Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis der Treuhandschaft an einem GmbH-Anteil. Verlust aus der Veräußerung einer wesentlichen Beteiligung. Änderung nach § 174 Abs. 3 AO nach teilweiser Nichtberücksichtigung eines Veräußerungsverlusts nach § 17 EStG
Leitsatz (redaktionell)
1. Ein vor Beurkundung des GmbH-Gesellschaftsvertrages abgeschlossener Treuhandvertrag des Inhalts, dass der nach außen als Gesellschafter Auftretende den GmbH-Geschäftsanteil im Innenverhältnis als Treuhänder für einen Dritten (den Treugeber) erwirbt, ist ohne Verstoß gegen die Form des § 15 Abs. 4 GmbHG auch durch konkludentes Verhalten möglich. Hingegen unterliegt der erst nach Beurkundung des GmbH-Gesellschafts-Vertrags geschlossene Treuhandvertrag über GmbH-Geschäftsanteile dem Formzwang des § 15 Abs. 4 GmbHG. Die Feststellungslast für das Vorliegen einer Treuhand trägt derjenige, der sich auf eine von § 39 Abs. 1 AO abweichende Zurechnung beruft.
2. Es spricht gegen die vom FA angenommene, von den vermeintlichen Treugebern und vom Treuhänder bestrittenen Treuhandverhältnisse an GmbH-Anteilen, wenn der Gesellschafter und vermeintliche Treuhänder alleine das volle finanzielle Risiko des Unternehmens getragen hat und wenn es keine ausreichenden Anhaltspunkte für eine tatsächliche Durchführung der Treuhandverhältnisse gibt, z.B. dergestalt, dass die Treugeber dem Treuhänder Weisungen hinsichtlich der Ausübung seiner Stimmrechte in der Gesellschafterversammlung (§§ 46 ff. GmbHG) erteilt hätten oder dass sie in der Lage gewesen wären, gegenüber dem Treuhänder den einem Treugeber zustehenden Anspruch auf Abtretung der GmbH-Anteile geltend zu machen oder dass der Treuhänder beim Verkauf der GmbH-Anteile teilweise nicht auf eigene Rechnung, sondern für Rechnung der Treugeber tätig gewesen wäre.
3. Ist eine zu nachträglichen Anschaffungskosten auf die Beteiligung führende Zahlung des Gesellschafters infolge einer für die GmbH eigenkapitalersetzend übernommenen Bürgschaft in der Steuererklärung für das Jahr des Verkaufs der wesentlichen Beteiligung erkennbar in der Annahme nicht geltend gemacht worden, dass sie erst im Folgejahr (als dem Jahr der Zahlung) zu berücksichtigen sei, und wurde diese unzutreffende Behandlung vom FA übernommen, so kann der bestandskräftige Bescheid für das Jahr der Anteilsveräußerung nach § 174 Abs. 3 AO geändert werden.
4. Für den Tatbestand des § 174 Abs. 3 AO ist es gleichgültig, ob die Annahme, der Sachverhalt sei in einem anderen Steuerbescheid zu berücksichtigen, auf einen Rechtsirrtum oder auf eine unzutreffende Würdigung des Sachverhalts zurückzuführen ist. Auch ist es nicht erforderlich, dass der Sachverhalt in dem anderen Steuerbescheid dann auch tatsächlich berücksichtigt wird.
Normenkette
EStG 1990 § 17 Abs. 1-2, 4; AO § 39 Abs. 1, 2 Nr. 1 S. 2, § 351 Abs. 1, § 174 Abs. 3; GmbHG § 15 Abs. 4, § 46
Tenor
1. Unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 1992 vom 3. Dezember 2002 und der hierzu erlassenen Einspruchsentscheidung vom 6. Oktober 2003 wird die Einkommensteuer 1992 auf 0 festgesetzt;
unter Änderung des Bescheids vom 31. Januar 1997 und Aufhebung des Bescheids vom 3. Dezember 2002 und der hierzu erlassenen Einspruchsentscheidung vom 6. Oktober 2003 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1992 wird der verbleibende Verlustabzug zum 31.12.1992 in Höhe von 1.483.137 DM festgestellt;
unter Änderung des Einkommensteuerbescheids 1993 vom 3. Dezember 2002 und der hierzu erlassenen Einspruchsentscheidung vom 6. Oktober 2003 wird die Einkommensteuer 1993 auf 0 festgesetzt;
unter Änderung des Bescheids vom 26. November 1996 und Aufhebung des Bescheids vom 3. Dezember 2002 und der hierzu erlassenen Einspruchsentscheidung vom 6. Oktober 2003 über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zur Einkommensteuer zum 31.12.1993 wird der verbleibende Verlustabzug zum 31.12.1993 in Höhe von 1.332.976 DM festgestellt.
2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Das Urteil ist im Kostenpunkt vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrags.
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger im Jahr 1992 aus der Veräußerung einer GmbH-Beteiligung ein Verlust nach § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) zuzurechnen ist.
Der Kläger ist und erzielt aus dieser Tätigkeit Einkünfte aus selbständiger Arbeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG. Mit notariellem Vertrag vom 19. Oktober 1990 gründete er zusammen mit Herrn Werner H die H-GmbH. Der Kläger übernahm 70 %, Herr H 30 % des Stammkapitals von 50.000 DM. Gegenstand des Unternehmens war der Betrieb eines Möbelmarktes in F. Im Jahr 1991 plante die H-GmbH eine Zweigstelle in K und bestellte im Hinblick auf eine von der B-Bank erklärte Finanzierungszusage Möbel im Wert von ca. 1,5 Millionen DM. Nachdem das Projekt in K wegen Asbestverseuchung der angemieteten Lagerhalle nicht in der geplanten Form realisiert werden konnte, kam die H-GmbH wegen der bereits bestellten Möbel in Zahlungsschwieri...