Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufgabe des Amts als Testamentsvollstreckers als sonstige Leistung i. S. d. Umsatzsteuergesetzes
Leitsatz (redaktionell)
Der Verzicht, ganz oder teilweise eine gewerbliche oder berufliche Tätigkeit auszuüben, stellt eine sonstige Leistung i. S. d. Umsatzsteuergesetzes dar.
Normenkette
UStG § 3a Abs. 4 Nr. 9
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob die Vergütung für den Verzicht auf die Bestellung als Testamentsvollstrecker umsatzsteuerpflichtig ist.
Der Kläger wurde mit notariellem Testament vom 3. April 1990 zum alleinigen Testamentsvollstrecker des am 16. Juli 1998 verstorbenen S (Erblasser) bestellt. Die drei Töchter des Erblassers wurden zu Erbinnen eingesetzt. Gemäß § 2 des Nachtrags zu diesem Testament vom 29. Juli 1997 war der Testamentsvollstrecker verpflichtet, mit der Annahme des Amtes als Testamentsvollstrecker einen Ersatztestamentsvollstrecker zu benennen, der für den Fall seines Wegfalls das Amt des Testamentsvollstreckers ausüben sollte.
Für die Testamentsvollstreckung war eine Vergütung in Höhe von 2,5 % des Bruttonachlasswerts zuzüglich Umsatzsteuer sowie eine jährliche Verwaltervergütung von 0,75 % des der Verwaltung unterliegenden Bruttonachlasswerts zuzüglich Umsatzsteuer vorgesehen.
Aufgrund von Meinungsverschiedenheiten innerhalb der Erbengemeinschaft S hinsichtlich der Person des Klägers als Testamentsvollstreckers wurde zwischen dem Kläger und zwei der drei Erbinnen am 24. August 1998 eine Vereinbarung geschlossen, die den Verzicht des Klägers auf das Amt des Testamentsvollstreckers und die Ernennung eines zuvor benannten Ersatztestamentsvollstreckers zum Gegenstand hatte.
Gemäß § 1 der Verzichtsvereinbarung war der Kläger verpflichtet, unverzüglich nach Abschluss der Verzichtsvereinbarung gegenüber dem Nachlassgericht G die Annahme des Amts als Testamentsvollstrecker zu erklären und in diesem Zusammenhang den von den Erbinnen gewünschten Ersatztestamentsvollstrecker zu benennen. Ferner wurde vereinbart, dass der Kläger den Erbinnen mit Abschluss der Verzichtsvereinbarung eine weitere Erklärung an das Nachlassgericht G übergeben sollte, wonach er das Amt des Testamentsvollstreckers mit sofortiger Wirkung kündigt. Mit dieser Vorgehensweise sollte sichergestellt werden, dass der von den Erbinnen gewünschte Ersatztestamentsvollstrecker das Amt antreten kann.
Für den Verzicht auf das Amt des Testamentsvollstreckers sowie für die Benennung des gewünschten Ersatztestamentsvollstreckers wurde zwischen den Parteien eine als „Abfindung” bezeichnete Einmalzahlung in Höhe von 3.750.000 DM (1.917,345 EUR) zuzüglich Umsatzsteuer vereinbart, mit der alle Ansprüche des Klägers aus seiner testamentarischen Benennung als Testamentsvollstrecker abgegolten sein sollten. Nach Abgabe der vorgenannten Erklärungen erhielt der Kläger die Vergütung, allerdings ohne Umsatzsteuer.
Aufgrund der Kündigungserklärung des Klägers beantragte der Ersatztestamentsvollstrecker am 25. August 1998 beim Amtsgericht G die Ausstellung eines Testamentsvollstreckerzeugnisses. Das Amtsgericht lehnte diesen Antrag mit der Begründung ab, der Kläger habe sein Amt als Testamentsvollstrecker missbräuchlich ausgeübt, da er es nur angenommen habe, um es nach Benennung des Ersatztestamentsvollstreckers gegen Abfindung sogleich wieder zu kündigen.
Rechtsmittel gegen diesen Beschluss blieben erfolglos. In allen zivilrechtlichen Instanzen wurde die vom Kläger im Rahmen der Verzichtserklärung eingegangene Verpflichtung als sittenwidrig und unwirksam gemäß § 138 Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) angesehen.
Das Finanzamt (FA) behandelte die Vergütung als umsatzsteuerpflichtige Leistung und setzte mit Bescheid vom 1. Februar 1998 die Umsatzsteuer 1998 entsprechend fest. Das dagegen gerichtete Einspruchsverfahren blieb erfolglos.
Mit der hiergegen eingelegten Klage macht der Kläger geltend, dass es sich bei der Vergütung mangels Leistungsaustausch um einen nichtsteuerbaren Vorgang handle. Zu Unrecht stütze sich das FA auf die Entscheidung des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 6. Mai 2004, da sich der dieser Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt erheblich von dem des Streitfalls unterscheide.
Während in dem vom BFH entschiedenen Fall ein wirksam amtierender Testamentsvollstrecker im gegenseitigen Einvernehmen mit dem Alleinerben die Testamentsvollstreckung beendet und für die Aufgabe seines Amtes eine Entschädigung erhalten habe, die die entgangenen zukünftigen Honorare kompensieren solle, hätte der Kläger aufgrund der sittenwidrigen Verzichtsvereinbarung das Amt des Testamentsvollstreckers von Anfang an nicht wirksam angetreten. Folglich habe er auch nicht wirksam einen Ersatztestamentsvollstrecker benennen und anschließend sein Amt niederlegen können. Da er mangels Stellung als Testamentsvollstrecker auf die Ausübung dieser Tätigkeit nicht verzichten habe können, habe er keine sonstige Leistung im Sinne des § 3a Abs. 4 Nr. 9 UStG an die Erbinnen erbr...