Entscheidungsstichwort (Thema)
Vornahme einer erst nach Abgabe der Steuererklärung, jedoch vor Veranlagung geltend gemachten Minderung der Anschaffungs- und Herstellungskosten gem. § 7g Abs. 2 S. 2 EStG nicht durch eine außerbilanzielle Gewinnminderung, sondern nur nach den Regeln einer Bilanzänderung (§ 4 Abs. 2 EStG) zulässig. keine offenbare Unrichtigkeit bei versehentlich nicht ausgeübtem Wahlrecht
Leitsatz (redaktionell)
1. Wurde der Körperschaft- und Gewerbesteuererklärung einer Kapitalgesellschaft ein nach Handelsrecht erstellter Jahresabschluss sowie eine Überleitungsrechnung nach § 60 Abs. 2 S. 1 EStDV zur Anpassung der Handelsbilanz bzw. des handelsrechtlichen Jahresüberschusses an die steuerlich maßgeblichen Wertansätze beigefügt und dabei versehentlich die Anschaffungs- und Herstellungskosten nicht nach § 7g Abs. 2 S. 2 EStG gewinnmindernd herabgesetzt, so ist die Kapitalgesellschaft nur unter den Voraussetzungen des § 4 Abs. 2 S. 2 EStG (Bilanzänderung) zur Änderung des ausgeübten Wahlrechts gem. § 7g Abs. 2 S. 2 EStG berechtigt.
2. Das Wahlrecht zur Gewinnminderung nach § 7g Abs. 2 S. 2 EStG übt der Steuerpflichtige dadurch aus, dass er in seiner Steuerbilanz das erworbene Wirtschaftsgut nicht mit den tatsächlichen Anschaffungs- oder Herstellungskosten, sondern mit einem um die Gewinnminderung verringerten Betrag ansetzt. Ob der Steuerpflichtige von der Möglichkeit der Gewinnminderung Gebrauch macht, steht in seinem Ermessen.
3. Das Wahlrecht zur Inanspruchnahme des Investitionsabzugsbetrags nach § 7g Abs. 1 EStG gehört zu den Wahlrechten, die formell bis zum Eintritt der Bestandskraft derjenigen Steuerfestsetzung ausgeübt werden können, auf welche sie sich auswirken sollen. Der Abzug erfolgt hier außerbilanziell und unterliegt daher nicht den Voraussetzungen für eine Bilanzänderung nach § 4 Abs. 2 EStG. Dies gilt jedoch nicht für das steuerliche Wahlrecht gem. § 7g Abs. 2 S. 2 EStG, denn hierdurch werden die Anschaffungskosten bzw. Herstellungskosten berührt; folglich liegt damit eine innerbilanzielle Änderung vor.
4. Eine Handelsbilanz mit Überleitungsrechnung ist einer Steuerbilanz gleichzustellen.
5. Irrtümer bei Ausübung eines steuerlichen Wahlrechtes lösen keine Änderungsmöglichkeit gemäß § 129 AO aus.
Normenkette
EStG § 7g Abs. 2 S. 2, § 4 Abs. 2 Sätze 1-2, § 5 Abs. 1 S. 1; EStDV § 60 Abs. 2 S. 1; AO § 129 S. 1
Nachgehend
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Die Revision wird zugelassen.
Der Streitwert beträgt 40.108,00 EUR.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob eine erst nach Abgabe der Steuererklärung, jedoch vor Veranlagung geltend gemachte Minderung der Anschaffungs- und Herstellungskosten gemäß § 7g Abs. 2 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) außerbilanziell gewinnmindernd vorzunehmen ist oder den Regeln einer Bilanzänderung unterliegt.
Die Klägerin ist eine mit Vertrag vom 7.September 2009 gegründete Gesellschaft mit beschränkter Haftung, deren Gegenstand die Erbringung von Serviceleistungen im Zusammenhang mit Projekten für erneuerbare Energien ist.
Im Rahmen der Körperschaftsteuerfestsetzung für 2011 wurde der Klägerin ein Investitionsabzugsbetrag nach § 7g Abs. 1 EStG i.H.v. 200.000,00 Euro für die beabsichtigte Herstellung von Windenergieanlagen gewährt. Die Klägerin realisierte die beabsichtigte Investition im Jahr 2012 und schaffte fünf Windenergieanlagen an.
Am 9. Dezember 2013 reichte die Klägerin die Körperschaftsteuererklärung sowie die Gewerbesteuererklärung für 2012 im Finanzamt ein. Als Anlage beigefügt war ein nach Handelsrecht erstellter Jahresabschluss, der einen Jahresüberschuss i.H.v. 3.533.813,87 Euro auswies, sowie eine Überleitungsrechnung nach § 60 Abs. 2 Satz Einkommensteuer-Durchführungsverordnung (EStDV) zur Anpassung der Handelsbilanz an die steuerlich maßgeblichen Wertansätze.
In der Überleitungsrechnung sind folgende Beträge ausgewiesen:
Differenz RSt Rückbau HB/StB |
453,70 Euro |
Sonder-AfA § 7g Abs. 5 EStG |
- 3.380.166,00 Euro |
Summe (gerundet) |
-3.379.713,00 Euro |
Nachdem die Prozessbevollmächtigte der Klägerin bemerkte, dass in der Überleitungsrechnung keine Minderung der Anschaffungs- und Herstellungskosten der Windenergieanlagen gem. § 7g Abs. 2 S. 2 EStG vorgenommen worden war, reichte sie mit Schreiben vom 14. April 2014 eine entsprechend korrigierte Überleitungsrechnung nach § 60 Abs. 2 Satz 1 EStDV ein. Sie teilte mit, dass sich Abschreibungen i.H.v. insgesamt 3.809.575,74 Euro ergeben, die i.H.v. 3.340.166,00 Euro auf Sonder-AfA nach § 7g Abs. 5 EStG, i.H.v. 200.000,00 Euro auf die Minderung der Anschaffungs- und Herstellungskosten gem. § 7 g Abs. 2 Satz 2 EStG, i.H.v. 268.523,39 Euro auf Abschreibungen gem. § 7 EStG und i.H.v. 886,35 Euro auf Teilwertabschreibungen entfielen.
Infolge der Minderung der Anschaffungs- und Herstellungskosten nach § 7g EStG habe sich die Normal-AfA gemindert.
Im Einzelnen stellt sich die korrigierte Überleitungsrechnung nach § 60 Abs. ...