Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreiheit von Tagegeldern im Rahmen einer OSZE-Mission im Kosovo: Qualifikation als Aufwandsentschädigung aus inländischen öffentlichen Kassen nach § 3 Nr. 12 und 13 EStG
Leitsatz (redaktionell)
- Die gemäß dem BFH-Urteil vom 15.04.2015 I R 73/13, BFH/NV 2015, 1674, bei unbeschränkter Steuerpflicht dem Besteuerungsrecht Deutschlands unterliegenden Tagegelder im Rahmen einer OSZE-Mission im Kosovo stellen keine steuerfreie Aufwandsentschädigung aus inländischen öffentlichen Kassen i.S.d. § 3 Nr. 12 und 13 EStG dar.
- Soweit die Tagegelder demgegenüber in Höhe der beruflich veranlassten Mehraufwendungen für Verpflegung und doppelte Haushaltsführung nach § 3 Nr. 16 EStG steuerfrei sind, entfällt zugleich gem. § 3c Abs. 1 EStG in nämlicher Höhe der Werbungskostenabzug.
Normenkette
EStG § 3c Abs. 1, § 3 Nrn. 12-13, 16, § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 5, § 9 Abs. 1 S. 3 Nr. 5, Abs. 5
Streitjahr(e)
2009
Tatbestand
Die Sache befindet sich im zweiten Rechtsgang. Nachdem der BFH - für den Senat bindend - das abkommensrechtliche Besteuerungsrecht Deutschlands festgestellt hat, ist nun streitig, ob die Tagegelder, die die Klägerin im Rahmen einer Mission der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) erhielt, nach den Regelungen des Einkommensteuergesetzes (EStG) steuerfrei sind.
Die Kläger sind Eheleute, die im Jahr 2009 (Streitjahr) im Inland wohnten und zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden. Die Klägerin ist…und…Staatsangehörige und war seit dem 01.11.2008 als abgeordnetes Missionsmitglied der…Regierung im Rahmen einer Mission der OSZE im Kosovo tätig. Sie hielt sich im Streitjahr bis zum 09.04.2009 im Kosovo und anschließend in Deutschland auf. Hierzu ließ sie sich vom 10.04. bis zum 08.07.2009 zunächst unbezahlt beurlauben und befand sich ab dem 09.07.2009 im Mutterschutz. Im Anschluss daran nahm sie den ihr zustehenden Resturlaub und schied danach aus dem Dienst der OSZE-Mission im Kosovo aus. Für ihre Tätigkeit erhielt die Klägerin von der OSZE-Mission im Kosovo in den Monaten Januar bis April und Juli bis November 2009 sogenannte Tagegelder für die Kosten von Unterkunft und Verpflegung i.H. von insgesamt 24.237 Euro.
In ihrer Einkommensteuererklärung gab die Klägerin die Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit nach Abzug von Werbungskosten i.H. von 3.801 Euro für Flugkosten, Telefonkosten und Verpflegungsmehraufwendungen im Kosovo mit 20.436 Euro an. Sie wies darauf hin, dass dieser Betrag nur im Rahmen des Progressionsvorbehalts der Besteuerung in Deutschland unterliege. Der Beklagte (das Finanzamt - FA -) ging hingegen von einem deutschen Besteuerungsrecht aus und legte im Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit i.H. von 20.436 Euro zu Grunde.
Nach erfolglosem Einspruchsverfahren gab der Senat der Klage mit Urteil vom 11.10.2013 (Az.: 13 K 4428/12 F) statt.
Auf die Revision des FA hob der Bundesfinanzhof (BFH) das erstinstanzliche Urteil jedoch auf und verwies die Sache an das Finanzgericht (FG) Düsseldorf zurück (BFH-Urteil vom 15.04.2015 I R 73/13, Sammlung amtlich nicht veröffentlichter Entscheidungen des BFH - BFH/NV - 2015, 1674). Zu Unrecht habe das FG ein abkommensrechtliches Besteuerungsrecht Deutschlands an den Tagegeldern verneint. Die Sache sei jedoch nicht spruchreif, da nicht entschieden werden könne, ob sich im Streitfall auf Grund von § 3 Nr. 12, 13 oder 16 EStG - unter Berücksichtigung von § 3c Abs. 1 EStG - ein für die Kläger steuerlich günstigeres Ergebnis ergeben könnte. Dies aufzuklären sei Aufgabe des FG.
Im zweiten Rechtsgang führen die Kläger aus, die in Rede stehenden Einkünfte seien der Klägerin seitens der OSZE-Mission für Unterkunft und Verpflegung gezahlt worden. Die Beträge hätten zumindest teilweise die Lebenshaltungskosten der internationalen Missionsmitglieder decken sollen. Darüber hinausgehende Zahlungen habe sie nicht - auch nicht von der…Regierung - erhalten. Dauerhaft im Gastland ansässige Missionsmitglieder hätten diese Tagegelder nicht bekommen. Dies verdeutliche, dass es um Mehrkosten gehe, die den internationalen Missionsmitgliedern durch die Entsendung entstünden. Es handele sich somit um eine Aufwandsentschädigung, die nach § 3 Nr. 12, 13 oder 16 EStG steuerfrei zu stellen sei.
Die Kläger beantragen,
unter Änderung des Einkommensteuerbescheids für 2009 vom 29.09.2010 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 06.11.2012 die Einkommensteuer 2009 in der Weise festzusetzen, dass die Tagegelder i.H. von 24.237 Euro als nach § 3 Nr. 12, 13 oder 16 EStG steuerfreie Einnahmen behandelt werden.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt es vor, es sei davon auszugehen, dass die Zahlungen der OSZE an die Klägerin i.H. von 24.237 Euro der Entlohnung für geleistete Dienste und nicht der Vergütung von entstandenen Kosten gedient hätten. Es sei auch nicht ersichtlich, dass der Klägerin im Zusammenhang mit ihrer Tätigkeit im Kosovo Reise- oder Umzugskosten oder Mehraufwendungen fü...