vorläufig nicht rechtskräftig
Revision zugelassen durch das FG
Entscheidungsstichwort (Thema)
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte mit einem Dienstwagen – 0,03 %-Regelung
Leitsatz (redaktionell)
- Der geldwerte Vorteil aus der Nutzung eines dienstlichen PKW für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte ist für jede Einzelfahrt mit 0,002 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer und nicht für jeden Kalendermonat mit 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer zu bemessen, wenn eine erhebliche Abweichung von der der Zuschlagsregelung des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG zugrunde liegenden typisierenden Annahme besteht, dass der Dienstwagen monatlich an 15 Tagen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt wird (Anschluss an BFH-Urteil vom 4. April 2008 VI R 85/04, BFHE 221, 11, BStBl II 2008, 887).
- Von einer solchen erheblicher Abweichung ist jedenfalls in den Fällen auszugehen, in denen die tatsächlich durchgeführten monatlichen Fahrten (hier 98 Fahrten p. a.) die Hälfte der der gesetzlichen Typisierung entsprechenden Anzahl von Fahrten, d.h. sieben bis acht Fahrten pro Monat, nicht überschreiten.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, § 8 Abs. 1, 2 Sätze 2-3, 5, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Streitjahr(e)
2004, 2005, 2006
Tatbestand
Streitig ist, ob die Nutzung eines betrieblichen PKW für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte nach § 8 Abs. 2 Satz 3 des Einkommensteuergesetzes – EStG – mit 0,03 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer pro Monat oder mit 0,002 % des Listenpreises für jeden Entfernungskilometer pro Einzelfahrt anzusetzen ist.
Die Kläger wurden in den Streitjahren 2004 bis 2006 als Eheleute zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kläger erzielte Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit als Vorstand der A AG mit Sitz in A-Stadt. Die Arbeitgeberin stellte dem Kläger ein Dienstfahrzeug zur Verfügung, das auch für private Zwecke genutzt werden konnte (§ 4 Ziffer 2 des Anstellungsvertrags vom 8. Oktober 2004).
Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung bei der A AG stellte das Finanzamt B-Stadt fest, dass der Kläger von November 2004 bis September 2005 einen Mercedes-Benz S400 CDIL (amtliches Kennzeichen: XX-YY 11) sowie von Oktober 2005 bis Dezember 2006 einen Mercedes Benz S500 (amtliches Kennzeichen: XX-YY 22) für Privatfahrten genutzt und die Arbeitgeberin den geldwerten Vorteil nach der sog. 1 %-Regelung ermittelt sowie der Lohnsteuer unterworfen hatte. Ein Nutzungswert für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (0,03 %-Regelung) sei hingegen nicht erfasst worden. Demnach seien noch Beträge i. H. v. 5.385 EUR (2004), 32.462 EUR (2005) bzw. 32.910 EUR (2006) zu erfassen. Dabei ging die Lohnsteueraußenprüfung von Listenpreisen der PKW i. H. v. 105.600 EUR (XX-YY 11) bzw. 107.000 EUR (XX-YY 22) sowie einer Entfernung zwischen der Wohnung des Klägers und seiner Arbeitsstätte von 85 km aus. Auf die Prüfungsmitteilung des Finanzamts B-Stadt vom 11. Dezember 2007 samt Anlagen wird Bezug genommen.
Auf der Grundlage der Prüfungsmitteilung erließ das beklagte Finanzamt am 25. März 2008 nach § 173 Abs. 1 Nr. 1 der Abgabenordnung – AO – geänderte Einkommensteuerbescheide für die Jahre 2004 bis 2006 und erhöhte die Einnahmen des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit wie folgt:
|
2004 |
2005 |
2006 |
Private PKW-Nutzung (1 %-Regelung) |
2.112,00 EUR |
12.714,00 EUR |
12.840,00 EUR |
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (0,03 %-Regelung) |
5.385,60 EUR |
32.420,70 EUR |
32.742,00 EUR |
Insgesamt zu versteuern |
7.497,60 EUR |
45.134,70 EUR |
45.582,00 EUR |
Bisher versteuert |
2.112,00 EUR |
12.672,00 EUR |
12.672,00 EUR |
Zu versteuernde Differenz |
5.385,60 EUR |
32.462,70 EUR |
32.910,00 EUR |
Gegen die Änderungsbescheide legten die Kläger rechtzeitig Einspruch ein. Zur Begründung überreichten sie ein Fahrtenbuch für den Zeitraum November 2004 bis März 2007 und beantragten, den Sachbezug auf der Grundlage des Fahrtenbuchs zu ermitteln. Hilfsweise trugen sie unter Berufung auf das Urteil des Bundesfinanzhofs – BFH – vom 4. April 2008 (VI R 85/04, BFHE 221, 11, BStBl II 2008, 887) vor, dass es für die Ermittlung des Zuschlags nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG in gleicher Weise wie für den Werbungskostenabzug darauf ankomme, ob und in welchem Umfang das Dienstfahrzeug tatsächlich für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werde. Da dem in § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG als Zuschlag vorgesehenen Ansatz von 0,03 % des Listenpreises für jeden Kilometer der Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte die typisierende Annahme zugrunde liege, dass der Dienstwagen monatlich an 15 Tagen für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt werde, im Streitfall aber eine geringere Nutzung (2005: 92 Tage, 2006: 98 Tage) vorliege, sei die Nutzung des Dienstwagens für die einzelnen Fahrten nach dieser Grundannahme mit 0,002 % des Listenpreises je Entfernungskilometer zu bewerten.
Durch Einspruchsentscheidung vom 5. Juni 2009 setzte der Beklagte die Einkommensteuer 2004 unter Berücksichtigung zusätzlicher Werbungskosten des Kl...