Entscheidungsstichwort (Thema)
Werbungskostenabzug bei Geschäftsführerhaftung – Aufhebung des Haftungsbescheids nach Einigung im Besteuerungsverfahren der GmbH – Veranlassung von Zahlungen des Gesellschafter-Geschäftsführers auf Steuerschulden der GmbH durch die nichtselbständige Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
Zahlungen, die ein Gesellschafter-Geschäftsführer im Zusammenhang mit einer zur Aufhebung des Haftungsbescheids gemäß § 69 AO führenden tatsächlichen Verständigung über die Höhe der Steuerschulden der GmbH für die GmbH leistet, können nicht als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abgezogen werden, weil durch die Aufhebung der Inhaftungnahme der denkbare Veranlassungszusammenhang mit der früheren Tätigkeit als Geschäftsführer aufgelöst worden ist.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 19 Abs. 1 Nr. 1; AO §§ 34, 69
Tatbestand
Mit ihrer am 18.1.2013 erhobenen Klage wenden sich die Kläger, zur Einkommensteuer zusammenveranlagte Eheleute, gegen den Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzuges zur Einkommensteuer auf den 31.12.2008 vom 5.12.2012 in Gestalt der den Einspruch zurückweisenden Einspruchsentscheidung vom 10.1.2013.
Streitig ist, ob der Kläger durch seine Inanspruchnahme für Steuerschulden der A GmbH, deren Gesellschafter (ab 2002: Anteil 40 %, davor Mehrheits-/ bzw. Gründungsgesellschafter) und Geschäftsführer er war, dem Veranlagungszeitraum 2008 zuzurechnende, den Gesamtbetrag der Einkünfte mindernde Ausgaben getätigt hat.
Der Kläger war durch Haftungsbescheid vom 27.4.2004 als Geschäftsführer für Steuerschulden der GmbH in Anspruch genommen worden (Haftungssumme 15.704.452 Euro). In diesem Zusammenhang hatte das Finanzamt noch im Jahre 2004 einen Betrag von 253.481 Euro „arrestiert” und sodann als Sicherheitsleistung im Zusammenhang mit der Aussetzung der Vollziehung des Haftungsbescheides eingesetzt. Die Haftungssache wurde schließlich im Zusammenhang mit der tatsächlichen Verständigung vom 24.1.2008 über Körperschaftssteuer, Gewerbesteuer und Umsatzsteuer für 1999 bis 2005 der A GmbH erledigt. Der tatsächlichen Verständigung waren Vorgespräche Ende 2007 vorangegangen, bei denen als Voraussetzung für die Aufhebung des Haftungsbescheides außerdem die Zahlung von weiteren inzwischen hinterlegten 1,5 Mio. Euro aus dem Geldvermögen des Klägers in Luxemburg vereinbart worden war. Der Haftungsbescheid wurde entsprechend der getroffenen tatsächlichen Verständigung ersatzlos aufgehoben. Die bis dahin als Sicherheit dienende Summe und der hinterlegte Betrag wurden auf die Umsatzsteuerschulden der A GmbH angerechnet (lt. Verständigungsvereinbarung verzichtete der Kläger auf seinen Rückforderungsanspruch -§ 37 Abs. 2 der Abgabenordnung (AO)- und sollte ein Verrechnungsvertrag geschlossen werden).
Die Kläger meinten zunächst, dass in Höhe des vorgenannten Betrages im Veranlagungszeitraum 2004 Werbungskosten bei den Einkünften des Klägers aus nichtselbständiger Arbeit als ehemaliger Geschäftsführer zu berücksichtigen seien. Die darauf gerichtete Klage wurde durch Urteil des Finanzgerichts (FG) Düsseldorf vom 23.1.2014 (Az. 16 K 2765/12 F) abgewiesen. Das Gericht entschied, dass schon deshalb eine Berücksichtigung im Jahre 2004 nicht erfolgen könne, weil es an einer Verausgabung des betreffenden Betrages in diesem Jahr gefehlt habe:
Zwar werde, so die Urteilsbegründung, durch die Arrestierung der Kläger in seiner Verfügungsmacht über das Geld eingeschränkt, jedoch sei damit noch keine endgültige Zahlung und damit kein Abfluss beim Kläger und kein Zufluss bei der Behörde erfolgt. Die Sicherheitsleistung durch Hinterlegung von Zahlungsmitteln (§ 241 Abs. 1 Nr. 1 AO), wozu auch die Zahlung durch Überweisung gehöre, bewirke zwar einen Eigentumsübergang auf die Körperschaft, der die Finanzbehörde angehört (§ 242 Satz 1 AO) und ein Pfandrecht an dem Rückerstattungsanspruch (§ 242 Satz 3 AO). Das Pfandrecht an dem Rückerstattungsanspruch erlösche aber mit Wegfall des Rechtsgrundes für die zu sichernde Forderung (vgl. Schmieszek in Beermann/Gosch, Kommentar zur AO § 242 Rz. 11). Damit werde aber lediglich dem Sicherungsinteresse der Behörde Genüge getan. Die Behörde werde durch die Sicherheitsleistung nicht in die Lage versetzt, nunmehr selbst wirtschaftlich über den gezahlten Betrag zu verfügen. Die gesetzliche Regelung diene lediglich der rechtlichen Ausgestaltung im Hinblick auf die gewollte Absicherung des Steuergläubigers (vgl. Sunder-Plassmann in Hübschmann/Hepp/Spitaler, Kommentar zur AO § 242 Rz. 2). Ein Ab-/Zufluss erfolge erst dann, wenn die in Frage stehende Steuerschuld, bzw. hier Haftungsschuld, getilgt werde (i.E. ebenso Glenk in Blümich, Kommentar zum Einkommensteuergesetz -EStG- § 11 Rz. 110 „Hinterlegung” auch zur bloßen Sicherheitshinterlegung gem. den inhaltsgleichen §§ 233 ff. des Bürgerlichen Gesetzbuches -BGB-, anders bei Hinterlegung als Erfüllungssurrogat gem. § 378 BGB; Kister in Hermann/Heuer/Raupach, Kommentar zum EStG § 11 Anm. 1...