Leitsatz (redaktionell)
Spielgerätesteuer zulässig?
Normenkette
Hbg. SpStG
Nachgehend
Tatbestand
Die Klägerin betreibt Spielhallen in der X-Straße in Hamburg. Vom Januar bis Juli 1995 hatte sie dort 18, vom März bis November 1996 16 und im Dezember 1996 wieder 18 automatische Spielgeräte mit Geldgewinnmöglichkeit aufgestellt.
Die Klägerin gab am 25.1.1995, am folgenden Tag beim Beklagten eingegangen, eine Spielgerätesteueranmeldung für Januar 1995 über 10.800 DM (18 Geräte × 600 DM) ab. Das Anmeldeformular enthält neben dem angekreuzten Zeitraum den handschriftlichen Zusatz „unter Vorbehalt” und am Ende den weiteren handschriftlichen Zusatz „Alle Zahlungen, auch durch Einzugsermächtigung, erfolgen unter Vorbehalt!”. Mit Schreiben vom 24.3.1995, beim Beklagten eingegangen am 27.3.1995, beantragte die Klägerin „zur Wahrung der Fristen”, die Herabsetzung der Spielgerätesteueranmeldung auf „Null”. Der Beklagte sah den Vorbehalt als Einspruch an und wies ihn mit Entscheidung vom 5.1.1996 als unbegründet zurück.
Die Klägerin meldete unter dem 29.2.1996, eingegangen am 4.3.1996, eine Spielgerätesteuer für März 1996 von 9 600 DM (16 Geräte × 600 DM) und unter dem 24.1.1997, eingegangen am 27.1.1997, eine Spielgerätesteuer für Dezember 1996 von 10 800 DM an. Gleichzeitig legte sie jeweils Einspruch ein, den der Beklagte mit Entscheidung vom 12.8.1997 als unbegründet zurückwies.
Die Klägerin hat am 16.1.1996 gegen die Anmeldung für Januar 1995 Klage erhoben. Am 11.9.1997 hat sie Klage um die Anmeldungen für März und Dezember 1996 erweitert.
Die Klägerin macht geltend, daß das Hamburgische Spielgerätesteuergesetz (SpStG) vom 29.6.1988, zuletzt geändert durch Gesetz vom 7.12.1994 (Hamburgisches GVBl 1994 S. 363) gegen Art. 33 der 6. EG-Richtlinie (77/388/EWG) des Rates vom 17.5.1977 verstoße. Sie sei der Umsatzsteuer ähnlich, da sie auf den Spieler abgewälzt werde und trotz Pauschalierung proportional zum Spielerentgelt erhoben werde. Denn der unterschiedliche Steuersatz für Spielgeräte in Spielhallen und Gaststätten beruhe auf den je nach Aufstellungsort unterschiedlichen Einnahmen der Geräte.
Das SpStG verstoße außerdem gegen Art. 105 Abs.2a Grundgesetz. Hamburg greife in die Gesetzgebungskompetenz des Bundes ein, da die Spielgerätesteuer der Umsatzsteuer vergleichbar sei und die gewerberechtliche Zielsetzung verfolgt werde, die Automatenwirtschaft zurückzudrängen. Pauschale Steuersätze seien unzulässig, da durch die Änderung der Technik inzwischen eine lückenlose Einnahmeerfassung möglich sei.
Die ab 1.1.1995 in Kraft getretene Erhöhung des Steuersatzes von 300 DM auf 600 DM für Geräte in Spielhallen (A-Geräte) und von 80 DM auf 200 DM für Geräte an sonstigen Aufstellungsorten (B-Geräte) sei erdrosselnd. Durch das Urteil des EuGH vom 5.5.1994 Rs C – 38/93 (BStBl II 1994, 548) sei keine Entlastung der Automatenaufsteller eingetreten, sondern eine unrichtige Rechtsanwendung der deutschen Finanzverwaltung richtiggestellt worden. Aber auch angesichts der vor dem 1.1.1995 geltenden Steuersätze sei die Automatenbranche nicht überlebensfähig gewesen. Sie – die Klägerin – habe 1994 einen Gewinn, 1995 jedoch einen Verlust erwirtschaftet. Nach Umfragen, die vom Hamburger Automatenverband für 1994 und das I. Quartal 1995 und von ihr – der Klägerin – für das II. und III. Quartal 1995 durchgeführt worden seien, hätten (ohne Berücksichtigung von Steuererstattungen und Zinsen darauf) 27 von 135 bis140 bzw. etwa 100 angeschriebenen Unternehmen geantwortet; davon hätten 13 Betriebe 1994 und 19 Betriebe 1995 mit Verlust gearbeitet; die 27 Unternehmen repräsentierten 25,59 v.H. der Spielstätten, 28,22 v.H. der A-Geräte und 8,78 v.H. der B-Geräte (Anlage K 34). Eine von ihr – der Klägerin – durchgeführte Umfrage für 1996 habe ergeben, daß 24 Unternehmen mit Verlust, 4 mit Gewinn unter 3.500 DM und 7 mit einem höheren Gewinn gearbeitet hätten. Die 35 Unternehmen repräsentierten 25,50 v.H. des Spielgerätesteueraufkommens 1996, 29,73 v.H. der A-Geräte und 16,51 v.H. der B-Geräte (Bl. 325). Nach der Statistik des Beklagten, der jedoch ohnehin wegen zahlreicher Fehler kein Glauben zu schenken sei, seien in der Zeit vom 31.12.1994 bis 19.03.1996 153 Betriebe geschlossen (Rückgang der Steuerpflichtigen von 633 auf 480) worden; 31,53 v.H. der A-Geräte, nämlich 1.598 (Rückgang von 5.068 auf 3.470), sowie 24,41 v.H. der B-Geräte, nämlich 913 (Rückgang von 3.741 auf 2.828), seien abgeräumt worden (Bl. 75). Nach der Statistik der Behörde für Wirtschaft und Verkehr seien die Spielstättenstandorte von 469 am 30.06.1995 auf nur 352 am 30.06.1996, mithin um 24,95 v.H., gesunken (Bl. 204). Auch die Zahl der Vollstreckungsschuldner sei nach der Statistik des Beklagten ständig gewachsen, von 41 am 01.12.1994 auf 100 am 01.06.1996 und 117 am 01.05.1997 (Bl. 168, 295). Nach der Antwort des Senats auf die schriftliche Anfrage des Abg. Michael Waldhelm DrS 16/645 habe sich am 31.12.1997 auf 132 Steuerpflichtige be...