Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für berufsbegleitende universitäre Lehrveranstaltungen als vorab entstandene Werbungskosten
Leitsatz (redaktionell)
Aufwendungen einer Medizinisch-technischen-Assistentin (MTA) für die Teilnahme an einem der Weiterbildung von Lehrpersonen an Schulen des Gesundheitswesens dienenden universitären Studiengang, dessen Abschluss durch ein "Weiterbildungszertifikat" weder zur Führung eines akademischen Grades oder einer geschützten Berufsbezeichnung berechtigt noch gesetzliche Voraussetzung für die Tätigkeit als Lehr-MTA ist, können als Fortbildungskosten zum Werbungskostenabzug berechtigen.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1, § 10 Abs. 1 Nr. 7 S. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob unbegrenzt abziehbare Werbungskosten oder ob nur begrenzt abziehbare Aufwendungen der Klägerin für ihre Berufsausbildung oder ihre Weiterbildung in einem nicht ausgeübten Beruf im Sinne von § 10 Abs. 1 Nr. 7 Einkommensteuergesetz (EStG) vorliegen. Die verheiratete Klägerin ist ausgebildete Medizinisch-technische Laboratoriumsassistentin. Sie hat zwei im Jahre 1993 und 1995 geborene Töchter und befand sich im Streitjahr im Erziehungsurlaub. Sie ist seit 1. Mai 1982 als MTA im Labor des . . . Krankenhauses in . . . beschäftigt. Laut dem eingereichten Zwischenzeugnis des Herrn . . ., Chefarzt der medizinischen Klinik - Kardiologie -, vom 15. März 1994 ging die Klägerin am 1. August 1993 in Mutterschutz und hatte anschließend für voraussichtlich drei Jahre Erziehungsurlaub. Im Streitjahr bezog sie keine Einkünfte aus nichtselbstständiger Tätigkeit. Im Rahmen der Einkommensteuererklärung 1995 beantragte die Klägerin einen Werbungskostenabzug in Höhe von 2.675,-- DM - die Kosten als solche sind unstreitig - für Aufwendungen im Zusammenhang mit einem "Studiengang" "Weiterbildung für Lehrpersonen an Schulen des Gesundheitswesens" - an der Universität . . . Der geltend gemachte Betrag setzte sich neben Aufwendungen für Arbeitsmaterialien und einem Seminar in Höhe von 246,- DM hauptsächlich aus Fahrtkosten zu verschiedenen Lehrveranstaltungen in Höhe von 2.429,-- DM zusammen. Das Finanzamt hat den Abzug als Werbungskosten nicht anerkannt, sondern in der Einspruchsentscheidung die Aufwendungen für das "Studium" mit dem Höchstbetrag nach § 10 Abs. 1 Nr. 7 EStG in Höhe von 900 -, DM für eine Weiterbildung in einem nicht ausgeübten Beruf als Sonderausgaben steuermindernd berücksichtigt.
Die von der Klägerin geltend gemachten Aufwendungen seien nicht als vorweggenommene Werbungskosten anzusehen. Sie stellten vielmehr Aufwendungen zur Schaffung einer zukünftigen möglichen Einkommensquelle ohne konkrete tatsächliche Berufsausübung in dieser Sparte dar. Insbesondere würden durch das Hochschulstudium andere berufliche, gesellschaftliche und wirtschaftliche Stellungen eröffnet. Einen zwingenden erforderlichen wirtschaftlichen und zeitlichen Zusammenhang mit einer späteren konkreten Einkommensquelle habe die Einspruchsführerin nicht erfolgreich darlegen können.
Die Kläger haben im Einspruchsverfahren vorgetragen, dass das "Studium" der Ehefrau zu einer höheren Qualifikation in ihrem ausgeübten Beruf führen würde. Nach Beendigung des Erziehungsurlaubs beabsichtige die Klägerin, wieder beim alten Arbeitgeber zu arbeiten, dieser befürworte die Studienmaßnahme. Einer Bescheinigung des . . . Klinikums . . . vom 8. November 1996 zufolge (mit dem Krankenhaus zusammengelegt) befand sich die Klägerin bis zum 7. August 1998 im Erziehungsurlaub. Eine Fortbildung zur Lehrkraft werde befürwortet.
Die Klägerin nahm im August 1998 ihre alte berufliche Tätigkeit wieder auf.
Die Kläger meinen, aufgrund der Aussagen des früheren bzw. zukünftigen Arbeitgebers stehe fest, dass eine Weiterbeschäftigung nach dem Erziehungsurlaub erfolge. Ein ganz konkreter Nachweis sei diesbezüglich nicht erforderlich, so habe der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass es für einen entsprechenden Nachweis ausreiche, wenn beispielsweise ein Arbeitsloser eine Anstellung anstrebe und dem Arbeitsmarkt tatsächlich uneingeschränkt zur Verfügung stehe (vgl. Bundessteuerblatt - BStBl - II 1996, 482 sowie zuletzt auch BFH vom 18. April 1996, VI R 22/95). Soweit ein hinreichend konkreter wirtschaftlicher Zusammenhang bestehe, würden entsprechende Aufwendungen auch dann als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben berücksichtigt, wenn der Steuerpflichtige seit Jahren nicht berufstätig sei, so dass die zeitliche Komponente nicht entscheidungserheblich sei (FG München vom 26. März 1996, 16 K 363/95, EFG 1996, 691).
Im Übrigen sei der Studiengang keine Maßnahme, die als Ausbildung zu einem völlig anderen Beruf anzusehen wäre. Soweit das "Studium" dazu führe, dass eine Befähigung erreicht werde, Medizinisch-technische Assistentin auszubilden, so dürfte hierin kein artfremder Berufszweig angenommen werden. So habe der BFH unter anderem entschieden, dass die "Fortbildung" eines Gesellen zum Meister als Werbungskosten bzw. Betriebsausgaben angesetzt werden können (vgl. BStBl. II 1990, 692), ...