Entscheidungsstichwort (Thema)
FGO: Unzulässigkeit einer Kostenerinnerung, mit der keine kostenrechtlichen Gesichtspunkte geltend gemacht werden - Erstattung notwendiger Rechtsverfolgungskosten
Leitsatz (amtlich)
1. Unzulässig ist eine Kostenerinnerung, soweit keine kostenrechtlichen Gesichtspunkte geltend gemacht werden, sondern nur die der Kostenlastentscheidung zugrunde liegende Gerichtsentscheidung oder die darin enthaltene und für das Kostenfestsetzungsverfahren bindende Kostengrundentscheidung angegriffen wird oder sonstige nicht kostenrechtliche Rechtsverstöße gerügt werden sollen.
2. Nicht zu erstatten oder nicht zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung im Klage- oder Vorverfahren notwendig sind - nur mittelbare oder Aufwendungen vor und außerhalb des Vor- und des Klageverfahrens oder für anderweitig gestellte Anträge; - nicht entstandene oder nur fiktive Aufwendungen für eigene Prozessbearbeitung, für entgangene Einkünfte oder für ersparte zusätzliche Bevollmächtigtenkosten; - Mehrkosten durch wiederholte Mitteilungen (auch per Telefon) und doppelten Versand von Schriftstücken (auch per Fax) im Vergleich zu einfachem Porto; - Schadensersatz, Schmerzensgeld oder Entschädigung.
Normenkette
FGO § 139 Abs. 1, §§ 145, 149 Abs. 2; VwGO § 162; ZPO § 91
Tatbestand
A.
Die Erinnerung gemäß § 149 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO) ist unzulässig, soweit keine kostenrechtlichen Gesichtspunkte geltend gemacht werden, sondern nur die der Kostenlastentscheidung zugrunde liegende Gerichtsentscheidung und die darin enthaltene und für das Kostenfestsetzungsverfahren bindende Kostengrundentscheidung - hier mit je hälftiger Kostenlast - angegriffen wird (vgl. BFH vom 14. April 2008 IX E 2/08, Juris; vom 3. Juli 2006 VI S 8/06, BFH/NV 2006, 1867; vom 1. September 2005 III E 1/05, BFH/NV 2006, 92; vom 29. Juli 1997 VII E 7/97, BFH/NV 1998, 618) oder sonstige nicht kostenrechtliche Rechtsverstöße gerügt werden sollen (vgl. BFH vom 3. August 2005 IX S 14/05, BFH/NV 2005, 1865).
Entscheidungsgründe
B.
Soweit die Erinnerung im Übrigen den Umfang der erstattungsfähigen Kosten betrifft, ist sie größtenteils unbegründet.
I.
Zu Recht hat die Urkunds- und Kostenbeamtin des Finanzgerichts (FG) gemäß § 139 Abs. 1 FGO die Erstattungsfähigkeit solcher geltend gemachter Beträge verneint, bei denen es sich nicht um für die zweckentsprechende Rechtsverfolgung im Klage- oder Vorverfahren notwendige Aufwendungen handelt.
1. Um solche Aufwendungen handelt es sich nicht bei Kosten außerhalb des vorliegenden Klageverfahrens und des Vorverfahrens (vgl. FG Hamburg, Beschlüsse vom 13. März 2012 3 KO 220/11, Entscheidungen der Finanzgerichte --EFG-- 2012, 1374; vom 14. April 2011 3 KO 201/10, EFG 2011, 1546, Deutsches Steuerrecht Entscheidungsdienst --DStRE-- 2012, 383 zu II 1) bzw. nicht bei nur mittelbaren Aufwendungen, desgleichen nicht bei tatsächlich nicht entstandenen, sondern nur fiktiven Aufwendungen, insbesondere nicht bei errechneten Beträgen für eigene Arbeitsleistung, für entgangene Einkünfte oder für ersparte zusätzliche Bevollmächtigtenkosten oder -auslagen gemäß Rechtsanwaltsvergütungsgesetz --RVG-- (Brandis in Tipke/Kruse, AO/FGO, § 139 FGO Rd. 7 m. w. N.); erst recht nicht für Schadensersatz, Schmerzensgeld oder Entschädigung (vgl. §§ 839, 253 Bürgerliches Gesetzbuch -BGB-- i. V. m. Art. 34 Satz 3 Grundgesetz --GG--, § 40 Abs. 2 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung --VwGO--; § 155 Satz 2 i. V. m. § 198 Gerichtsverfassungsgesetz --GVG--).
2. Hier überhaupt nicht erstattungsfähig sind demnach (jeweils mit 100 %, vgl. oben A) geltend gemachte Beträge für eigene Prozessbearbeitung 4.300 Euro, für Schmerzensgeld/Schadensersatz 3.500 Euro, für einen anderen Antrag an die Familienkasse 55 Euro und für Übersetzungen außerhalb des Klage- oder Vorverfahrens 220 Euro.
3. Die weiter (zu 100 %) geltend gemachten Fax-, Post-, Telefon-, Tintenpatronen und Beratungs- oder sonstige Kosten 66 + 83,14 + 565,49 +76,85 + 61,36 Euro
sind teilweise nicht erstattungsfähig, soweit sie Verfahren vor dem Widerspruchsverfahren bzw. bis zu dem hier angefochtenen Bescheid vom 18. Mai 2009 oder soweit sie anderenorts (vor dem Sozialgericht A oder dem B) geführte Verfahren betreffen.
Nicht notwendig sind außerdem die Mehrkosten bei wiederholten Mitteilungen (per Telefon, Fax oder Post) und doppeltem Versand von Schriftstücken (per Fax und Post), so insbesondere auch nicht die höheren Faxkosten im Vergleich zu einfachem Porto bei nicht besonders kurzfristig zu erstellenden und zu übermittelnden Schriftstücken.
Das Gericht schätzt die danach verbleibenden erstattungsfähigen der Klägerin tatsächlich entstandenen Aufwendungen für einmalige Mitteilungen per Post oder Fax (einschließlich Schreibmaterial und Druckerpatrone) oder Telefon in Anbetracht des Auslandssachverhalts und der europarechtlichen Bezüge auf 250 Euro (statt bisher 70,49 Euro).
4. Aufgrund der vorbezeichneten Besonderheiten hält das Gericht ausnahmsweise auch die während des Einspruchsverfahrens am 14. Juli 2009 von...