rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung eines Steuerbescheides zugunsten des Steuerpflichtige, wenn viele Jahre nach einer Betriebsaufgabe durch den Erblasser vom Erben ein Gewinn aus Veräußerung einer landwirtschaftlichen Teilfläche erklärt wurde
Leitsatz (redaktionell)
1. Betriebsaufgabe ist im Streitfall eine Tatsache i. S. d. § 173 AO. Denn die Betriebsaufgabe ist ein Lebensvorgang, der das Tatbestandsmerkmal des einschlägigen gesetzlichen Tatbestandes entfallen lässt (BFH v. 13.05.2004. IV R 11/02, BFH/NV 2004, 1400 zu § 7g Abs. 3 EStG).
2. Eine Änderung der Einkommensteuerfestsetzungen scheidet im Streitfall deswegen aus, weil den Kläger ein grobes Verschulden daran trifft, dass die Tatsache der Betriebsaufgabe erst nachträglich bekanntgeworden ist. Grobes Verschulden i. S. d. § 173 Abs. 1 Nr. 2 AO ist anzunehmen, wenn der Steuerpflichtige die ihm nach seinen persönlichen Fähigkeiten und Verhältnissen zumutbare Sorgfalt in ungewöhnlichem Maße und in nicht entschuldbarer Weise verletzt hat.
3. Drängen sich dem Steuerpflichtigen aufgrund der zu erklärenden Sachverhalte Zweifel auf, handelt er grob fahrlässig, wenn er den Zweifel begründenden Sachverhalt nicht vollständig dem FA zur Prüfung unterbreitet bzw. von dort eine Auskunft einholt.
Normenkette
EStG § 13a Abs. 6 S. 1 Nr. 4, §§ 6c, 14; AO § 173 Abs. 1 Nr. 2; BewG § 34 Abs. 7
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
Streitig ist, ob Einkommensteuerbescheide zugunsten des Klägers geändert werden können.
I.
Der Kläger erzielt als Ingenieur Einkünfte aus freiberuflicher Arbeit. Der Kläger veräußerte mit notariellem Vertrag am […] April 2002 eine 1.250 qm große Teilfläche aus dem Grundstück Flurnummer (FlNr.) [… 1234] für einen Kaufpreis in Höhe von 79.887,50 EUR.
Der Einkommensteuererklärung für das Jahr 2002 fügte der Kläger erstmals eine Anlage L bei. Den Gewinn aus Land- und Forstwirtschaft (LuF) ermittelte der Kläger nach Durchschnittssätzen gemäß § 13a Einkommensteuergesetz (EStG). Für das Kalenderjahr 2002 gab der Kläger den Gewinn aus LuF mit 10.891 EUR an. In der Anlage L führte der Kläger aus, dass zu Beginn des Wirtschaftsjahres 2002/2003 Flächen des Betriebsvermögens in der Größe von 3,9850 ha landwirtschaftlich und in der Größe von 0,5990 ha forstwirtschaftlich genutzt seien. Flächen mit landwirtschaftlicher Nutzung in der Größe von 3,6590 ha seien verpachtet; dafür würden jährliche Pachteinnahmen von 400 EUR erzielt. Am 25. April 2002 sei ein Grundstück des Betriebsvermögens in der Größe von 1.250 qm für einen Kaufpreis von 79.887 EUR veräußert worden. Die Veräußerungskosten hätten 275 EUR und die Anschaffungskosten 1.695 EUR betragen. In den Anlagen führte der Kläger aus, dass der Kaufpreis am 8. Juli 2002 vereinnahmt worden sei. Den Gewinn aus der Veräußerung des Grundstücks rechnete der Kläger dem Wirtschaftsjahr 2002/2003 zu und beantragte eine Gewinnübertragung gemäß §§ 6b und 6c Einkommensteuergesetz (EStG) in Höhe von 55.000 EUR.
Der Beklagte – das Finanzamt (FA) – folgte den Angaben des Klägers hinsichtlich der Höhe des Gewinns aus der Veräußerung des Grundstücks und der Bildung der Rücklage. Das FA rechnete jedoch diese Vorgänge dem Gewinn des Wirtschaftsjahres 2001/2002 zu. Das FA vertrat die Auffassung, dass der Kläger im Wirtschaftsjahr 2001/2002 einen Gewinn in Höhe von 21.849 EUR erzielt habe und davon ein Betrag in Höhe von 10.925 EUR auf das Kalenderjahr 2002 entfallen würde. Außerdem ging das FA davon aus, dass der Kläger im Wirtschaftsjahr 2002/2003 einen Gewinn nach Durchschnittssätzen in Höhe von 466 EUR erzielt habe (Grundbetrag 66 EUR und vereinnahmte Pachtzinsen 400 EUR). Davon entfiele ein Betrag von 233 EUR auf das Kalenderjahr 2002. Das FA berücksichtigte deshalb im Einkommensteuerbescheid für 2002 vom 15. März 2004 – ebenso wie in dem späteren Änderungsbescheid vom 6. April 2004 – einen Gewinn aus Land und Forstwirtschaft in Höhe von 11.158 EUR.
In der Einkommensteuererklärung für 2003 führte der Kläger in der Anlage L aus, dass der Gewinn aus LuF im Wirtschaftsjahr 2002/2003 11.158 EUR und im Wirtschaftsjahr 2003/2004 11.126 EUR betragen habe. In den Erläuterungen hierzu gab der Kläger an, dass von der Rücklage zum 30. Juni 2003 mit einem Wert von 55.000 EUR im Wirtschaftsjahr 2003/2004 ein Anteil in Höhe von 11.000 EUR aufgelöst werde und dafür Zinsen in Höhe von 660 EUR anfallen würden. Der Gewinn aus LuF für das Kalenderjahr 2003 würde 11.142 EUR betragen. Das FA ermittelte ausgehend von den Angaben des Klägers für das Wirtschaftsjahr 2003/2004 einen Gewinn aus LuF in Höhe von 11.193 EUR (Grundbetrag 67 EUR, vereinnahmte Pachtzinsen 1.000 EUR, Rücklagenauflösung von 11.000 EUR nebst Zinsen 660 EUR und Freibetrag 1.534 EUR). Von diesem Gewinn würde auf das Kalenderjahr 2003 ein Anteil von 5.596 EUR entfallen. Zusammen mit dem Anteil am Gewinn des Wirtschaftsjahres 2002/2003 in Höhe von 233 EUR ergab sich nach Auffassung des FA ein Gewinn aus LuF für 2003 in...