Entscheidungsstichwort (Thema)
Betrieb eines Möbeleinzelhandels als Liebhaberei
Leitsatz (redaktionell)
Der für die Gewinnerzielungsabsicht bei dem Betrieb eines Möbeleinzelhandels (ererbtes Familienunternehmen) streitende Anscheinsbeweis ist entkräftet, wenn der Betrieb ohne erkennbare außergewöhnliche Verlustursachen und Gegensteuerung des Steuerpflichtigen nach anfänglicher Gewinnphase seit 10 Jahren mit Verlust arbeitet, die Erzielung eines Totalgewinns bis zum voraussichtlichen Ruhestandseintritt des Steuerpflichtigen ausgeschlossen erscheint und die Betriebsführung eine wirtschaftlich steuerneutrale Behandlung der den Verlusten entsprechenden Lohnzahlungen an den Ehegatten des Steuerpflichtigen als einzigen Arbeitnehmer ermöglicht.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin ihr Einzelgewerbe in den Streitjahren mit Gewinnerzielungsabsicht oder aus sogenannter Liebhaberei betrieben hat.
Die Klägerin, geboren am …….., wird mit ihrem Ehemann, dem Kläger, zur Einkommensteuer zusammenveranlagt.
Der Kläger betreibt ein Bestattungsunternehmen mit Schreinerei; die Gewinne betrugen in den Streitjahren rund 40.000 bis 65.000 DM. Daneben erzielte der Kläger in den Streitjahren aus einer Anstellung im Betrieb der Klägerin Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.
Die Klägerin hatte zum 01.01.1976 von ihrer Schwiegermutter einen Möbeleinzelhandel übernommen. Das Geschäftslokal in von dem Kläger gemieteten Räumen auf der A-Straße Nr. … in B lag an einer Hauptdurchgangsstraße; darüber hinaus hatte die Klägerin von dem Kläger Ausstellungs- und Lagerräume auf der C-Straße in B gemietet. In dem Zeitraum von 1993 bis 1996 führte der Landschaftsverband Y im Bereich des Geschäftslokals Straßenbaumaßnahmen durch, die Beeinträchtigungen in der Verkehrsführung mit sich brachten. Im Rahmen der Rückbaumaßnahmen wurden im Bereich des Ladenlokals der Klägerin keine Parkbuchten mehr angelegt. Mit Ablauf des Jahres 1998 gab die Klägerin die auf dem Grundstück C-Straße in B gelegenen Lager- und Ausstellungsräume auf, so dass seitdem die Kunden Möbel nach Prospekten und Katalogen aussuchen müssen. Mit Wirkung zum 31.03.1999 wurde der Möbeleinzelhandel mit dem Betrieb des Klägers, so der Klagevortrag, "zusammen gelegt". Zum 01.11.1999 kündigte die Klägerin das Anstellungsverhältnis mit dem einzigen Arbeitnehmer, ihrem Ehemann.
Die Klägerin erzielte mit dem Betrieb folgende Ergebnisse:
Jahr |
Einkünfte |
Erlöse |
1976 |
- 4.545 DM |
269.392 DM |
1977 |
+ 21.167 DM |
302.710 DM |
1978 |
+ 26.508 DM |
356.036 DM |
1979 |
+ 46.609 DM |
390.190 DM |
1980 |
+ 35.988 DM |
392.571 DM |
1981 |
+ 16.092 DM |
392.244 DM |
1982 |
+ 22.723 DM |
321.006 DM |
1983 |
- 41.411 DM |
204.773 DM |
1984 |
- 20.782 DM |
260.099 DM |
1985 |
- 25.326 DM |
218.773 DM |
1986 |
- 29.705 DM |
200.799 DM |
1987 |
- 15.543 DM |
205.185 DM |
1988 |
- 23.113 DM |
188.247 DM |
1989 |
- 32.925 DM |
167.274 DM |
1990 |
- 20.978 DM |
211.069 DM |
1991 |
- 20.810 DM |
230.652 DM |
1992 |
- 25.201 DM |
252.947 DM |
1993 |
- 53.691 DM |
155.946 DM |
1994 |
- 50.355 DM |
104.679 DM |
1995 |
- 56.829 DM |
142.710 DM |
1996 |
- 59.634 DM |
71.972 DM |
1997 |
- 65.763 DM |
68.122 DM |
1998 |
- 59.368 DM |
75.033 DM |
Zum 31.12.1996 beliefen sich die Bankkredite der Klägerin auf 286.632 DM und ein unverzinsliches Darlehen des Klägers als Vermieter (Mietrückstand) auf 87.000 DM.
Im Anschluss an eine Betriebsprüfung für die Jahre 1994 bis 1996 vertrat der Beklagte die Ansicht, die Verluste könnten mangels Gewinnerzielungsabsicht nicht anerkannt werden. Er erließ am 01.02.1999 entsprechende auf § 165 Abs. 2 AO (1992, 1993) bzw. auf § 164 Abs. 2 AO (1995, 1996) gestützte Änderungsbescheide. Die von den Klägern nicht näher begründeten Einsprüche blieben erfolglos.
Hiergegen richtet sich die Klage. Die zunächst erhobenen verfahrensrechtlichen Einwendungen haben die Kläger in der mündlichen Verhandlung ausdrücklich nicht mehr aufrechterhalten. In der Sache machen sie geltend, die erklärten Verluste seien steuerlich anzuerkennen. Der von der Klägerin geführte Einzelhandel spreche bereits seinem Gegenstand nach dafür, dass es sich auch im steuerlichen Sinne um einen Gewerbebetrieb gehandelt habe. Sie habe das Geschäft als wirtschaftlich eingerichteten Geschäftsbetrieb geführt, die Buchführung durch einen Steuerberater vornehmen lassen und hohe Investitionen getätigt, insbesondere nur Möbel renommierter Großhändler bezogen. Trotz der Verluste habe sie stets hohe Erlöse erzielt. Allein der Umstand, dass sie über lange Zeiträume Verluste erlitten und möglicherweise auch betriebswirtschaftliche Fehler begangen habe, lasse keinen Rückschluss auf eine fehlende Gewinnerzielungsabsicht zu. Die Umsatzrückgänge in den Jahren 1993 bis 1996 seien wesentlich auf die Straßenbaumaßnahmen zurückzuführen. 1996 sei noch eine mehrmonatige Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers hinzugekommen. In der Vergangenheit habe die Klägerin wiederholt überlegt, Strukturveränderungen durchzuführen oder aber den Betrieb einzustellen. Letztlich habe sie aber davon abgesehen, weil sie ...