vorläufig nicht rechtskräftig

Revision zugelassen durch das FG

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Berücksichtigung von Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer bei der Einkommensteuerfestsetzung

 

Leitsatz (redaktionell)

Wird eine Wohnung von mehreren Personen angemietet und nutzt ein Mieter einen Raum zur Einkünfteerzielung allein, sind die auf diesen Raum entfallenden Aufwendungen bei ihm in voller Höhe als Werbungskosten abzugsfähig, sofern der Nutzende Aufwendungen in mindestens dieser Höhe getragen hat.

Dies gilt auch für Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 5, § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b

 

Streitjahr(e)

2018

 

Tatbestand

Streitig ist, in welcher Höhe Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer zu berücksichtigen sind.

Der nicht verheiratete Kläger war im Streitjahr 2018 als Vertriebsleiter nichtselbständig tätig. Zum 01.01.2018 mietete er zusammen mit B das Einfamilienhaus Straße 01 in Z-Stadt zu eigenen Wohnzwecken an. Das Objekt hat nach Angaben des Klägers eine Wohnfläche von 150 qm. Darin befinden sich u.a. zwei 15 qm große Zimmer, von denen das eine der Kläger und das andere seine Lebensgefährtin als Arbeitszimmer genutzt haben.

In seiner Einkommensteuer-Erklärung 2018 machte der Kläger Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer i.H.v. 2.661 € als Werbungskosten geltend. Es handelt sich hierbei um 10 % (15 qm von 150 qm) der auf das Haus entfallenden Kosten i.H.v. 26.607,23 € (Miete 24.000 €, Nebenkosten 1.800 €, Strom 624,83 €, Hausratversicherung 182,40 €).

Der Beklagte kürzte die erklärten Aufwendungen im Einkommensteuerbescheid 2018 vom 27.03.2020 auf 1.250 €. Im nachfolgenden Einspruchsverfahren legte der Kläger Bescheinigungen seines Arbeitsgebers vor. Der Beklagte schloss sich der Auffassung des Klägers, dass das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des Klägers bilde, daraufhin an und brachte mit Teilabhilfebescheid vom 28.07.2020 Werbungskosten für das Arbeitszimmer i.H.v. 1.330 € (50% von 2.661 €) zum Abzug. Im Übrigen wies er den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 11.09.2020 als unbegründet zurück.

Der Kläger hat sodann Klage erhoben.

Er trägt vor, dass er mit der auf ihn entfallenden Hälfte der Mietzahlungen die Alleinnutzung seines Arbeitszimmers finanziert habe und nicht die Aufwendungen für zwei Arbeitszimmer jeweils zur Hälfte. Dass er und B nicht verheiratet gewesen seien, sei unerheblich. Die Abzugsfähigkeit von Werbungskosten richte sich nach dem objektiven Nettoprinzip und nicht nach dem Trauschein. Da er – der Kläger – die auf das von ihm genutzte Arbeitszimmer entfallenden Kosten allein getragen habe, seien diese bei ihm auch in voller Höhe abzugsfähig.

Der Kläger beantragt,

den Einkommensteuerbescheid 2018 vom 28.07.2020 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 11.09.2020 dahingehend zu ändern, dass bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer i.H.v. 2.661 € als Werbungskosten berücksichtigt werden.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen

sowie für den Fall des Unterliegens, die Revision zuzulassen.

Er ist der Auffassung, dass die Kosten nur insoweit abziehbar seien, als sie tatsächlich vom Kläger getragen worden seien. Befinde sich ein Arbeitszimmer in einer von Lebensgefährten gemeinsam angemieteten Wohnung, seien die anteilige Miete und die anteiligen Energiekosten beiden Mietern jeweils zur Hälfte zuzurechnen. Im Streitfall würden auf das Arbeitszimmer Kosten i.H.v. 2.661 € entfallen, welche der Kläger jedoch nur zur Hälfte bezahlt habe und welche deshalb bei ihm auch nur zur Hälfte als Werbungskosten abzugsfähig seien. Die Rechtsprechung zu Drittaufwand bei Ehegatten sei bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften nicht anwendbar.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze der Beteiligten, die vorgelegten Steuerakten sowie das Protokoll der mündlichen Verhandlung Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

I. Die Klage ist zulässig und begründet.

Der Einkommensteuerbescheid vom 28.07.2020 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten. Der Beklagte ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die auf das von dem Kläger genutzte Arbeitszimmer entfallenden Kosten bei diesem nur zur Hälfte als Werbungskosten abzugsfähig sind.

1. Nach § 9 Abs. 5 i.V.m. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b EStG sind Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer nicht als Betriebsausgaben oder Werbungskosten abzugsfähig. Dies gilt gem. § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 EStG nicht, wenn für die betriebliche oder berufliche Tätigkeit kein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung steht. In diesem Fall wird die Höhe der abziehbaren Aufwendungen auf 1.250 € begrenzt. Die Beschränkung der Höhe nach gilt nicht, wenn das Arbeitszimmer den Mittelpunkt der gesamten betrieblichen und beruflichen Betätigung bildet (§ 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 3 EStG).

Die Voraussetzungen des § 4 Abs. 5 Satz 1 Nr. 6b Satz 2 und 3 EStG für einen der Höhe nach unbegrenzten Werbungskostenabzug liegen im Streitfall vor. Der Kläger, dem...

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