rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Streikunterstützungsleistungen der Arbeitgeberverbände an ihre Mitglieder als zum Gewerbeertrag gehörende Betriebseinnahmen
Leitsatz (redaktionell)
1) Unterstützungsleistungen, die ein Arbeitgeberverband seinen Mitgliedern für im Arbeitskampf erlittene Produktionsausfälle zahlt, erhöhen als Betriebseinnahmen den Gewerbeertrag.
2) Die rechtliche Einordnung dieser Zahlungen als zum Gewerbeertrag gehörende Betriebseinnahmen verstößt weder gegen die verfassungsrechtlich geschützte Koalitionsfreiheit in Form der Kampfparität noch gegen den allgemeinen Gleichheitsgrundsatz.
Normenkette
GG Art. 3 Abs. 1, Art. 9 Abs. 3, Art. 100 Abs. 1, 1 S. 1; EStG §§ 4, 8; GewStG § 7; BVerfGG § 80 Abs. 2, 2 S. 1
Tatbestand
Die Klägerin betreibt eine Druckerei. Sie ist Mitglied des Verbandes der Druckindustrie Nordrhein-Westfalen e. V. (VDN), der seinerseits dem Bundesverband Druckverband e. V. angehört. Aufgabe des Landesverbandes ist laut Satzung unter anderem die Bildung einer Gefahrengemeinschaft für Mitglieder zum Ausgleich wirtschaftlicher Schäden bei Arbeitskämpfen. Der Landesverband bildet aus Beitragsmitteln eine Rücklage, aus der die Mitgliedsfirmen nach Maßgabe besonderer Richtlinien bei Arbeitskämpfen Unterstützungsleistungen erhalten. Anläßlich eines Arbeitskampfes bezog die Klägerin im Streitjahr Unterstützungszahlungen in Höhe von … DM. Nach § 3 der Richtlinien des VDN wurde dieser Betrag anhand der ausgefallenen Lohn- und Gehaltssumme errechnet und zwar in Höhe von 33 1/3 %. Die Klägerin behandelte diese Unterstützungszahlungen in ihrer Gewinnermittlung und Steuererklärung als Betriebseinnahme und wurde von dem Beklagten erklärungsgemäß unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 AO zur Gewerbesteuer 1989 veranlagt.
Mit Urteil vom 24.10.1990 X R 161/88, BStBl II 1991, 337 entschied der BFH, daß an Arbeitnehmer gezahlte Streikunterstützungen unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt (weder als Arbeitslohn noch als Entschädigung im Sinne von § 24 Nr. 1 a EStG) der Einkommensteuer unterliegen. Damit gab er seine frühere gegenteilige Rechtsprechung auf, in der er die Voraussetzungen einer steuerpflichtigen Entschädigung bejaht hatte.
Unter dem 04.01.1991 erließ der Beklagte einen – aus anderen Gründen – gem. § 164 Abs. 2 FGO geänderten Gewerbesteuermeßbescheid 1989. Gegen diesen Bescheid, zuletzt geändert durch Bescheid vom 09.08.1995, legte die Klägerin Einspruch ein, mit dem Begehren, den Gewerbeertrag 1989 aus verfassungsrechtlichen Gründen der „Kampfparität” um die Streikunterstützungszahlung zu kürzen. Nach erfolglosem Einspruchsverfahren begehrt die Klägerin mit der vorliegenden Klage weiterhin die Änderung des Gewerbesteuermeßbescheides aus verfassungsrechtlichen Gründen.
Die Klägerin trägt vor, der Betriebseinnahmenbegriff sei korrespondierend mit der Freistellung der gewerkschaftlichen Unterstützungszahlungen verfassungskonform auszulegen. Das Grundrecht der Koalitionsfreiheit nach Artikel 9 Abs. 3 GG umfasse als Garantie der Koalitionsparität, der Waffengleichheit im Arbeitskampf, auch den Schutz vor einseitigen belastenden und begünstigenden Eingriffen und gewähre einen Anspruch auf formalrechtsstaatliche Rechtsanwendungsgleichheit. Streikunterstützungen der Gewerkschaften und Zahlungen aus den Streikabwehrfonds der Arbeitgeberverbände seien im Hinblick auf die Kampfparität rechtlich vergleichbar (BFH-Urteil vom 30.03.1982 III R 150/80, BStBl II 1982, 552, 556). Hiervon gehe auch der Gesetzgeber aus, wie sich aus einer Äußerung des damaligen Staatssekretärs O in der Fragestunde des Deutschen Bundestages am 17.03.1977 ergebe. Es möge sein, daß der Begriff der Betriebseinnahmen weitergefaßt sei als der des Arbeitslohns und auch im betrieblichen Zusammenhang stehende Versicherungsleistungen umfasse. Die undifferenzierte Gleichsetzung der Streikabwehrgelder mit sonstigen steuerpflichtigen Versicherungsleistungen lasse jedoch den verfassungsrechtlichen Kontext außer acht. Der Hinweis des Beklagten, daß das Einkommensteuerrecht keinen entsprechenden Befreiungstatbestand enthalte, gehe fehl. Das Arbeitskampfrecht sei gesetzlich weitgehend ungeregelt geblieben. Zur Entwicklung sachgerechter Lösungen sei das materielle Recht aus den allgemeinen Rechtsgrundlagen, die für das betreffende Rechtsverhältnis maßgebend seien, abzuleiten.
Der BFH habe in seinem Urteil vom 24.10.1990 X R 161/88 ausführlich dargelegt und begründet, daß Streikunterstützungsleistungen keinen Gegenleistungscharakter aufwiesen und daher keine Einnahme im einkommensteuerlichen Sinne darstellten. Das Urteil konkretisiere eine seit Jahren unverändert geltende gesetzliche Rechtslage, die auch die Klägerin für sich für 1989 in Anspruch nehme.
Die Klägerin beantragt,
unter Änderung des Gewerbesteuermeßbescheides vom 09.08.1995 in Gestalt der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 04.06.1996 den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag für das Jahr 1989 auf … DM herabzusetzen.
Der Beklagte bea...