Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug aus Rechnungen einer GmbH
Leitsatz (redaktionell)
Entscheidend für die Frage des Leistenden im Umsatzsteuerrecht ist die Frage, wer als leistender Unternehmer nach außen aufgetreten ist. Ohne Bedeutung ist, ob ihm auch der wirtschaftliche Erfolg verbleibt.
Normenkette
UStG § 15 Abs 1 Nr 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob der Klägerin der Vorsteuerabzug aus Rechnungen der G-GmbH zusteht.
Die G-GmbH war im November 1997 gegründet und im Februar 1998 in das Handelsregister eingetragen worden. Alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war Herr G (G), der der deutsche Sprache nicht mächtig war. Als Dolmetscher trat bereits bei Gründung der G-GmbH ein weiterer Italiener, Herr P (P) auf, für den G zuvor für ca. 10 Tage als Bauhelfer tätig war. Der Sitz der G-GmbH befand sich in der Stadt L, T-Straße; dort hatte die G-GmbH nach den Feststellungen der Steuerfahndung auch ein Büro in der Wohnung des P und auch G bewohnte unter dieser Anschrift ein möbliertes Zimmer. P hatte für die G-GmbH auch Herrn I als Konzessionsträger beschafft, der bei seiner Vernehmung angegeben hatte, als Ansprechpartner der G-GmbH nur P zu kennen. Ende Juni 1998 kehrte G auf Anordnung von P nach Italien zurück, wie sich aus der geständigen Einlassung des P ergab. Bis zu diesem Zeitpunkt rechnete die Steuerfahndung alle im Namen der G-GmbH getätigten Umsätze dem P zu. Die G-GmbH hatte Umsatzsteuervoranmeldungen nur für die Monate Dezember 1997 sowie Januar und Februar 1998 eingereicht und bezahlt. Sie beinhalten nur rd. 6% der nach den Erkenntnissen der Steuerfahndung in Umlauf gebrachten Rechnungen. Es handelte sich demnach auch bei der G-GmbH im Ergebnis um ein Serviceunternehmen, mit dessen Rechnungen es Unternehmen ermöglicht werden sollte, die Leistungserbringung durch Schwarzarbeiter zu verschleiern. Die bei Tätigkeiten im Namen der G-GmbH auftretenden Arbeitnehmer wurden von dem mit der Klägerin in Geschäftsbeziehung stehenden Unternehmer S besorgt, der auch Verfügungsmacht über das im Rechnungsvordruck der G-GmbH aufgeführte Konto bei der Bank Q hatte. S war der Geschäftsführung der Klägerin zu diesem Zeitpunkt bereits seit 1996 bekannt.
Die Klägerin bediente sich zur Erbringung ihrer eigenen Leistungen mehrerer Subunternehmer. Im Streitjahr 1998 wurden auch im Namen der G-GmbH für die Klägerin Subunternehmer-Leistungen ausgeführt. Die Klägerin hatte sich folgende Unterlagen der G-GmbH vorlegen lassen: Gewerbe-Anmeldung, Auszug aus dem Handelsregister, Bescheinigungen der AOK, der Berufsgenossenschaft und der Handwerkskammer, die Zuteilung einer Betriebsnummer durch das Arbeitsamt sowie den Versicherungsschein der Haftpflichtversicherung. Die Rechnungsbeträge leistete die Klägerin auf das Konto der G-GmbH bei der Bank Q. Mit Schreiben vom 24. Juni 1998 kündigte die Klägerin den ARGE-Vertrag mit der G-GmbH fristlos mit der Begründung, dass von der G-GmbH zugesagte Personal stehe nicht mehr zur Verfügung (Prüferhandakte Fach 5).
In der Ende Februar 2000 beim Beklagten eingegangenen Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 1998 waren abziehbare Vorsteuerbeträge von 608.698 DM erklärt. Darin enthalten waren auch 29.920 DM Vorsteuern aus Rechnungen der Firma G-GmbH. Der Beklagte folgte zunächst den Angaben in der Umsatzsteuererklärung.
Ende 2001 führte das FA für Großbetriebsprüfung C bei der Klägerin an Prüfung durch (BP-Bericht vom 22. März 2002). Der Prüfer kam unter Bezugnahme auf Feststellungen des STRAFA L zu dem Ergebnis, dass u. a. die G-GmbH als Strohmann-Unternehmen einzustufen und deshalb der Vorsteuerabzug aus Rechnungen der G-GmbH – ebenso wie aus Rechnungen der F-GmbH, für die nach Feststellungen der Steuerfahndung nicht mal der angegebene Betriebssitz bestanden hatte (Schreiben vom 12. Dezember 2002 sowie des STRAFA E vom 31. Januar 2003) – zu versagen sei. Dabei führte der Prüfer in seinen Feststellungen aus, S habe für die Klägerin Kontakte zu mehreren Subunternehmen geknüpft, sei gegenüber der Klägerin für diese als Ansprechpartner aufgetreten und habe die jeweiligen Arbeitnehmer besorgt.
Im Anschluss an die Betriebsprüfung erging am 13. Juni 2002 ein geänderter Umsatzsteuerbescheid für 1998, in welchen die abziehbare Vorsteuerbeträge nur noch mit 578.778 DM berücksichtigt wurden.
Der Einspruch blieb ohne Erfolg. Zur Begründung führte der Beklagte in der Einspruchsentscheidung vom 12. Februar 2003 aus: Der Vorsteuerabzug aus den im Namen der G-GmbH gestellten Rechnungen sei zu Recht versagt worden, weil diese nicht der leistende Unternehmer gewesen sei. Die Feststellungslast für die Voraussetzungen des Vorsteuerabzugs gemäß § 15 Abs. 1 UStG trage der Unternehmer; einen Schutz des guten Glaubens auf die Identität von Leistendem und Rechnungsaussteller sehe das UStG nicht vor. Die G-GmbH sei zwar rechtlich existent gewesen und habe nach den Feststellungen der Steuerfahndung auch ein Büro unter der Anschrift T-Straße gehabt. Sie habe die der Klägerin in Rechnung gestellte...