Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung fiktiver brasilianischer Quellensteuer – Begriff der „Zinsen” i.S. des DBA-Brasilien
Leitsatz (redaktionell)
- Für die Ermittlung der anzurechnenden fiktiven brasilianischen Quellensteuer nach Art. 24 Abs. 3 Buchst. b DBA-Brasilien ist nach dem maßgeblichen abkommensrechtlichen Einkünftebegriff auf den Zinsbetrag vor Abzug etwaiger Betriebsausgaben oder Werbungskosten (Bruttobetrag) abzustellen.
- Welche inländische Steuer auf diese ausländischen Einkünfte entfällt (Anrechnungshöchstbetrag), bestimmt sich dagegen allein nach innerstaatlichem Recht, so dass zur Ermittlung der anteiligen Einkünfte die den ausländischen Kapitaleinkünften zuzuordnenden Aufwendungen abzuziehen sind.
- Zu diesen Aufwendungen gehören die Kosten der Absicherung des mit der Darlehenshingabe verbundenen Wechselkursrisikos ebenso wie die in der Zeit der Geldanlage erlittenen Kursverluste, soweit sie in unmittelbarem wirtschaftlichem Zusammenhang mit den erwirtschafteten Zinserträgen stehen.
Normenkette
KStG § 26 Abs. 1, 6; EStG § 20 Abs. 1 Nr. 1, § 34c Abs. 1, § 34d Nr. 6, § 49 Abs. 2; DBA Brasilien Art. 11 Abs. 4, Art. 24 Abs. 2, 3 Buchst. b
Streitjahr(e)
1989, 1990, 1991, 1992, 1993
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin betreibt Bankgeschäfte. Im Rahmen einer für die Jahre 1989 bis 1993 durchgeführten Außenprüfung durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung „E-Stadt” stellten die Prüfer folgenden Sachverhalt fest:
Am 06.10.1993 erwarb die Klägerin von der „D” S. A., „T-Stadt (Brasilien) („D” Brasilien) ein zertificate of desposit (Depositenzertifikat, im Folgenden: CD) im Nennbetrag von 4,278 Milliarden Cruzeiro Real mit einer Laufzeit bis zum 08.11.1993. Als Verzinsung wurden ca. 36 % pro Monat vereinbart. Die für dieses Geschäft notwendigen Real kaufte die Klägerin ebenfalls am 06.10.1993 für 31 Millionen US Dollar von der „D” Bank „O-Stadt (USA)”. Zugleich vereinbarte die Klägerin mit der „D”, „O-Stadt”, die – verbindliche – Rücklieferung der Real (einschließlich der ausgezahlten Zinsen) am 08.11.1993 zu einem festgelegten Real-US-$-Terminkurs. Für die Konzeption dieser gesamten Transaktion zahlte die Klägerin inklusive einer Risikoprämie eine Gebühr von 1.100.000 DM an die „D”, „M-Stadt (Großbritannien)”.
Bei Fälligkeit dieses CD am 08.11.1993 wurden der Klägerin Zinsen i. H. von 1.681.467.900 Real gutgeschrieben, nachdem die „D” Brasilien Quellensteuer i. H. von 12.896.981 Real einbehalten und an die brasilianische Finanzverwaltung abgeführt hatte. Mit dem Rückzahlungsbetrag des CD einschließlich der erhaltenen Zinsen erwarb die Klägerin am 08.11.1993 ein weiteres CD der „D” Brasilien im Nennbetrag von 5.959.467.900 Real mit einer Laufzeit bis zum 10.12.1993. Dabei wurde eine Verzinsung von ca. 41 % pro Monat vereinbart. Ebenso wie beim Erwerb der ersten CD schloss die Klägerin mit der „D”, „O-Stadt”, ein entsprechendes Devisentermingeschäft ab. Bei Fälligkeit dieser CD am 10.12.1993 wurde der Klägerin ein Zinsertrag von 2.494.627.005 Real gutgeschrieben. Die zuvor von der „D” Brasilien einbehaltenen Quellensteuer betrug 33.711.644 Real. Der gesamte bei der Klägerin vorhandene Bestand an Real i. H. von 8.454.094.905 Real wurde vereinbarungsgemäß am 10.12.1993 in 31.171.651,83 US-$ zurückgetauscht. Im Ergebnis habe die Klägerin somit eine marktübliche Verzinsung für 65 Tage ihrer 31 Millionen US-$ erhalten, d.h.: 87.026,04 US-$ per 08.11.1993 und 84.625,79 US-$ per 10.12.1993. Während die Klägerin ihre anzurechnende Quellensteuer mit 20 % von 4.176.094.905 Real = 5.979.051,81 DM ermittelte, waren die Prüfer der Auffassung, dass nach den Regelungen des DBA-Brasilien nur die Zinsen als maßgebend erachtet werden könnten, die der brasilianischen Besteuerung unterlägen bzw. als Bemessungsgrundlage gedient hätten. Da tatsächlich nur eine Bemessungsgrundlage von 310.724.173 Real dem Quellensteuerabzug von 15 % (= 46.608.626 Real) unterlegen habe, sei nur die tatsächlich gezahlte Quellensteuer, hochgerechnet auf 20 %, anrechenbar. Unter Zugrundelegung der taggenauen Umrechnungssätze ergebe sich für die beiden Geldmarktzertifikate eine tatsächlich erhobene Quellensteuer von 336.608 DM. Erhöht auf 20 % beliefe sich die anzurechnende Quellensteuer folglich auf 448.810 DM.
Der Beklagte folgte den Vorschlägen des Prüfers und erließ einen entsprechend geänderten Bescheid zur Körperschaftsteuer 1993 und zum Solidaritätszuschlag zur Körperschaftsteuer 1993, jeweils vom 22.10.2004.
Einer gegen diese Änderungsbescheide erhobenen Sprungklage vom 19. November 2004 (6 K 6365/04) hat der Beklagte nicht zugestimmt (vgl. Schriftsatz vom 29.12.2004).
Mit der Einspruchsentscheidung vom 04.12.2007 änderte der Beklagte die streitigen Steuerfestsetzungen erneut und erkannte weitere 195.459,00 DM fiktive Quellensteuer an. Zur Begründung hielt der Beklagte nicht mehr an seiner ursprünglich vertretenen Auffassung fest, dass die Anrechnung scheitere, weil nach brasili...