Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung des häuslichen Arbeitszimmers eines Betriebsprüfers
Leitsatz (redaktionell)
- Erforderlich für einen „anderen Arbeitsplatz” i.S.d. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b EStG ist, dass der Steuerpflichtige jederzeit für die dienstlich erforderlichen Büroarbeiten auf einen für ihn nutzbaren büromäßig ausgestatteten Arbeitsplatz zugreifen kann.
- Daran fehlt es, wenn für 80 Prüfer eines Finanzamtes lediglich 30 Poolarbeitsplätze zur Verfügung stehen.
- Als „anderer Arbeitsplatz” eines Betriebsprüfers kommen die geprüften Betriebe nicht in Betracht.
Normenkette
EStG § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 6b S. 2, § 9 Abs. 5, § 52 Abs. 12 S. 9
Streitjahr(e)
2007, 2008, 2009
Tatbestand
Der Kläger war in den Streitjahren als Betriebsprüfer für land- und forstwirtschaftliche Betriebe tätig. Wohnhaft ist er in Z-Stadt. Seit 1980 war der Kläger dem FA für Betriebsprüfung der Land- und Forstwirtschaft zugeordnet gewesen, welches Räume im FA Y-Stadt und FA X-Stadt unterhielt. Nachdem das FA für Betriebsprüfung der Land- und Forstwirtschaft als eigenständiges Finanzamt 2002 aufgelöst worden war, wurde die Zuständigkeit für die Prüfung land- und forstwirtschaftlicher Klein-, Mittel- und Großbetriebe teilweise dem Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung W-Stadt, teilweise dem Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung V-Stadt übertragen und die Prüfer versetzt. Die Finanzämter für Konzernbetriebsprüfung wurden ebenfalls 2002 aufgelöst, die Zuständigkeit den Finanzämtern für Großbetriebsprüfung mit übertragen und die Prüfer an diese Finanzämter versetzt. Im FA für Groß- und Konzernbetriebsprüfung W-Stadt waren sodann ca. 110 Prüfer tätig.
Der Kläger wurde an das FA für Groß- und Konzernbetriebsprüfung W-Stadt versetzt. Als Dienstort wurden die Räumlichkeiten dieses Finanzamt in W-Stadt, W-Straße, zugewiesen. Der dienstliche Laptop wurde auf diesen Dienstort konfiguriert, so dass er nur dort an den Server der Finanzverwaltung angeschlossen werden konnte. Am 1. 9. 2008 zog das Finanzamt um zur V-Straße in W-Stadt.
Der Kläger machte in den Einkommensteuererklärungen 2007 - 2010 Aufwendungen für ein häusliches Arbeitszimmer geltend, und zwar für 2007 iHv 660,77 EUR, für 2008 iHv 703,02 EUR, für 2009 iHv 598 EUR und für 2010 iHv 1.462 EUR (davon anteilige allgemeine Hauskosten 676 EUR zuz. Erneuerung Fenster Arbeitszimmer 786 EUR). In den Einkommensteuerbescheiden für die Streitjahre (2007: Bescheid vom 19. 5. 2008; 2008: Bescheid vom 18. 2. 2009; 2009: Bescheid vom 1. 3. 2010, 2010: Bescheid vom 7. 4. 2011) erkannte der Beklagte die Aufwendungen nicht an. Gegen die Bescheide legten die Kläger Einsprüche ein. Der Bescheid für 2010 wurde am 29. 7. 2011 aus hier nicht streitigen Gründen geändert.
Im Einspruchsverfahren machten die Kläger für 2007 weitere Kosten von 589 EUR (anteilige Kosten Haustüranlage) geltend (insgesamt 2007 daher: 1.250 EUR), für 2008 weitere 388 EUR (insgesamt jetzt 1.091 EUR).
Die Kläger trugen vor, Prüfungsvorbereitungen erfolgten im häuslichen Büro des Klägers, nachdem er sich die Akten im jeweiligen Finanzamt geholt habe. Auch die Prüfungstermine vereinbare er vom häuslichen Büro aus. Die Prüfung finde üblicherweise beim Steuerberater statt, da die Landwirte meist nicht zu Hause seien. Kleine Beratungsbüros könnten häufig keine Prüfung in ihren Räumen stattfinden lassen. Dann nehme er die Unterlagen von dort mit nach Hause und installiere die Buchführung des Stpfl. auf dem Dienst-PC. Die Prüfung dauere idR drei Tage, die Berichtsanfertigung einen Tag. Er prüfe pro Jahr 35-40 Betriebe. Die Dienststelle in W-Stadt suche er ca. zwei Mal monatlich auf, um den PC am internen Netz zu synchronisieren und Post abzugeben oder zu holen. Er reichte eine Bescheinigung des Finanzamtes für Groß- und Konzernbetriebsprüfung W-Stadt zur Arbeitsplatzsituation in 2009 und 2010 (V-Straße) ein. Danach stand ihm kein fest zugewiesener Arbeitsplatz zur Verfügung. Er habe lediglich die Möglichkeit, einen Poolarbeitsplatz zu nutzen, der im Verhältnis von acht Prüfern zu drei Arbeitsplätzen vorgehalten werde. Laut einer weiteren Bescheinigung des Vorstehers standen den Prüfern 2007 8 Poolarbeitsplätze zur Verfügung, bis 8/2008 ebenfalls 8, ab 9/2008 (Umzug) 33, ab 10/2009 44; die Anzahl der Prüfer pro Poolarbeitszimmer betrug in 2007 und bis 8/2008 in W-Stadt 59 Prüfer, ab 9/2008 8 Prüfer; die Gesamtzahl der Prüfer in W-Stadt betrug bis 8/2008 59, ab 9/2008 94 Prüfer. Weitere 15-17 Prüfer waren dem Dienstort U-Stadt, weitere 20-30 dem Dienstort X-Stadt zugeordnet.
Am 17. 10. 2011 wies der Beklagte die Einsprüche als unbegründet zurück. Er führte aus, das Arbeitszimmer bilde nicht den Mittelpunkt der beruflichen Tätigkeit des Steuerpflichtigen; ihm stehe zudem ein anderer Arbeitsplatz zur Verfügung. Die Prüfungstätigkeit sei üblicherweise in den Geschäftsräumen des Steuerpflichtigen durchzuführen, nur ausnahmsweise an Amtsstelle. Dort stünden den Prüfern Poolarbeitsplätze zur Verfügung. Bis 8/2008 hätten 84 Prüfern im Geb...