Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen gewerblicher und freiberuflicher Tätigkeit einer Restauratoren-GbR
Leitsatz (redaktionell)
1.) Eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) ist bei teilweise gewerblicher, teilweise freiberuflicher Tätigkeit nur dann insgesamt freiberuflich tätig, wenn die einzelnen Bestandteile der Tätigkeit nicht voneinander getrennt werden können und die freiberuflichen Tätigkeitsanteile überwiegen.
2.) Die Tätigkeit eines Restaurators ist nicht künstlerisch i.S.v. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wenn Gegenstand der Tätigkeit nicht das schöpferische erstmalige Realisieren einer eigenen Idee, sondern die möglichst naturgetreue Wiederherstellung des ursprünglichen Werks unter Zurückstellung der eigenen künstlerischen Kreativität ist.
3.) Die bloße Anwendung wissenschaftlicher Grundsätze und Methoden auf das einzelne Restaurationsvorhaben ist keine wissenschaftliche Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG.
4.) Die schriftliche Dokumentation der restauratorischen Tätigkeit ist keine schriftstellerische Tätigkeit i.S.d. § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG, wenn die Dokumentationen nur für die Auftraggeber erfolgen und lediglich vereinzelt der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 18 Abs. 1, 1 Nr. 1, § 15 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb (§ 15 EStG) oder aus selbständiger Arbeit (§ 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG), insbesondere aus künstlerischer Tätigkeit erzielt hat.
Mit Gesellschaftsvertrag vom 17.2.1994 wurde die Klägerin als Gesellschaft bürgerlichen Rechts gegründet. Gesellschaftszweck war der Betrieb einer Restaurierungswerkstatt mit der Bezeichnung „…”. Die … Gesellschafter sind Diplom-Restauratoren aufgrund eines drei- bis vierjährigen Studiums an einer wissenschaftlichen Hochschule.
Bei der Klägerin wurde für die Jahre 1994 bis 1996 eine Betriebsprüfung durchgeführt. Der Betriebsprüfer vertrat in Tz. 19 des BP-Berichts die Ansicht, dass die erklärten Einkünfte solche aus Gewerbebetrieb seien. Aufgrund des Betriebsprüfungsberichts vom 24.11.1997 erließ der Beklagte erstmals für die Jahre 1995 und 1996 Gewerbesteuermeßbescheide. Gegen diese Bescheide legte die Klägerin Einspruch ein, mit dem sie sich gegen die Gewerbesteuerpflicht wandte. Ihrer Ansicht nach genügten sämtliche Arbeiten hohen wissenschaftlichen Ansprüchen. Die Restauratorentätigkeit sei keinesfalls dem Handwerk zuzurechnen. Die von der BP festgestellten Transportarbeiten und die Reinigungsarbeiten seien aus dem Zusammenhang gerissen worden. Bei den Reinigungsarbeiten habe es sich um Nebenarbeiten geringsten Umfangs in Zusammenhang mit größeren Aufträgen gehandelt. Auch der Transport von Kunstwerken sei eine typische Tätigkeit von Restauratoren, die allerhöchsten Wissens- und Kenntnisstand erfordere.
Der Beklagte wies den Einspruch als unbegründet zurück. Im einzelnen wird auf den Inhalt der Einspruchsentscheidung vom 5.10.1998 verwiesen.
Mit der Klage wendet sich die Klägerin weiterhin gegen die Annahme eines Gewerbebetriebs.
Zur Begründung erläutert sie die Tätigkeit des Restaurators. Diese bestehe in der Erhaltung und Pflege, der Restaurierung und technologischen Erforschung von Kunst- und Kulturgut. Aufgabe des Restaurators sei, den materiellen Bestand der ihm anvertrauten Objekte von historischer und/oder künstlerischer Bedeutung zu erfassen und zu bewahren. Die Befähigung zu diesen Tätigkeiten hätten die Gesellschafter der Klägerin durch eine wissenschaftliche Hochschulausbildung mit dem Abschluß Diplom-Restaurator erlangt. Inhalt der Ausbildung seien:
- Kunst- und Kulturgeschichte
- Restaurierungsgeschichte und -theorie
- fachbezogene Naturwissenschaften
- Materialkunde
- Technologie von Kunst- und Kulturgut
- Klimatologie
- Untersuchungs- und Dokumentationsmethoden
- Konservierungs- und Restaurierungstechniken
- Organisation und betriebswirtschaftliche Aspekte
Dass die Tätigkeit des Restaurators eine künstlerische im Sinne von § 18 Abs. 1 Satz 2 EStG sein könne, sei bereits durch die Rechtsprechung bestätigt worden (RFH, RStBl 44, 772). Eine künstlerische Tätigkeit liege dann vor, wenn der Steuerpflichtige eine eigenschöpferische Leistung vollbringe, in der seine individuelle Anschauungsweise und Gestaltungskraft zum Ausdruck komme und über eine hinreichende Technik hinaus, eine gewisse Gestaltungshöhe erreiche (BFH, BStBl II 1992, 413 mwN). Im Gegensatz zum Handwerker müsse beim Künstler zu den Fertigkeiten etwas Eigenschöpferisches bei Inhalt, Stil und Form hinzukommen. Neben den selbstschaffenden Künstlern, wie Malern, Bildhauern, könnten auch Steuerpflichtige, die reproduktiv tätig werden, Künstler sein, wie z.B. der Pianist, der Sänger oder der Schauspieler. Im vorliegenden Fall liege der eigenschöpferische Charakter und die künstlerische Gestaltungshöhe beispielsweise gerade in der Wahl der Materialien, der Farbgebung oder Raumwirkung. Die Wahrnehmung/Rezeption eines Kunstwerkes oder eines kulturhistorische...