vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Verluste aus dem Erwerb von Knock-out-Zertifikaten: Rechtslage nach Einführung der Abgeltungsteuer – Qualifikation als Termingeschäft oder sonstige Kapitalforderung – Vergleichbarkeit des Erwerbsaufwands mit Optionsprämien
Leitsatz (redaktionell)
- Der Verlust aus verfallenen Knock-out-Zertifikaten ist – unter Geltung der Rechtslage nach Einführung der Abgeltungsteuer - unabhängig davon steuerlich zu berücksichtigen, ob es sich bei dem Erwerb derartiger Index-Zertifikate um ein Termingeschäft i.S.d. § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 EStG oder um die Anschaffung einer sonstigen Kapitalforderung i.S.d. § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG handelt.
- Qualifiziert man Knock-out-Zertifikate als Termingeschäfte, so ist der Verlust aus dem Verfall der Zertifikate in gleicher Weise wie vergeblich aufgewandte Optionsprämien nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Buchstabe a) EStG zu berücksichtigen (a.A. Niedersächsisches FG, Urteil vom 20.5.2014 -12 K 421/13, EFG 2014,2037).
- Qualifiziert man Knock-out-Zertifikate als sonstige Kapitalforderungen, so ist der Verlust aus dem Verfall der Zertifikate nach § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG i.V.m. § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG und § 20 Abs. 4 Satz 1 EStG zu berücksichtigen, da der Eintritt des Knock-out-Ereignisses sich als "Einlösung" im Sinne von § 20 Abs. 2 Satz 2 EStG und damit als Veräußerung im Sinne von § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 7 EStG darstellt.
- Unter § 20 Abs. 1 Nr. 7 EStG fallen auch Vollrisikozertifikate, bei denen sowohl das Entgelt als auch die Rückzahlung von einem ungewissen Ereignis abhängt.
Normenkette
EStG § 20 Abs. 1 Nr. 7, Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchst. a, S. 2, Abs. 4 Sätze 1, 5, Abs. 9
Streitjahr(e)
2011
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darum, ob die Verluste des Klägers aus dem Erwerb von sogenannten Knock-out-Zertifikaten steuerlich einkommensmindernd zu berücksichtigen sind.
Der Kläger erwarb im Streitjahr folgende Zertifikate:
…
Der Kläger machte diese Verluste von insgesamt xx € im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung geltend. Der Beklagte lehnte in dem von ihm erlassenen Einkommensteuerbescheid die Berücksichtigung dieser Verluste ab. Der Kläger legte hiergegen Einspruch ein mit der Begründung, nach den Entscheidungen des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 26.09.2012 zu den Az. IX R 50/09 und IX R 12/11 sei ein Verlust aus dem Verfall von Optionen als Werbungskosten abzugsfähig. Der Beklagte wies den Einspruch mit der Begründung zurück, nach dem BMF-Schreiben vom 09.10.2012 (Bundessteuerblatt -BStBl- I 2012, 953) sei ein Verlust aus dem Verfall von Optionen einkommensteuerlich ohne Bedeutung. Die von dem Kläger zitierten BFH-Urteile bezögen sich auf die bis zum 31.12.2008 gültige Rechtslage.
Der Kläger hat hierauf Klage erhoben und trägt vor: Seit der Einführung der Abgeltung-steuer sei der Optionshandel § 20 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 Einkommensteuergesetz (EStG) zugeordnet. Der Gesetzgeber habe durch die Einführung der Abgeltungsteuer die Abzugsfähigkeit von Verlusten nicht einschränken wollen. Die Verluste aus dem Verfall von Optionen seien abzugsfähig, da auch die aus dem Optionshandel erzielten Gewinne der Einkommensteuer unterlägen. Die Abzugsfähigkeit ergebe sich bereits aus dem System der Besteuerung nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 2011 vom 5.3.2015 dahin zu ändern, dass Verluste aus Kapitalvermögen in Höhe von xx € zusätzlich berücksichtigt werden,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Der Beklagte ist der Ansicht, die Verluste aus den von dem Kläger getätigten Geschäften seien einkommensteuerlich unbeachtlich. Sowohl Verluste aus dem Verfall von wertlosen Optionen als auch Verluste aus dem Eintritt eines Knock-out-Ereignisses ohne Kapitalrückzahlung seien einkommensteuerrechtlich ohne Bedeutung.
Der Beklagte ist der Ansicht, die BFH-Entscheidung vom 26.09.2012 (BStBl II 2013, 231) sei nicht auf die neue Rechtslage nach Einführung der Abgeltungsteuer anwendbar. Dies gelte schon deshalb, weil die Neuregelung des § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchstabe a) EStG lediglich den 1. Halbsatz des § 23 Abs. 1 Nr. 4 S. 1 EStG a.F. übernommen habe. Auf den 2. Halbsatz, der nur "eine Beendigung des Rechts auf einen Differenzausgleich" erfordert habe, sei bei der Neuregelung verzichtet worden. Als "Beendigung des Rechts" in diesem Sinne sei auch der Verfall einer Option angesehen worden. § 20 Abs. 2 S. 1 Nr. 3 Buchstabe a) EStG zähle zu den Einkünften aus Kapitalvermögen nur "den Gewinn bei Termingeschäften, durch die der Steuerpflichtige einen Differenzausgleich oder einen durch den Wert einer veränderlichen Bezugsgröße bestimmten Geldbetrag oder Vorteil erlangt". Mit dem bloßen Verfallenlassen einer Option "erlange" der Steuerpflichtige aber keinen Differenzausgleich im Sinne der vorgenannten Norm.
Der Gesetzgeber habe m...