Entscheidungsstichwort (Thema)
PKH-Antrag nach Klageerhebung: Geltendmachung rückständiger, vor Antragstellung entstandener Gerichtskosten nach PKH-Bewilligung
Leitsatz (redaktionell)
Rückständige Gerichtskosten, die vor dem Zeitpunkt der formgerechten Antragstellung entstanden und fällig geworden sind, dürfen nach ratenfreier Bewilligung der PKH nicht mehr von der Staatskasse geltend gemacht werden (entgegen Beschluss des FG Köln vom 07.07.2010, 10 Ko 1033/09, EFG 2010, 1642; Anschluss an Beschluss des FG Düsseldorf vom 27.12.2013, 1 Ko 3840/13 GK).
Normenkette
FGO § 142; ZPO § 122 Abs. 1 Nr. 1a
Tatbestand
Der Erinnerungsführer erhob am 08.12.2014 Klage, die unter dem Aktenzeichen 4 K 3891/14 AO geführt wurde. Mit Gerichtskostenrechnung vom 18.12.2014 setzte das Finanzgericht dem Erinnerungsführer gegenüber Gerichtskosten von 284 € fest. Am 06.01.2015 beantragte der Erinnerungsführer unter Vorlage einer Erklärung zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen und unter Beifügung weiterer Unterlagen Prozesskostenhilfe, die ihm mit Beschluss vom 17.06.2015 ohne Ratenzahlung gewährt wurde. In der mündlichen Verhandlung vom 29.06.2015 erklärten die Beteiligten des Klageverfahrens den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt. Zugleich wurden in diesem Termin die Kosten des Verfahrens gegeneinander aufgehoben.
Mit Gerichtskostenrechnung vom 20.07.2015 setzte das Finanzgericht die Gerichtskosten auf 127 € herab. Vom 04.08.2015 bis zum 09.02.2016 tilgte der Erinnerungsführer diese Kosten ratenweise.
Gegen die Gerichtskostenrechnung vom 20.07.2015 legte der Erinnerungsführer Erinnerung ein, da nach der Gewährung der Prozesskostenhilfe die verbleibende Gebühr nicht mehr habe eingezogen werden dürfen.
Die Bezirksrevisorin als Vertreterin der Staatskasse lehnte eine Abhilfe ab, da die Gewährung der Prozesskostenhilfe nur auf Zeitpunkt des Antrags auf Prozesskostenhilfe zurückwirke, damit aber nicht die vorher schon mit Klagerhebung entstandene Verfahrensgebühr erfasse. Auf Grund der Kostenentscheidung habe sich die entstandene Verfahrensgebühr ermäßigt. Insoweit werde auf folgende Beschlüsse hingewiesen: FG Köln vom 07.07.2010, 10 Ko 1033/09, EFG 2010, 1642; Hessisches FG vom 14.06.2012, 3 Ko 174-175/10, FG Düsseldorf vom 03.07.2015, 15 Ko 1087/14. Den Beschlüssen des FG Düsseldorf vom 22.10.2013, 1 Ko 3840/13 GK und vom 04.10.2012, 16 Ko 3213/12 GK sei nicht zu folgen.
Der Erinnerungsführer hält gleichwohl an seiner Erinnerung fest und beantragt,
die Gerichtskostenrechnung 20.07.2015 aufzuheben.
Die Erinnerungsgegnerin beantragt,
die Erinnerung zurückzuweisen,
und verweist auf ihre bisherige Stellungnahme.
Entscheidungsgründe
Die Erinnerung hat Erfolg.
Die Gerichtskostenrechnung vom 20.07.2015 ist aufzuheben, da sie rechtswidrig ist und den Erinnerungsführer in seinen Rechten verletzt. Soweit und solange dem Erinnerungsführer Prozesskostenhilfe ohne Zahlungsbestimmung bewilligt ist, ist keine Kostenrechnung auf ihn auszustellen (s. auch Tz. 3.1 der Durchführungsbestimmungen zur Prozess- und Verfahrenskostenhilfe sowie zur Stundung der Kosten des Insolvenzverfahrens - DB-PKH -).
Gegen den Erinnerungsführer, dem Prozesskostenhilfe ohne Verpflichtung zur Zahlung von Raten bewilligt war, durfte eine Gerichtskostenrechnung nur in den Grenzen des § 142 der Finanzgerichtsordnung (FGO) in Verbindung mit § 122 Abs. 1 Nr. 1 Buchst. a der Zivilprozessordnung (ZPO) ergehen. Danach bewirkt die Bewilligung der Prozesskostenhilfe, dass die Landeskasse die rückständigen Gerichtskosten nur nach den Bestimmungen, die das Gericht trifft, gegen die Partei geltend machen kann.
Rückständig sind Gerichtskosten, die zu der Zeit, als die Prozesskostenhilfe wirksam wurde, fällig, aber noch nicht bezahlt waren (FG Düsseldorf Beschluss v. 27.12.2013 1 Ko 3840/13 GK; OLG Düsseldorf Beschluss v. 04.10.2001, 10 W 105/01, JMBl. NW 2002, 115). Das trifft auf die Gerichtskosten zu, die mit Rechnung vom 20.07.2017 festgesetzt, aber schon mit Klageerhebung entstanden waren.
Da die Bewilligung der Prozesskostenhilfe vom Erinnerungsführer eine Ratenzahlung nicht verlangte, fehlte es an einer Bestimmung des Gerichts, gegen den Erinnerungsführer Kosten geltend zu machen.
Soweit vertreten wird, hinsichtlich der rückständigen Gerichtskosten seien nur die Kosten gemeint, die seit Wirksamwerden der Bewilligung der Prozesskostenhilfe entstanden seien (so FG Köln vom 07.07.2010, 10 Ko 1033/09, EFG 2010, 1642; Hessisches FG vom 14.06.2012, 3 Ko 174-175/10, FG Düsseldorf vom 03.07.2015, 15 Ko 1087/14), fehlt dazu eine gesetzliche Grundlage, die es angesichts des gesetzlichen Wortlauts und des Zwecks der Vorschrift, auch einer unvermögenden Partei die Prozessführung zu ermöglichen, erlaubte, zwischen Gerichtskosten zu unterscheiden, die vor oder die nach Wirksamwerden der Bewilligung der Prozesskostenhilfe entstanden sind.
Auch aus der Bestimmung des Gerichts in der Form der Prozesskostenhilfe-Bewilligung ergibt sich nichts anderes, denn diese sieht ja gera...