Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostenentscheidung im Erledigungsfall bei erst im Klageverfahren vorgelegten Gutachten nach § 198 BewG
Leitsatz (amtlich)
1. Wird das Gutachten zum Nachweis eines niedrigeren Verkehrswerts gemäß § 198 BewG erst im Klageverfahren vorgelegt, trägt der Steuerpflichtige auch im Fall der (Teil-) Abhilfe grundsätzlich die gesamten Kosten des Verfahrens gemäß § 138 i.V.m. § 137 Satz 1 FGO.
2. Dies gilt auch, wenn das Finanzamt nicht unmittelbar nach Vorlage des Gutachtens zur Abhilfe bereit ist, sofern das Gutachten (noch) nicht den zu stellenden Anforderungen genügt.
Normenkette
BewG §§ 177, 198; FGO § 2 S. 2, § 137 S. 1, § 138 Abs. 1; GrEStG § 1 Abs. 3a, § 8 Abs. 2
Gründe
I.
Die Beteiligten stritten über zwei Bedarfsbewertungen.
Aufgrund eines Anteilserwerbs der beiden in GbR verbundenen Kläger wurde ein Grundsteuererwerbstatbestand gemäß § 1 Abs. 3a des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) hinsichtlich zweier Hausgrundstücke (X-1 und X-2, Hamburg) verwirklicht.
Der Beklagte erließ auf Anforderung für jedes der beiden Grundstücke einen Bescheid über die gesonderte und einheitliche Feststellung des Grundbesitzwerts auf den 28. Juni 2019 für Zwecke der Grunderwerbsteuer bei Anteilsvereinigung/-übertragung. Die Bewertung erfolgte gemäß sechstem Abschnitt des zweiten Teils des Bewertungsgesetzes (BewG).
Im Einspruchsverfahren begehrten die Kläger zunächst eine Herabsetzung der festgesetzten Werte ohne eine spezifisch bewertungsrechtliche Begründung.
Der Beklagte wies auf die Nachweismöglichkeiten des § 198 BewG hin und forderte für den Fall einer Sachverständigen-Beauftragung die Vorlage einer Auftragsbestätigung an. Die Kläger teilten sodann mit, einen Sachverständigen eingeschaltet zu haben und beantragten Verlängerung der Frist zur Stellungnahme bis zum 13. Dezember 2019. Nach einem Hinweis der Kläger auf marginal abweichende Grundstücksgrößen erließ der Beklagte am 6. Dezember 2019 entsprechend geänderte Bescheide, mit denen für die Einheit X-1 der Grundbesitzwert auf ... € und für die Einheit X-2 der Grundbesitzwert auf ... € festgesetzt wurde. Auf die Erinnerung des Beklagten zeigten die Kläger an, ihnen sei mitgeteilt worden, das Gutachten solle am 15. Februar 2020 vorliegen.
Nachdem die Kläger sich nicht mehr geäußert hatten, wies der Beklagte die Einsprüche am 13. März 2020 zurück.
Mit Klageerhebung legten die Kläger ein Sachverständigengutachten vor mit Verkehrswerten von ... € (X-1) und ... € (X-2).
Der Beklagte lehnte das Gutachten ab. Die angesetzte Restnutzungsdauer sei zu niedrig. Es werde nicht die tatsächlich erzielbare Miete berücksichtigt. Die Reparaturkosten seien zu hoch angesetzt. Die Denkmaleigenschaft sei nicht wertmindernd. Der Beklagte bemängelte zudem die Selektionskriterien für die Vergleichsobjekte. Der vom Sachverständigen zu Grunde gelegte Bodenwert und der verwendete Liegenschaftszins wurden hingegen akzeptiert.
Das Gericht erteilte im Laufe des Verfahrens Hinweise zu einzelnen Parametern und wies darauf hin, dass wegen eines methodischen Problems des Gutachtens der Nachweis nach § 198 BewG noch nicht geführt sei, aber den Klägern die Möglichkeit zur Nachbesserung zu geben sei. Alternativ schlug das Gericht eine tatsächliche Verständigung auf Werte von ... € für die Einheit X-1 und ... € für die Einheit X-2 vor, auf die sich die Beteiligten sodann ohne weiteres einigen und den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärten.
Im Hinblick auf die Verfahrenskosten sind die Kläger der Meinung, die Kostenentscheidung habe dem Maß des Obsiegens bzw. Unterliegens zu entsprechen.
Eine höhere Kostenlast der Kläger sei nicht gerechtfertigt. Dass sie das Gutachten erst im Gerichtsverfahren vorgelegt haben, könne ihnen nicht zum Nachteil gereichen. Den Klägern sei nicht anzulasten, dass sie das Gutachten nicht bereits im Einspruchsverfahren vorgelegt haben, denn die vom Beklagten gesetzten Fristen seien in Anbetracht der Arbeitsauslastung der möglichen Sachverständigen zu kurz gewesen. Außerdem sei zu berücksichtigen, dass ein Klageverfahren auch dann nicht vermieden worden wäre, wenn das Gutachten bereits im vorgerichtlichen Verfahren vorgelegt worden wäre. Die Einlassungen des Beklagten während des Klageverfahrens zeigten, dass das Gutachten weder in Gänze noch als Grundlage einer Einigung akzeptiert worden wäre, wenn es nicht den gerichtlichen Erledigungsvorschlag gegeben hätte. Die Kläger nehmen außerdem Bezug auf einen Beschluss des Niedersächsischen Finanzgerichts (FG) vom 24. März 2015 (1 K 204/13). Danach könne bei einem erst im Klageverfahren vorgelegten Gutachten nicht von einem verspäteten Vorbringen i.S.v. § 137 Satz 1 der Finanzgerichtsordnung (FGO) ausgegangen werden, da Steuerpflichtige außerhalb des Klageverfahren keine Möglichkeit hätten, die zur Rechtsverfolgung notwendigen Kosten erstattet zu bekommen.
Der Beklagte ist hingegen der Meinung, die Kläger hätten die Verfahrenskosten zu tragen, weil das Gutachten von ihnen erst mit der Klage vorgelegt worden sei. ...