Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufgabekosten aus einer späteren Inanspruchnahme aus einer Bürgschaftserklärung anlässlich einer Betriebsaufgabe
Leitsatz (redaktionell)
Die Inanspruchnahme aus einer Höchstbetragsbürgschaft für künftige Warenkredite, die anlässlich der Liquidation einer KG und der Veräußerung ihres Betriebsvermögens von den früheren Mitunternehmern zur Ermöglichung der Fortführung des Betriebs durch den Erwerber übernommen worden ist, führt zur rückwirkenden Minderung des Aufgabegewinns, wenn die Aufgabe der Mitunternehmeranteile das den Veranlassungszusammenhang bestimmende auslösende Moment für die Eingehung der Bürgschaft darstellt.
Normenkette
EStG § 16 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 S. 1, Abs. 3; AO § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Streitjahr(e)
1992, 1993, 1994, 1995, 1996, 1997, 1998, 1999, 2000, 2001, 2002, 2003, 2004
Nachgehend
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob die spätere Inanspruchnahme der Kläger aus einer Bürgschaft zu einem Aufgabeverlust i.S. von § 16 Abs. 3 i.V. mit § 16 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 EStG führt und als rückwirkendes Ereignis gemäß § 175 Abs. 1 Nr. 2 AO zu berücksichtigen ist.
Am 23.12.1982 wurde die X- GmbH gegründet, deren Alleingesellschafter der Kläger war. Die X- GmbH war geschäftsführende Komplementärin der X- GmbH & Co KG (ohne Einlage). Kommanditisten waren die Kläger zu je 50% (je 500.000 DM). Die X- GmbH & Co KG betrieb seit Januar 1983 in A einen Baumarkt. Sie bezog Waren, deren Anschaffung sie durch Wechselkredite der Y AG (fortan Y AG) - eine Finanzierungsgesellschaft mit Sitz im „Ausland” - bis zum Betrag von höchstens 1,3 Mio. DM finanzierte. Die Rückzahlung der Wechsel erfolgte jeweils in einer Frist von drei Monaten.
Am 12.01.1990 erklärten die Kläger gegenüber der Y AG eine selbstschuldnerische Bürgschaft für Schulden der X- GmbH & Co KG bis zu einem Höchstbetrag von 1,3 Mio.
Am 12.03.1992 vereinbarten der Kläger und M - fortan M -, dass er - der Kläger - für die Dauer von fünf Jahren für die Warenfinanzwechsel als Ersatzbürge hafte, M im Falle einer Inanspruchnahme des Klägers diesem gegenüber „selbstschuldnerisch gemäß § 349 HGB”.
Am 22.05.1992 schlossen der Kläger als Geschäftsführer der X- GmbH & Co KG und M einen Vertrag folgenden Inhalts:
Tz. 1: M übernimmt die Anteile an der X- GmbH zum 01.07.1992 zum Kaufpreis von 50.000 DM
Tz. 2: M übernimmt als Geschäftsführer der X- GmbH zum 01.08.1992 die wesentlichen Geschäftsgrundlagen der X- GmbH & Co KG
1. Anlagevermögen |
ca. |
400.000 DM |
2. Lager- u. Geschäftsbestände |
ca. |
849.000 DM |
3. Beteiligung K |
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151.000 DM |
4. Firmenwert |
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400.000 DM |
vorläufiger Preis |
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1.800.000 DM |
genaue Werte nach Inventur 30.06.1992
Tz. 3: M pachtet die Betriebs- und Geschäftsräume des Klägers in A
Tz. 5: M übernimmt alle bestehenden Verträge (Arbeitsverträge, Miet- und Leasingverträge, Versicherungsverträge, Franchisevertrag K)
Tz. 6: Kein Übergang von Forderungen und Verbindlichkeiten (einschl. Wechselverbindlichkeiten)
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt der Vertragsurkunde Bezug genommen.
Den Kaufpreis von 1.800.000 DM entrichtete M in Höhe von 500.000 DM durch schuldbefreiende Übernahme eines Wechselkredits der X in B sowie in Höhe von 1.300.000 DM durch Übernahme der Wechselverbindlichkeiten bei der Y AG.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 05.06.1992 übernahm M die GmbH-Anteile zum vereinbarten Kaufpreis. Die X- GmbH & Co KG wurde liquidiert und am ......1997 im Handelsregister gelöscht.
Mit Vereinbarung vom 10.06.1992 zwischen der X- GmbH und der Y AG verpflichtete sich die Y AG, zukünftig Lieferantenverbindlichkeiten der X- GmbH bis zum Höchstbetrag von 1,3 Mio. DM zu finanzieren.
Ebenfalls am 10.06.1992 gaben die Kläger gegenüber der Y AG Bürgschaftserklärungen bis zu einem Höchstbetrag von 1,3 Mio. DM für Schulden der X- GmbH ab. Diese Erklärungen gaben die Kläger ab, weil die Y AG der X- GmbH den Kreditbedarf von 1,3 Mio. DM nur zur Verfügung stellen wollte, wenn sich die Kläger der Y AG gegenüber weiterhin persönlich verbürgen würden. Ohne die Absicherung durch die Kläger hätte die Y AG der X- GmbH den Kredit nicht zur Verfügung gestellt und die Veräußerung an M wäre nicht möglich gewesen.
Durch Satzungsänderung vom 30.06.1992 firmierte die X- GmbH in X1- GmbH - fortan GmbH - um. Das Stammkapital der GmbH wurde zum 01.07.1992 von 160.000 DM auf 210.000 DM erhöht, wobei die neuen Anteile von M übernommen und von ihm bar eingezahlt wurden.
In der Folgezeit verschlechterte sich die wirtschaftliche Situation der GmbH. Infolgedessen trat M am 07.07.1993 zunächst den gesamten Lagerbestand und alle hieraus resultierenden Forderungen für den Fall der Inanspruchnahme der Kläger aus der Bürgschaft gegenüber der Y AG an die Kläger ab. Am 20.06.1995 stellte die Gesellschafterversammlung der GmbH einen Jahresfehlbetrag für 1994 von 502.948,25 DM fest und beschloss zur Beseitigung der Überschuldung eine Kapitalerhö...