Entscheidungsstichwort (Thema)

Verlustrücktrag nach § 10 d Abs. 1 EStG und Beschwer (§ 40 Abs. 2 FGO). Einkommensteuer 1995

 

Normenkette

EStG § 10d Abs. 1

 

Tatbestand

I.

Die Kläger sind Eheleute, die für das Streitjahr 1995 zusammen zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt wurden.

Der Kläger erzielte im Jahre 1994 als Jurist Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit sowie aus der nebenberuflichen Tätigkeit als Rechtsanwalt Einkünfte aus selbständiger Arbeit.

Die Klägerin war Hausfrau und hatte keine eigenen Einkünfte.

Für das Streitjahr reichten die Kläger eine unvollständige Steuererklärung ein. Der Kläger erklärte, vom 24.1.1995 bis 31.12.1995 arbeitslos gewesen zu sein. Nachweise hierfür bzw. Bescheinigungen über Lohnersatzleistungen hatte er nicht erbracht. Zu Einkünften aus selbständiger Arbeit machte der Kläger ebenfalls keine Angaben.

Da die Kläger trotz Aufforderung ihre Erklärung nicht ergänzt bzw. die vom Beklagten (Finanzamt – FA–) angeforderten Unterlagen nicht beigebracht hatten, schätzte das FA den Gewinn aus selbständiger Arbeit auf 20.000 DM. Im ESt-Bescheid 1995 vom 25.9.1997 wurde dieser Gewinn als Einkünfte aus Gewerbebetrieb bezeichnet. Dieser Bescheid lautet auf eine Steuerschuld von 0 DM. Der Gesamtbetrag der Einkünfte beträgt 20.000 DM, das zu versteuernde Einkommen lautet auf ./. 2.320,00 DM. Der Bescheid erging teilweise vorläufig gem. § 165 der Abgabenordnung (AO) im Hinblick auf anhängige Verfassungsbeschwerden bzw. Revisionen sowie unter dem Vorbehalt der Nachprüfung. Er wurde am 25.9.1997 mit einfachem Brief zur Post gegeben.

Mit Schreiben vom 17.10.1997 legten die Kläger dagegen Einspruch ein. Sie führten an, daß die Einkünfte zu hoch angesetzt seien und daß das sich ergebende zu versteuernde negative Einkommen auf vorausgehende bzw. nachfolgende Veranlagungszeiträume für sie meistgünstig übertragen werden solle.

Der Kläger erklärte, er sei vom 1.1.1995 bis 23.1.1995 als selbständiger Rechtsanwalt tätig gewesen, ohne jedoch eine Gewinnermittlung hierfür vorzulegen. Ferner legte er Bescheinigungen des Arbeitsamts über Lohnersatzleistungen von insgesamt 36.407 DM für die Zeit vom 24.1.–31.12.1995 vor.

Mit Schreiben vom 18.12.1997 erläuterte das FA den Klägern, daß ihr Einspruch mangels Beschwer nicht zulässig sei und daß auch durch eine niedrigere Schätzung der Einkünfte aus selbständiger Arbeit bzw. durch die Berücksichtigung der Lohnersatzleistungen kein für die Kläger günstigeres steuerliches Einkommen erreicht werde. Auch ergebe sich kein Verlustvor- bzw. -rücktrag auf andere Veranlagungszeiträume.

Hierauf haben sich die Kläger nicht mehr geäußert. Der Einspruch blieb erfolglos (Einspruchsentscheidung – EE– vom 8.5.1998, Bl. 30–33 ESt-Akte).

Im Klageverfahren wurde geltend gemacht, der Kläger habe Aufwendungen von 20.046,14 DM gehabt und diese seien steuermindernd zu berücksichtigen (Schriftsatz vom 10.8.1998, Bl. 12 ff. FG-Akte). Weiterhin wurde eine Einnahme-Überschußrechnung 1995 vorgelegt, die einen Gewinn von 13.391,03 DM auswies (Schriftsatz vom 17.1.1999, Bl. 40 f. FG-Akte).

 

Entscheidungsgründe

II.

Die Klage ist mangels Beschwer unzulässig.

1. Wie das FA in der EE (S. 3) zutreffend ausführt, ist die Klage mangels Beschwer unzulässig (§ 350 AO i.V.m. § 40 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung – FGO–).

An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts dadurch, daß die Kläger nunmehr aufgrund der geltend gemachten Aufwendungen von 20.046 DM einen negativen Gesamtbetrag der Einkünfte behaupten, der auf 1993 bzw. 1994 zurückgetragen werden soll (dies dürfte das Klageziel des Schriftsatzes vom 10.8.1998 sein). Denn das FA macht im Schriftsatz vom 28.10.1998 zutreffend geltend, daß über die Höhe des Rücktrags im Rahmen der ESt-Veranlagung für das Abzugsjahr (hier: 1993 und, sofern dort nicht möglich, 1994; s. § 10 d Abs. 1 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes –EStG–) zu entscheiden ist. Eine gesonderte Feststellung des „verbleibenden Verlustabzugs” findet beim Rücktrag nicht statt (s. zu diesen Grundsätzen Beschluß des FG Berlin vom 29.8.1996 I 1036/96, Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG– 1997, 20; Urteil des FG Münster vom 19.11.1996 – 6 K 804/94 G, EFG 1997, 350; Schmidt/Heinicke, Einkommensteuergesetz, 17. Aufl., § 10 d RdNr. 23, 29).

Es bleibt dem Kläger unbenommen, eine Änderung des ESt-Bescheids 1993 (bzw. 1994) gem. § 10 d Abs. 1 Satz 2 EStG zu beantragen und im Berichtigungsverfahren die geltend gemachten Ausgaben im einzelnen nachzuweisen.

2. Die Kostenentscheidung beruht auf § 135 Abs. 1 FGO.

Die Revision wird nicht zugelassen, da die Voraussetzungen des § 115 Abs. 2 FGO nicht vorliegen.

Der Berichterstatter hält es für zweckmäßig, durch kostengünstigeren Gerichtsbescheid zu entscheiden (§ 90 a i.V.m. § 79 a Abs. 2, 4 FGO).

 

Fundstellen

Dokument-Index HI1135826

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