Entscheidungsstichwort (Thema)
Unwiderruflichkeit der Zustimmung eines Stpfl. zur verbösernden Änderung
Leitsatz (redaktionell)
Hat die Finanzbehörde den erklärungsgemäß erlassenen Einkommensteuerbescheid auf Antrag des Steuerpflichtigen gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 2a AO zu dessen Ungunsten geändert, so kann mit einer hiergegen gerichteten Sprungklage mangels Beschwer nicht zulässigerweise eine Rechtsverletzung geltend gemacht werden. Dies gilt jedenfalls dann, wenn die Zustimmung zu der verbösernden schlichten Änderung nicht mit der erklärten Absicht erteilt worden ist, den geänderten Bescheid anzufechten.
Normenkette
FGO § 40 Abs. 2; AO § 172 Abs. 1 Nr. 2a 1. Halbsatz
Streitjahr(e)
2005
Tatbestand
Der Kläger wird für das Streitjahr 2005 einzeln zur Einkommensteuer veranlagt. Er bezog u. a. Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Arbeitnehmer der H KG. Im Streitjahr wandelte er einen Teil seines Gehaltes, nämlich 2.160 EUR, in eine betriebliche Altersversorgung in Form einer Pensionsfondszusage der P AG (im folgenden: P-AG) um. Der Pensionsplan beinhaltet auch Hinterbliebenenleistungen für den Fall des Todes des Klägers vor oder innerhalb der zehnjährigen Rentengarantiezeit, für die der Kläger die Begünstigten zu benennen hatte. Abweichend von den formularmäßig vorgesehenen möglichen Bezugsberechtigten (überlebender Ehegatte, Partner einer eingetragenen Lebenspartnerschaft, Kinder zu gleichen Teilen u. a.) benannte der ledige Kläger seine Schwester als ausschließlich Bezugsberechtigte. Im Rahmen seiner Einkommensteuererklärung für 2002 wies der Kläger den Beklagten -das Finanzamt- ausdrücklich auf diesen Sachverhalt hin, legte dar, dass nach der Auffassung der Finanzverwaltung (BMF-Schreiben vom 5. August 2002 BStBl I 2002, 767 Rz. 147) diese Regelung der Hinterbliebenenversorgung steuerschädlich sei, so dass insoweit steuerpflichtiger Arbeitslohn vorliege; er (der Kläger) vertrete jedoch die gegenteilige Auffassung und gehe von einer Einkommensteuerfreiheit gem. § 3 Nr. 63 EStG aus.
Im Einkommensteuerbescheid 2002 vom 15. Juli 2003 folgte das Finanzamt der Rechtsauffassung des Klägers und ließ den Betrag von 2.160 DM unversteuert. Daraufhin telefonierte der Kläger am 21. Juli 2003 mit dem zuständigen Sachbearbeiter und äußerte, dies sei nicht der von ihm gewünschte Bescheid. Der Sachbearbeiter solle bitte einen neuen Bescheid erstellen und sich dabei an die Weisung seines obersten Dienstherren halten, d. h. den Betrag von 2.160 EUR als steuerpflichtigen Arbeitslohn erfassen. Dies tat der Sachbearbeiter; er erließ einen Einkommensteuer-Änderungsbescheid vom 1. August 2003 und erhöhte den Arbeitslohn um 2.160 EUR, wodurch sich eine um 1.047 EUR erhöhte Einkommensteuerfestsetzung ergab. Zur Erläuterung führte er aus, dass die begehrte Steuerbefreiung gem. § 3 Nr. 63 EStG nicht gewährt werden könne, da der Pensionsfondsvertrag zugunsten der Schwester des Steuerpflichtigen abgeschlossen wurde; hierdurch erledige sich der Einspruch/ Antrag des Klägers vom 21.07.2003.
Hiergegen hat der Kläger Sprungklage zum Finanzgericht erhoben, der das Finanzamt zugestimmt hat. Der Kläger vertritt die Auffassung, die von seinem Arbeitgeber an die P-AG gezahlte Prämie in Höhe von 2.160 EUR sei gemäß § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei. Die abweichende Auffassung der Finanzverwaltung beruhe auf einer falschen Interpretation des § 3 Nr. 63 EStG, stehe im Widerspruch zur höchstrichterlichen Rechtsprechung des BFH und des BAG und führe zu einer verfassungswidrigen Ungleichbehandlung. Selbst für den Fall, dass die Hinterbliebenen-Definition der Finanzverwaltung richtig sei, sei nicht die Einkommensteuerfreiheit des § 3 Nr. 63 EStG insgesamt zu versagen, sondern nur in Höhe des für die Hinterbliebenenversorgung benötigten Betrages. Für den übrigen Teil des Pensionsfonds-Beitrages fehle es in jedem Fall an einer Rechtfertigung für die Versagung der Steuerfreiheit. Der Kläger hat die Beiladung seiner Arbeitgeberin zum Rechtsstreit beantragt.
Der Kläger beantragt,
den Einkommensteuer-Änderungsbescheid vom 01. August 2002 aufzuheben.
Das Finanzamt beantragt,
die Klage abzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der beigezogenen Steuerakte und die Schriftsätze der Beteiligten im Klageverfahren Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
1. Die Klage ist unzulässig.
Es fehlt an einer Beschwer des Klägers (§ 40 Abs. 2 FGO). Eine Rechtsverletzung ist nicht erkennbar, wenn das Finanzamt den erklärungsgemäß erlassenen Einkommensteuerbescheid auf ausdrücklichen Antrag des Klägers gemäß § 172 Abs. 1 Nr. 2 Buchst. a) 1. Halbsatz AO zu seinen Ungunsten geändert hat (Loose in Tipke/Kruse, Kommentar zur AO und FGO, § 172 AO Tz. 54; Frotscher in Schwarz, Kommentar zur AO, § 172 AO Rz. 39). Das Finanzamt hat nur dem Begehren des Klägers entsprochen, so dass er nun nicht schlüssig geltend machen kann, gerade dadurch in seinen Rechten verletzt zu sein.
Darüber hinaus verstößt es gegen den Grundsatz von Treu und Glauben, wenn ein ...