Entscheidungsstichwort (Thema)
Erledigung einer Anfechtungsklage gegen einen Kindergeldrückforderungsbescheid durch dessen Erfüllung. Zulässigkeit einer anschließenden Fortsetzungsfeststellungsklage
Leitsatz (redaktionell)
1. Stellt die Familienkasse durch Abrechnungsbescheid (§ 218 Abs. 2 AO) fest, dass der Kindergeldrückforderungsanspruch durch Weiterleitung an den vorrangig Berechtigten erloschen ist, hat sich das Verfahren (Anfechtungsklage gegen den Rückforderungsbescheid) in der Hauptsache erledigt.
2. Die Weiterleitung des Kindergeldes an den vorrangig Berechtigten wird von den Familienkassen zutreffend aus Vereinfachungsgründen als Erfüllung des Rückforderungsanspruchs im verkürzten Zahlungsweg berücksichtigt.
3. Die Zulässigkeit dieser Fortsetzungsfeststellungsklage setzt u.a. voraus, dass der Kläger ein berechtigtes Interesse an der begehrten Feststellung hat. Eine substantiierte Darlegung von Tatsachen, aus denen sich das Bestehen eines berechtigten Interesses an der Feststellung der Rechtswidrigkeit der Einziehungsverfügung folgern lässt, ist unabdingbar für die Zulässigkeit der Klage.
Normenkette
AO § 37 Abs. 2, § 218 Abs. 2; FGO § 100 Abs. 1 S. 4, § 67; EStG § 64 Abs. 1
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Dem Kläger wurde laufend Kindergeld für seinen Sohn A […] (geb. […] 1988) gewährt. Seit November 2002 wurde das Kindergeld für A aufgrund der Angaben des Klägers vom 9. November 2002 auf das Bankkonto von A bei der Kreissparkasse [… M-Stadt] überwiesen.
Aufgrund eines Datenabgleichs mit dem Einwohnermeldeamt (EMA) erfuhr die Agentur für Arbeit [… P-Stadt] (AA) – Familienkasse – im November 2002, dass der Kläger von der Kindsmutter, [… S], geschieden ist, und dass der Kläger, S und A weiter unter derselben Adresse in einem gemeinsamen Haushalt wohnen, jedoch A dem Familienverband der S zuzurechnen sei. Mit Zustimmung der S wurde das Kindergeld für A weiter dem Kläger gewährt.
Aufgrund des Datenabgleichs mit dem EMA im November 2004 erhielt die AA davon Kenntnis, dass der Kläger in den Zuständigkeitsbereich der Beklagten verzogen sei. Nachdem die Beklagte – die Familienkasse (FK) – im Mai 2005 ermittelt hatte, dass der Kläger seit 30. März 2004 nach [… H-Dorf] umgezogen sei und A weiter im Haushalt der S angemeldet sei, stellte die FK die Kindergeldzahlungen für A ab Mai 2005 ein. Mit Bescheid vom 2. August 2005 hob die FK gegenüber dem Kläger die Kindergeldfestsetzung für A ab April 2004 auf und forderte das Kindergeld für A für den Zeitraum von April 2004 bis April 2005 in Höhe von 2.002 EUR zurück. Der Einspruch blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 29. August 2005).
Mit seiner dagegen gerichteten Klage lässt der Kläger vortragen, dass A seit April 2004 im Haushalt von S lebe. Das Kindergeld sei aber nicht zu Unrecht gewährt worden, denn das Kindergeld für den Zeitraum ab April 2004 sei nicht an den Kläger ausbezahlt worden. Das Kindergeld habe die S erhalten. Deshalb sei die Aufhebung der Kindergeldfestsetzung ab April 2004 ihm gegenüber rechtswidrig. Ebenso sei die Rückforderung des Kindergeldes für den Zeitraum von April 2004 bis April 2005 rechtswidrig.
Mit Schreiben vom 3. November 2005 hat die S dem Finanzgericht mitgeteilt, dass sie das Kindergeld für A für den Zeitraum von April 2004 bis April 2005 erhalten habe und deshalb ihren Anspruch auf Kindergeld als erfüllt ansehe.
Mit Abrechnungsbescheid vom 10. November 2005 hat die FK gegenüber dem Kläger festgestellt, dass sie aufgrund der Weiterleitungserklärung der S den Rückforderungsanspruch als erfüllt ansieht. Der Kläger hat gegen diesen Abrechnungsbescheid Einspruch eingelegt; über den Einspruch wurde noch nicht entschieden.
Mit Anordnung vom 5. Januar 2006 hat der Berichterstatter den Beteiligten mitgeteilt, dass der Rechtsstreit in der Hauptsache hinsichtlich der Rückforderung des Kindergeldes erledigt ist und eine entsprechende Anpassung der Anträge angeregt.
Der Kläger beantragt nunmehr
festzustellen, dass der Bescheid vom 2. August 2005 über die Aufhebung und Rückforderung von Kindergeld in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 26. August 2005 rechtswidrig ist.
Die Familienkasse beantragt
die Klageabweisung.
Die FK ist der Auffassung, dass die Festsetzung des Kindergeldes zu Recht ab April 2004 aufgehoben wurde, da der Kläger selbst einräumt, dass A ab diesem Zeitpunkt nur im Haushalt der S im streitigen Zeitraum gelebt habe. Deshalb sei das Kindergeld ab April 2004 bis April 2005 auch zu Recht zurückgefordert worden. Schuldner des Rückforderungsanspruchs sei auch der Kläger, da ihm das Kindergeld gewährt worden sei. Jedoch sei der Rechtsstreit wegen der Rückforderung des Kindergeldes in der Hauptsache erledigt. Für eine Fortsetzungsfeststellungsklage fehle dem Kläger aber das berechtigte Interesse. Nicht erledigt sei dagegen der Rechtsstreit hinsichtlich der Aufhebung der Kindergeldfestsetzung.
Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten wird auf die Schriftsätze des Kläger...