Revision eingelegt (BFH II R 32/24)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Schenkungsteuerrecht: Disquotale Einlage in KGaA keine Schenkung an persönlich haftenden Gesellschafter
Leitsatz (amtlich)
1. Eine disquotale Einlage in die Kapitalrücklage einer KGaA stellt keine Schenkung an den persönlich haftenden Gesellschafter dar (Bestätigung von FG Hamburg, Urteil vom 11.07.2023, 3 K 188/21, EFG 2023, 1466).
2. § 7 Abs. 9 ErbStG ist nicht rückwirkend anwendbar und findet daher nur auf Sachverhalte Anwendung, die nach Inkrafttreten der Norm verwirklicht worden sind.
Normenkette
ErbStG § 7 Abs. 8-9; AO § 42
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob eine disquotale Einlage in die ungebundene Kapitalrücklage einer KGaA ein schenkungsteuerpflichtiger Vorgang ist.
Die Mutter der Klägerin, die Klägerin sowie ihre zwei Brüder beauftragten am ... März 2017 die A ... mbH (A) mit dem Nachweis einer KGaA, die diese erwerben wollten. Die Mutter der Klägerin, die zu diesem Zeitpunkt bereits schwer und unheilbar erkrankt war, beabsichtigte, ihr Vermögen in der KGaA zu bündeln und auf ihre Kinder zu übertragen. Die A gründete daraufhin am ... 2017 die B GmbH & Co. KGaA. Die A war die alleinige persönlich haftende Gesellschafterin (phG). Sie war zudem die einzige Aktionärin. Das Grundkapital betrug € ...
Gemäß Ziffer 7 b) der Satzung der KGaA war die phG berechtigt, eine Vermögenseinlage in bar zwischen € ... und € ... zu erbringen, die nicht auf das Grundkapital geleistet werden sollte. Die A machte von dieser Regelung Gebrauch und erbrachte eine Bareinlage in Höhe von € ...
Am ... 2017 veräußerte die A sämtliche Aktien an die Mutter der Klägerin. Am selben Tag übertrug die A ihre Stellung als phG einschließlich der geleisteten Einlage von € ... auf die Klägerin und ihre beiden Brüder. Die Hauptversammlung der KGaA stimmte diesen Rechtsgeschäften zu und änderte die Firma der KGaA in "B2 KGaA". Ebenfalls am ... 2017 schloss die Mutter der Klägerin mit der KGaA einen notariell beurkundeten "Einlagevertrag" ab, in dem sie mehrere Beteiligungen, Wertpapierdepots mit Gegenkonten sowie Goldmünzen aus ihrem Privatvermögen auf die KGaA übertrug. Außerdem verpflichtete sich die Mutter der Klägerin, weitere € .... aus ihrem Privatvermögen in die KGaA einzulegen. Der Gesamtwert dieser Vermögensgegenstände belief sich auf ca. € ..., wobei die genauen Werte noch nicht abschließend ermittelt sind. Die übertragenen Vermögensgegenstände sollten in die Kapitalrücklage der Gesellschaft eingestellt werden. Eine Gegenleistung erfolgte nicht. Die Einlage stand unter der aufschiebenden Bedingung, dass die Klägerin und ihre beiden Brüder phG der KGaA geworden waren und eine entsprechende Eintragung im Handelsregister erfolgt war. Diese Eintragung wurde am ... 2017 vorgenommen.
Die Satzung der KGaA sah hinsichtlich der Rücklagen der Gesellschaft unter Ziffer 20 i) die folgende Regelung vor:
"Die Rücklagen der Gesellschaft stehen im Verhältnis des Kapitalkontos der persönlich haftenden Gesellschafter zur Summe des Gesamtkapitals der Gesellschaft, welches sich aus der Summe der Kapitalkonten aller persönlich haftender Gesellschafter zuzüglich des Grundkapitals der Gesellschaft zusammensetzt, auch den persönlich haftenden Gesellschaftern zu."
In Ziffer 20 b) der Satzung wurde hinsichtlich der Gewinnverwendung geregelt, dass auch die Gewinnaufteilung im Verhältnis der Kapitalkonten (Grundkapital und Kapitalkonten der phG) erfolgen sollte. Gemäß Ziffer 20 e) der Satzung beschließt die Hauptversammlung, in welchem Umfang die phG den auf sie entfallenden Gewinn entnehmen dürfen. In Ziffer 27 der Satzung war geregelt, dass sich im Falle einer Auseinandersetzung bzw. des Ausscheidens eines phG der Wert des Abfindungsanspruchs ebenfalls nach dem Verhältnis des jeweiligen Kapitalkontos zur Summe des Gesamtkapitals bemessen sollte. Hinsichtlich der Einzelheiten der Satzung wird auf diese Bezug genommen (...).
Die Mutter der Klägerin verstarb am ... 2017.
Am 19. März 2021 erließ der Beklagte einen Schenkungsteuerbescheid, in dem er gegen die Klägerin Schenkungsteuer in Höhe von € ... festsetzte. Der Wert des Erwerbes wurde auf € ... beziffert. Als Gegenstand der Schenkung gab der Beklagte "Werterhöhung Anteil B2 KGaA" an. Stichtag der Zuwendung war nach dem Bescheid der ... 2017. Der Bescheid erging gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Hinsichtlich der Einzelheiten der Steuerberechnung wird auf den Bescheid Bezug genommen (...).
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin am 16. April 2021 Einspruch ein. Sie machte geltend, dass die Einlage, die ihre Mutter in die KGaA geleistet habe, einen Vorgang darstelle, der nicht der Schenkungsteuer unterliege.
Am 29. September 2022 erließ der Beklagte einen Änderungsbescheid nach § 164 Abs. 2 AO, in dem er den Stichtag der Zuwendung auf den ... 2017 änderte. Im Übrigen blieb der Bescheid unverändert. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf den Änderungsbescheid verwiesen (...).
Mit Einspruchsent...