Revision eingelegt (BFH V R 30/14)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermäßigter Umsatzsteuersatz bei stundenweiser Vermietung von Hotelzimmern
Leitsatz (amtlich)
1. Die stundenweise Überlassung von Hotelzimmern unterliegt nicht dem ermäßigten Umsatzsteuersatz gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG unabhängig davon, ob die Zimmer an Prostituierte oder deren Kunden vermietet werden.
2. § 12 Abs. 2 Nr. 11 UStG setzt für die "Vermietung von Wohn- und Schlafräumen" grundsätzlich voraus, dass dem Gast die Nutzungsmöglichkeit des Zimmers für mindestens eine Übernachtung eingeräumt wird.
3. Die stundenweise Überlassung von Hotelzimmern stellt auch keine Vermietung und Verpachtung von Grundstücken i. S. d. § 4 Nr. 12 Buchst. a) UStG dar.
Normenkette
UStG § 4 Nr. 12, § 1 2 Abs. 2 Nr. 11
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Umsätze der Klägerin aus der halbstundenweisen Überlassung von Hotelzimmern dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen.
Die Klägerin betreibt seit November 2011 ein Hotel .... Das Hotel liegt in einem Sperrbezirk, in dem die Prostitution untersagt ist. Direkt neben dem Hotel befindet sich ein "Sex-Shop" mit Videokabinen. In der umliegenden Gegend halten sich oftmals Betrunkene und Drogendealer auf. Das Hotel war im Streitzeitraum stark renovierungsbedürftig. Lediglich zwei der 16 Zimmer waren renoviert. Aufgrund des schlechten Zustands wurde das Hotel nicht beworben.
Nach den Feststellungen der Umsatzsteuersonderprüfung verteilen sich die Zimmer über das Erdgeschoss und das Obergeschoss. Zwei bis drei der Zimmer waren im Streitzeitraum dauerhaft zu Wohnzwecken vermietet. Die fünf bewohnbaren Zimmer im Erdgeschoss wurden vornehmlich im Takt von einer halben Stunde vermietet. Auf Wunsch standen diese Zimmer auch Übernachtungsgästen zur Verfügung. Die Zimmer im Obergeschoss wurden für Übernachtungsgäste vorgehalten.
Alle Zimmer des Hotels waren wie übliche Hotelzimmer ausgestattet, wobei keines der Zimmer - auch nicht die renovierten - über eine Toilette verfügte; diese befand sich ausschließlich auf dem Gang. Es waren auch nicht in allen Zimmern Duschen oder Badewannen vorhanden. Die halbstundenweise überlassenen Zimmer verfügten über keinerlei Sonderausstattungen, wie sie sich üblicherweise in einem Bordellbetrieb finden lassen. Außer dem Wechsel von Bettwäsche und Handtüchern wurden seitens der Klägerin auch bei einer halbstündigen Anmietung keine Zusatzleistungen erbracht. Frühstück bot die Klägerin nicht an. Lediglich Getränke und Kondome verkaufte sie an Gäste. Keines der Zimmer vermietete sie an Prostituierte.
Die Identität der Hotelgäste hielt die Klägerin bei der halbstundenweisen Vermietung nicht fest. Insbesondere wurden weder die die Zimmer anmietenden männlichen Gäste, noch die sie begleitenden Frauen danach befragt, ob es in den Zimmern zur Ausübung von Prostitution komme.
Die zwei renovierten Zimmer kosteten 60 bis 70 € pro Übernachtung. Für die nicht renovierten Zimmer wurden - je nach Zahlungskraft des Gastes - 25 bis 30 €, manchmal 50 € verlangt. Die Bezahlung wurde im Voraus bar geleistet. Die Tageseinnahmen aus der stundenweisen Vermietung sowie die Erlöse aus der Überlassung der Zimmer an Übernachtungsgäste wurden im Streitzeitraum täglich auf jeweils einem DIN A4-Zettel festgehalten. Das Bargeld wurde in einem Portemonnaie aufbewahrt. Am Ende des Tages wurden die Tageseinnahmen zusammen gezählt und mit dem Einnahmenzettel verglichen. Der festgestellte Betrag wurde sodann in ein Kassenbuch übertragen. Die Einnahmenzettel wurden nicht aufbewahrt. Entgelte aus der halbstundenweisen Überlassung der Zimmer und aus der Überlassung für eine Nacht oder länger wurden nicht getrennt verbucht.
Die Klägerin gab ihre Anmeldung zur Festsetzung der Umsatzsteuer-Vorauszahlung für das dritte Kalendervierteljahr 2012 am 9. Oktober 2012 ab und berichtigte diese mit Anmeldung vom 8. Januar 2013. Dabei erklärte sie unter anderem Nettoumsätze zum ermäßigten Steuersatz i. H. v. ... €.
Der Beklagte führte bei der Klägerin eine Umsatzsteuer-Sonderprüfung für das vierte Quartal 2012 bis einschließlich zum zweiten Quartal 2013 durch. Eine Betriebsbesichtigung fand am ... statt. Ausweislich eines Vermerks des Beklagten habe die Geschäftsführerin der Klägerin A gegenüber dem Betriebsprüfer B erklärt, fast sämtliche Umsätze resultierten aus dem Betrieb als Stunden-Hotel. Lediglich zwei renovierte Zimmer hätten letztmalig vor ca. drei bis vier Monaten an zwei Paare für eine Nacht vermietet werden können. Die schlechte Lage des Hotels sowie der heruntergekommene Eindruck mache die anfangs geplante touristische Vermietung so gut wie unmöglich. Lediglich durch den Betrieb als Stunden-Hotel rentiere sich der Betrieb. Ein Bordell werde nicht betrieben, man vermiete lediglich Zimmer. Eine Vermietung der Zimmer ohne Gelegenheit der Prostitution sei nahezu ausgeschlossen.
Auf Grundlage dieser Aussagen und den sonstigen Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte am 2. September 2013 un...