Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenerstattungsanspruch des beigeordneten Rechtsanwalts: Bewilligung von PKH in den Erstattungsanspruch übersteigender Höhe – Übergang des Erstattungsanspruchs auf die Staatskasse – Ausschluss eines zusätzlichen Kostenerstattungsanspruchs
Leitsatz (redaktionell)
Hat der beigeordnete Rechtsanwalt aufgrund der teilweisen Bewilligung von PKH eine seinen Kostenerstattungsanspruch gegen den Beklagten übersteigende Vergütung aus der Staatskasse erhalten, schließt der Übergang seines Vergütungsanspruchs auf die Staatskasse gemäß § 59 Abs. 1 Satz 1 RVG die Festsetzung eines zusätzlichen Kostenerstattungsanspruchs gegen den Beklagten aus.
Normenkette
FGO § 133 Abs. 1 S. 1, § 142 Abs. 1; ZPO § 126 Abs. 1; RVG § 59 Abs. 1 S. 1
Tatbestand
Die Erinnerungsführer wenden sich gegen die Festsetzung der von der Erinnerungsgegnerin (Familienkasse) an sie als Prozessvertreter in dem Verfahren 9 K 1626/18 Kg zu erstattenden Kosten.
In diesem Klageverfahren hatte sich die Klägerin, vertreten durch die Erinnerungsführer, gegen die rückwirkende Aufhebung und Rückforderung von Kindergeld für die Zeiträume Oktober 2014 bis Juni 2015 sowie Juni 2016 bis Dezember 2017 i.H.v. 5.314 € gewandt. Der 9. Senat hatte der Klägerin für die Durchführung des Klageverfahrens ratenfreie Prozesskostenhilfe (PKH) bewilligt, soweit sie sich gegen die Rückforderung des Kindergeldes i.H.v. 2.064 € wehrte (wegen der Erfolgsaussicht der Klage für die 11 Monate Oktober 2014 bis Juni 2015 sowie November und Dezember 2017). Im übrigen, also für die 17 Monate Juni 2016 bis Oktober 2017, wurde der Antrag wegen fehlender Erfolgsaussicht des Klagebegehrens abgelehnt (Beschluss vom 9.11.2018 9 K 1626/18 Kg).
Mit Beschluss vom 31.01.2019 setzte die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle (UdG) gemäß §§ 45, 49 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) zu Gunsten der Erinnerungsführer die aus der Staatskasse zu zahlende Vergütung auf 763,98 € fest (auf der Grundlage des Bewilligungsstreitwerts von 2.064 €). Das Amtsgericht A hatte bereits vorher (18.09.2018) mitgeteilt, dass den Prozessbevollmächtigten (Erinnerungsführern) Beratungshilfe aus der Landeskasse in Höhe von 121,38 € gewährt worden sei.
In der mündlichen Verhandlung vor dem Einzelrichter am 18.01.2019 half die beklagte Familienkasse der Klage insoweit ab, als sie der Klägerin das Kindergeld für die 11 Monate Oktober 2014 bis Juni 2015 sowie November und Dezember 2017 beließ. Auf dieser Grundlage erklärten die Beteiligten den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Die Kosten des Rechtsstreits wurden der Klägerin zu 79 vom Hundert und der beklagten Familienkasse zu 21 vom Hundert auferlegt. Dabei berücksichtigte das Gericht, dass die Klage für 6 Monate begründet war; für weitere 5 Monate war die Klage zwar begründet, allerdings sah das Gericht insoweit die Voraussetzungen des § 138 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. § 137 der Finanzgerichtsordnung (FGO) für gegeben an (vgl. auch S. 4 unten des PKH-Beschlusses); für weitere 17 Monate war die Klage erfolglos. Außerdem wurde die Hinzuziehung eines Bevollmächtigten für das Vorverfahren gemäß § 139 Abs. 3 Satz 3 FGO für notwendig erklärt.
Mit Kostenfestsetzungsantrag vom 24.01.2019 beantragten die Prozessvertreter, gemäß § 126 der Zivilprozessordnung (ZPO) gegenüber dem Erinnerungsgegner, der beklagten Familienkasse, die noch zu erstattenden Kosten auf 524,97 € festzusetzen. Insgesamt seien aus einem Streitwert von 5.314 € außergerichtliche Kosten in Höhe von 1.312,87 € entstanden; nach Abzug der im Wege der PKH gewährten Vergütung von ”787,90 €“ [tatsächlich waren es aber 763,98 €] verbleibe dieser Betrag.
Dem folgte die UdG nicht. Sie setzte zu Gunsten der Erinnerungsführer die von der beklagten Familienkasse zu erstattenden Kosten auf 110,25 €, nämlich 21 % der verbleibenden Kosten von 524,97 €, fest (Beschluss vom 23.05.2019). Darüber hinaus forderte die Kostenbeamtin namens der Staatskasse 21 % der im Rahmen der PKH-Gewährung gezahlten Vergütung (763,98 €), nämlich 160,43 €, von der beklagten Familienkasse, weil insoweit der Kostenerstattungsanspruch der Klägerin bzw. der Erinnerungsführer ”gegen den ersatzpflichtigen Gegner“ auf die Staatskasse übergegangen sei.
Hiergegen erhoben die Erinnerungsführer ”sofortige Beschwerde"; zur Begründung erklärten sie, ”das Gericht [habe] versäumt, die Gerichtskosten hinzuzusetzen.“ Sie nahmen Bezug auf 2 Schreiben, worin zum einen die Stundung der Gerichtskosten beantragt worden war, zum anderen behauptet wurde, die Beklagte habe 79 % der Gerichtskosten und die Klägerin nur 21 % zu tragen.
Die Erinnerungsführer beantragen sinngemäß,
unter Abänderung des Kostenfestsetzungsbeschlusses vom 23.05.2019 die von der Familienkasse zu erstattenden Kosten auf 524,97 € festzusetzen.
Die Erinnerungsgegnerin beantragt,
die Erinnerung zurückzuweisen.
Die UdG hat der Erinnerung nicht abgeholfen und dem Gericht vorgelegt.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze der Beteiligt...