rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Umsatzsteuerfreie Umsätze mit der Veranstaltung eines Musicals. Steuerfreie Umsätze mit der Veranstaltung eines Musicals

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass unter den Sammelbegriff „Theater” in § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG zweifellos Schauspieldarbietungen und Musiktheater wie Oper oder Musical fallen.

2. Es ist nicht ernstlich zweifelhaft, dass der Veranstalter eines Musicals eine mit einem Theater einer Gebietskörperschaft vergleichbare „Einrichtung” im Sinne der EuGH-Rechtsprechung und der 6. EG-Richtlinie betreibt, wenn er hierfür zahlreiche Darsteller sowie technisches und Verwaltungspersonal anstellt, von anderen Unternehmen die Räumlichkeiten und technische Leistungen sowie Marketing- und Vertriebsleistungen bezieht und die zuständige Landesbehörde eine Bescheinigung i.S. von § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 2 UStG erteilt hat.

3. Über die Frage, ob eine Einrichtung i.S. von § 4 Nr. 20 Buchst. a UStG vorliegt, haben die Finanzbehörden und die Finanzgerichte in eigener Zuständigkeit zu entscheiden; eine Klage des Steuerpflichtigen vor dem Verwaltungsgericht gegen die von der zuständigen Landesbehörde erteilte Bescheinigung i.S. von § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 2 UStG ändert daran nichts.

 

Normenkette

UStG 2001 § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 1, § 12 Abs. 2 Nr. 7 Buchst. a, § 4 Nr. 20 Buchst. a S. 2; EWGRL 388/77 Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. n; FGO § 69 Abs. 2-4

 

Tenor

1. Der Antrag wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Verfahrens trägt die Antragstellerin.

 

Tatbestand

I.

Die Antragstellerin, eine GmbH, veranstaltete in den Jahren 2001 und 2002 an verschiedenen Orten das Musical … Den Verkauf der Eintrittskarten behandelte die Antragstellerin als dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Nr. 7 Buchstabe a des Umsatzsteuergesetzes (UStG) unterliegende Umsätze.

Auf Antrag des Antragsgegners (Finanzamt) erteilte die Regierung von … (Landesbehörde) mit Bescheid vom 8. April 2003 eine Bescheinigung gemäß § 4 Nr. 20 Buchstabe a Satz 2 UStG (Bl. 63 Umsatzsteuerakte).

Nach erfolglosem Widerspruch gegen diese Bescheinigung erhob die Antragstellerin Klage zum Bayerischen Verwaltungsgericht München (VG).

Am 8. Juli 2004 ordnete die Landesbehörde gemäß § 80 Abs. 2 Nr. 4 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) die sofortige Vollziehung des Bescheids vom 8. April 2003 an.

Das Finanzamt behandelte daraufhin und gemäß dem Ergebnis einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung (s. Bericht vom 29. März 2004) die Umsätze aus den Musicalveranstaltungen als steuerfreie Umsätze nach § 4 Nr. 20 Buchstabe a UStG und versagte insoweit im Schätzungswege 80 v.H. der geltend gemachten Vorsteuern (s. dazu Tz. 3 des Prüfungsberichts). Dementsprechend setzte das Finanzamt mit Steuerbescheid vom 16. April 2004 die Umsatzsteuer für 2001 und schließlich mit Steueränderungsbescheiden vom 15. April 2004 die Umsatzsteuervorauszahlungen für Januar bis August 2002 fest.

Über die Einsprüche dagegen hat das Finanzamt noch nicht entschieden.

Auf Antrag gewährte das Finanzamt mit Bescheiden vom 9. und 11. Mai 2004 Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung (AdV) unter der Bedingung einer Sicherheitsleistung in Form einer Bankbürgschaft.

Dagegen beantragt die Antragstellerin nunmehr bei Gericht gemäß § 69 Abs. 3 der Finanzgerichtsordnung (FGO), die Umsatzsteuer 2001 in Höhe von 42.131 EUR nebst Zinsen, die Umsatzsteuer Januar 2002 in Höhe von 4.700,14 EUR, die Umsatzsteuer Februar 2002 in Höhe von 9.618,11 EUR, die Umsatzsteuer März 2002 in Höhe von 28.048,30 EUR, die Umsatzsteuer April 2002 in Höhe von 2.219,54 EUR, die Umsatzsteuer Mai 2002 in Höhe von 3.672,72 EUR, die Umsatzsteuer Juni 2002 in Höhe von 3.446,21 EUR, die Umsatzsteuer Juli 2002 in Höhe von 5.300,91 EUR und die Umsatzsteuer August 2002 in Höhe von 4.237,94 EUR ohne Sicherheitsleistung von der Vollziehung auszusetzen bzw. die bereits erfolgte Vollziehung aufzuheben.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass das Verlangen einer Sicherheitsleistung unbillig sei, da die Antragstellerin wirtschaftlich nicht in der Lage sei, die geforderte Sicherheit zu leisten. Der aktive Geschäftsbetrieb ruhe derzeit. Der zwischenzeitlich von der Landesbehörde angeordnete Vollzug ändere nichts an der Unzulässigkeit der Anordnung einer Sicherheitsleistung im Zeitpunkt der AdV-Verfügungen des Finanzamts.

Das Finanzamt beantragt wörtlich,

den Antrag abzulehnen und die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung insgesamt gegen eine Sicherheit in Höhe der bereits vollzogenen Beträge von insgesamt 61.243,87 EUR zu gewähren.

Wegen des Sachverhalts im Einzelnen wird auf die FA-Akten und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze samt Anlagen Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

II.

Der Antrag hat keinen Erfolg.

1. Der Antrag auf AdV der Bescheide über Umsatzsteuervorauszahlungen für Januar bis April 2002 jeweils vom 15. April 2004 ist bereits unzulässig.

Voraussetzung für die Statthaftigkeit eines Antrags auf AdV ist, dass der Verwaltungsakt, dessen Aussetzung begehrt wird, vollzogen werd...

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