Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerabzug bei Nachberechnung erbrachter Leistungen „lt. Lieferscheine”. Leistungsbezeichnung in der Rechnung. Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei Erhöhung der Bemessungsgrundlage nur bei Zahlung des in Rechnung gestellten Betrags
Leitsatz (redaktionell)
1. Eine nachträglich erstellte Rechnung mit der Leistungsbeschreibung „Nachberechnung lt. Lieferscheine” unter Zusatz lediglich einer Jahreszahl berechtigt nicht zum Vorsteuerabzug, wenn in dem in Bezug genommenen Kalenderjahr eine Vielzahl fortlaufend nummerierter Lieferscheine über verschiedene Leistungen erstellt und diese in der Rechnung nicht eindeutig bezeichnet worden sind.
2. Da es dem Zweck des § 17 UStG entspricht, dass sich die Umsatzbesteuerung letztlich nach der tatsächlich aufgewendeten Gegenleistung richtet, ist es folgerichtig, eine Berichtigung des Vorsteuerabzugs bei Erhöhung der Bemessungsgrundlage von der Zahlung des in Rechnung gestellten Betrags abhängig zu machen.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 1 Nr. 1 S. 1, § 14 Abs. 1, § 17 Abs. 1 S. 1 Nr. 2
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten des Revisionsverfahrens trägt die Klägerin.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Der Streitwert wird auf … EUR festgesetzt.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über den Vorsteuerabzug aus nachträglich erstellten Rechnungen.
Die Klägerin ist eine inzwischen aufgelöste, aber steuerlich noch nicht voll beendete Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die bis 1995 einen Kiosk betrieb. Gesellschafter waren A u. B. C.. Die Klägerin bezog in den Jahren 1992 bis 1995 Waren von dem Einzelunternehmen „XY …” (nachfolgend: das Einzelunternehmen), dessen Inhaber A. C. war.
Im Rahmen von Betriebsprüfungen bei der Klägerin und dem Einzelunternehmen für die Jahre 1992 bis 1995 stellten die Prüfer Warenlieferungen des Einzelunternehmens an die Klägerin fest, für die seinerzeit keine Rechnungen vorlagen. In ihrem Bericht über die Außenprüfung bei der Klägerin vom 17. Juli 2001 stellten sie zum Wareneinkauf der Klägerin fest, dass ihr mehr Waren zum Verkauf zur Verfügung gestanden hätten, als in den gebuchten Rechnungen ausgewiesen worden seien. Die Lieferungen seien durch das Einzelunternehmen erfolgt. Rechnungen über die Mehr-Lieferungen seien nicht erfolgt. Die Prüfer werteten die streitigen Leistungen bei dem Einzelunternehmen als Entnahme und bei der Klägerin als Einlage. Die Entnahmen unterwarf der Beklagte beim Einzelunternehmen dem ermäßigten Steuersatz (§ 12 Abs. 2 Nr. 1 des Umsatzsteuergesetzes – UStG – 1991/1993), während er bei der Klägerin wegen Fehlens ordnungsgemäßer Rechnungen keine Vorsteuern auf die erhöhten Warenbezüge berücksichtigte.
In einer am 09. Juni 2006 beim Beklagten eingegangenen Umsatzsteuererklärung für 2001 machte die Klägerin abziehbare Vorsteuerbeträge in Höhe von …. DM geltend. Ihre damalige steuerliche Beraterin führte mit Schreiben vom 08. August 2006 erläuternd aus, dass der Beklagte beim Einzelunternehmen für Warenlieferungen an die Klägerin in Höhe von … DM (1992), … DM (1993), … DM (1994) und … DM (1995) Umsatzsteuern in Höhe von … DM (1992), … DM (1993), … DM (1994) und … DM (1995) berücksichtigt habe. Beigefügt waren diesem Schreiben vier – jeweils unter dem 01. August 2001 datierende – Rechnungen des Einzelunternehmens an die Klägerin. In der Rubrik „Beschreibung” enthalten die Rechnungen, auf die wegen der weiteren Einzelheiten Bezug genommen wird (…), die Angabe „Nachberechnung lt. Lieferscheine” und den Zusatz „1992”, „1993”, „1994” bzw. „1995”. In der Nachberechnung für 1992 wird 14 % Umsatzsteuer, in den Nachberechnungen für 1993 bis 1995 sind 15 % Umsatzsteuer gesondert ausgewiesen.
Mit Bescheid vom 12. September 2006 lehnte der Beklagte „den Antrag auf Erstattung der erklärten Vorsteuer für 2001” ab. Den hiergegen form- und fristgerecht eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 28. November 2006 als unbegründet zurück. Die in den Rechnungen unter Anwendung des Regelsteuersatzes offen ausgewiesene Steuer entspreche nicht der geschuldeten Steuer. Die Rechnungen beträfen Warenlieferungen, die gemäß § 12 Abs. 2 Nr. 1 UStG dem ermäßigten Steuersatz unterlägen.
Hiergegen wendet die Klägerin sich mit ihrer form- und fristgerecht erhobenen Klage. Sie hat im ersten Rechtsgang geltend gemacht, dass die Umsatzsteuer in den vier Rechnungen zutreffend ausgewiesen worden sei. Eine Rechnungsberichtigung – wie vom Beklagten im ersten Rechtsgang noch angeregt – sei nicht mehr möglich, weil über das Vermögen des Gesellschafters A. C. das Insolvenzverfahren eröffnet worden und eine Mitwirkung des Insolvenzverwalters an der Erstellung berichtigter Rechnungen nicht erreichbar sei.
Das Finanzgericht Mecklenburg-Vorpommern hat die Klage mit Urteil vom 30. Oktober 2007 (2 K 543/06) als unbegründet zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, dass das Einzelunternehmen die Umsatzsteuer in den Nachberechnungen in unzutreffender, nicht geschuldeter Höhe ...