Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Erbschaftsteuerbefreiung als Familienheim bei Bestehen lediglich eines Eigentumsanwartschaftsrechts
Leitsatz (redaktionell)
1. Soweit die Steuerfreistellung gem. § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1 ErbStG den Erwerb von Todes wegen des Eigentums oder Miteigentums an der das Familienheim bildenden Immobilie voraussetzt, ist darunter das Eigentum im zivilrechtlichen Sinne zu verstehen.
2. Die Steuerbefreiung ist also nicht anwendbar, wenn die Erblasserin eine von der Familie zu Wohnzwecken genutzte Immobilie durch Kaufvertrag erworben hat, wenn vor ihrem Tod zwar noch notariell die Auflassung erklärt und eine Auflassungsvormerkung eingetragen worden ist, die Eintragung der Erblasserin als Eigentümerin im Grundbuch jedoch nicht mehr zu ihren Lebzeiten erfolgt ist und wenn somit die Erblasserin im Zeitpunkt des Erbfalles nur ein Anwartschaftsrecht auf das Volleigentum an der selbst genutzten Wohnung hatte.
Normenkette
ErbStG § 13 Abs. 1 Nr. 4b S. 1
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
3. Die Revision zum Bundesfinanzhof wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die erbschaftsteuerrechtliche Vergünstigung als Familienheim auch anwendbar ist, wenn der Erblasser im Zeitpunkt des Erbfalles nur ein Anwartschaftsrecht auf das Volleigentum an der selbst genutzten Wohnung gehabt hatte.
Die am 16. Juli 2009 verstorbene A, die Ehefrau des Klägers (im Weiteren Erblasserin), hatte mit notarieller Urkunde vom 16. März 2007 mit der Fa. X KG, einem damals bestehenden Bauträgerunternehmen, einen Kaufvertrag über den Erwerb einer Eigentumswohnung samt Tiefgaragenplätzen abgeschlossen. Gegenstand des Kaufvertrages war im Einzelnen der Miteigentumsanteil von (641)/(1000) am Grundstück Flurstücknummer … der Gemarkung O in M, Z-Straße verbunden mit dem Sondereigentum an der seinerzeit noch zu erstellenden Eigentumswohnung Nr. 2 zuzüglich vier Miteigentumsanteile von jeweils (1)/(1000) verbunden mit dem Sondereigentum an den Tiefgaragenstellplätzen 3, 4, 5 und 6. Der beurkundete Kaufpreis hatte 3.671.000 EUR betragen. Unter Berücksichtigung der Kosten für bauliche Sonderwünsche war zusätzlich noch einen Betrag von 1.147.480 EUR bezahlt worden. Zugleich hatten die Kaufvertragsparteien die Auflassung erklärt. Am 28. Januar 2008 war zugunsten der Erblasserin eine Auflassungsvormerkung im Grundbuch eingetragen worden. Laut Auskunft aus dem Melderegister der Stadt M befand sich der Wohnsitz der Erblasserin seit dem 26. November 2008 an der Adresse in der Z-Straße. Die Ummeldung des Wohnsitzes des Klägers erfolgte am darauffolgenden Tag. Nach Angabe des Klägers bezog dieser zusammen mit der Erblasserin und ihren beiden gemeinsamen, damals bereits volljährigen Töchtern die gekaufte Eigentumswohnung im Dezember 2008. Die Eintragung der Erblasserin als Eigentümerin im Grundbuch erfolgte jedoch nicht mehr zu ihren Lebzeiten. In ihrem privatschriftlichen Testament vom 9. Juli 2009 hatte die Erblasserin letztwillig verfügt, dass der Kläger ihre Eigentumswohnung in der Z-Straße allein erhalten sollte, wogegen sie für ihr restliches Vermögen die gesetzliche Erbfolge bestimmt hatte. Entsprechend dem notariellen Antrag vom 21. Oktober 2009 an das Nachlassgericht stellte das Amtsgericht M dem Kläger und seinen beiden Töchtern am 17. November 2009 einen gemeinsamen Erbschein aus, demzufolge die Erblasserin vom Kläger zu ½ und von ihren Töchtern zu je ¼ beerbt worden war. Mit notarieller Urkunde vom 24. November 2009 vereinbarte der Kläger mit seinen beiden Töchtern die Erfüllung der als Vermächtnis ausgelegten letztwilligen Verfügung der Erblasserin in Bezug auf die Eigentumswohnung in der Z-Straße, die danach in das Alleineigentum des Klägers übergehen sollte. Ausweislich der unter dem Datum des 23. Februar 2011 erstellten gemeinsamen Erbschaftsteuererklärung des Klägers und seiner beiden Töchter umfasste der Nachlass im Wesentlichen den Wert der Eigentumswohnung, darüber hinaus eine Beteiligung an einer Personengesellschaft, einen Versicherungsanspruch sowie Hausrat, Schmuck und ein Kraftfahrzeug. Außerdem enthielt die Erbschaftsteuererklärung einen Antrag auf Gewährung der Steuerbefreiung des Grundbesitzwertes der Eigentumswohnung in der Z-Straße als sogenanntes Familienheim, wo sich auch weiterhin der Wohnsitz des Klägers befindet.
Demgegenüber ging der Beklagte in Bezug auf die Eigentumswohnung in der Z-Straße aufgrund der Tatsache, dass die Erblasserin zu Lebzeiten noch nicht als Eigentümerin im Grundbuch eingetragen war, nicht von einem erbschaftsteuerrechtlichen Erwerb von Grundvermögen, sondern von einem Erwerb eines Eigentumsverschaffungsanspruches aus, der nicht mit dem Grundbesitzwert der Immobilie sondern mit seinem Verkehrswert anzusetzen wäre. Die Steuervergünstigung als Familienheim hielt der Beklagte deshalb nicht für anwendbar. Demzufolge setzte der Beklagte die Erbschaftsteuer des Kläge...