rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeldanspruch; Anspruchsvoraussetzungen
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein Kind ist dann gem. § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 Buchst. c EStG gehindert, seine Ausbildung mangels Ausbildungsplatz zu beginnen oder fortzusetzen, wenn es sich um einen Ausbildungsplatz ernsthaft bemüht. Ein ernsthaftes Bemühen i.d.S. ist nicht gegeben, wenn das Kind sich um einen Ausbildungsplatz bewirbt, für den es die objektiven Anforderungen nicht erfüllen kann oder will.
2. Ein ernsthaftes Bemühen um einen Ausbildungsplatz ist auch dann zu bejahen, wenn zwar eine Vielzahl von Bewerbungen nicht gleichzeitig, diese gleichwohl aber kontinuierlich Monat für Monat erfolgen. Ein Auszubildender muss die Möglichkeit haben, das Ergebnis seiner Bewerbung abzuwarten, ohne sich parallel auch für andere Ausbildungsplätze bewerben zu müssen.
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. c
Nachgehend
Tatbestand
Der im Januar 1981 geborene Sohn (A) der Klägerin hatte den Abschluss in der Berufsschule wegen unterdurchschnittlicher Leistungen und häufiger unentschuldigter Fehlstunden nicht erreicht. Eine Wiederholungsmöglichkeit bestand nicht mehr. Darauf meldete sich A im August 2001 bei der Arbeitsvermittlung der Beklagten in W arbeitslos und als Arbeitsplatzsuchender (Kindergeld-Akte, Bl. 44). Nachdem die Arbeitsvermittlung der Beklagten der Familienkasse mitgeteilt hatte, dass A seiner Meldepflicht wiederholt nicht nachgekommen war, hob die Beklagte die Festsetzung des Kindergelds mit Bescheid vom 20. Dezember 2001 für die Monate ab Januar 2002 auf.
Mit ihrem Einspruch vom 22. Januar 2002 machte die Klägerin geltend, A habe keine Einladung der Arbeitsvermittlung erhalten. Außerdem habe sich A am Tag zuvor bei der Berufsberatung in der Dienststelle W gemeldet und dort für Anfang Februar 2002 einen Termin ausgemacht. Ausweislich des anlässlich diesen Gespräches gefertigten Bewerberprofils ging A zu dieser Zeit einer geringfügigen Beschäftigung von drei Stunden täglich nach, für die er 630 DM bezog. A hatte die Absicht geäußert, eine Ausbildung als Bürokaufmann oder als Koch zu machen; eine Ausbildung in einem technischen bzw. handwerklichen Beruf entspreche nicht seinen Neigungen. Die Mitarbeiterin der Berufsberatung erörterte mit A die Situation am Ausbildungsmarkt und erklärte ihm, seinen Wunschberuf werde er bei seinem Schulabschluss wohl kaum verwirklichen können. Die angebotene Vermittlung an das Kolpingwerk zur weiteren Qualifizierung lehnte A ab, weil er im Rahmen seiner geringfügigen Beschäftigung für einen 3-Stunden-Tag mehr Geld erhalte als für 8-Stunden-Tag im Kolpingwerk (Kindergeld-Akte, Bl 57, 60, 79). Trotzdem wurde A in der Folgezeit ab Februar 2002 bei der Berufsberatung der Beklagten als Bewerber um einen Ausbildungsplatz geführt (Mitteilung der Ausbildungsstellenvermittlung an die Familienkasse vom 18. Februar 2002, Kindergeld-Akte, Bl 68). Der Beklagte half dem Einspruch dementsprechend ab und die Klägerin bezog auch in den Monaten ab Januar 2002 laufend Kindergeld für A.
Ab dem 15. Mai 2002 wurde A von der Berufsberatung der Beklagten aus der Liste der Bewerber um einen Ausbildungsplatz gestrichen. Eine Mitteilung an die Familienkasse darüber hat A nach Angaben der Klägerin nicht erhalten, was die Beklagte bestreitet. Die wiederholte Anfrage bei A, ob der Vermittlungswunsch noch bestehe, sei im Streitfall nur nicht mehr nachweisbar, weil derartige Unterlagen aus Datenschutzgründen nicht länger als drei Monate aufbewahrt würden. Eine Reaktion von A auf diese Schreiben sei nicht erfolgt.
Der gebotene Informationsabgleich zwischen der Berufsberatung und der Familienkasse fand zunächst nicht statt, sondern erfolgte erst über ein Jahr später im Zuge der jährlichen Überprüfung der Voraussetzungen des Kindergeldanspruchs. Anschließend teilte die Beklagte der Klägerin im Juni 2003 mit, A werde bei der Berufsberatung nicht mehr als Bewerber um eine Ausbildungsstelle geführt, sodass das Kindergeld seit Juni 2002 möglicherweise zu Unrecht gezahlt worden sei. Die Klägerin erklärte daraufhin, A habe nach wie vor Interesse an einem Ausbildungsplatz und sich auch – wenn auch erfolglos – in Eigeninitiative beworben. Von einem Bekannten wisse ihr Sohn, dass beim Arbeitsamt lediglich Kopien aus Tageszeitungen an die Ausbildungssuchenden verteilt würden. Da A die Zeitungsanzeigen ohnehin verfolge, benötige man dafür keinen Beratungstermin. Um praktische Erfahrungen zu erwerben, habe A darüber hinaus gelegentlich bei einem Bekannten ausgeholfen, der Malermeister sei, aber die Lösungsmittel in den Farben nicht vertragen. Inzwischen beabsichtige A, Fotograf zu werden.
Auf die wiederholte Aufforderung der Beklagten, Nachweise über erfolglose Eigenbemühungen um einen Ausbildungsplatz vorzulegen, wurden der Beklagten die Ablehnung eines Malerbetriebs aus Juli 2002 und die eines Friseurbetriebs aus Januar 2003 vorgelegt.
Am 18. August 2003 ließ sich A als Ratsuc...