eBay-Account nur bis 2004 genutzt zu haben. Die Ware habe er von Thailand aus nach Deutschland verschickt, um sich mit dem System vertraut zu machen. Seit 2005 habe Herr D, ein Kunde der A-GmbH, den Account genutzt. Die Umsätze könnten ihm, dem Antragsteller, daher nicht zugerechnet werden. Dass die Erlöse auf ein Konto eingezahlt worden seien, für das er bevollmächtigt gewesen sei, reiche nicht aus. Die mehrmalige Änderung der E-Mail-Adresse und des Passworts für den Account spreche zudem für einen Benutzerwechsel. Allein die Tatsache, dass der eBay-Account auf seinen Namen angemeldet gewesen sei, ließe keine Schlüsse auf die Einkünftezurechnung zu. Zum einen existiere keine Vermutu...