Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1988
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens tragen die Kläger.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob ein Steuerbescheid nichtig ist.
Die Kläger (Kl) sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Der Kl ist nichtselbständig tätiger Bauingenieur, die Klägerin Hausfrau. In der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kl einen Verlust aus Gewerbebetrieb in Höhe von 8.244 DM aus der Vermietung ihres Wohnmobils geltend. Sie bezeichneten diesen Betrieb als Kfz-Verleih.
Im Einkommensteuerbescheid 1988 vom 29.5.1990 (Einkommensteuer: 1.764 DM) wurden die Einkünfte wie erklärt veranlagt. In den Erläuterungen dieses Bescheids ist folgender Vermerk ausgewiesen: „Dieser Bescheid ist vorläufig hinsichtlich der Einkünfte aus Gewerbebetrieb bis zur Feststellung eines steuerlichen Totalgewinns”.
Mit Einkommensteuerbescheid 1988 vom 29.11.1991 wurde die Steuer auf 3.594 DM heraufgesetzt. Unter der Bezeichnung „Art der Steuerfestsetzung” ist folgender Satz abgedruckt: „Dieser Bescheid ist nach § 165 Abs. 2 Satz 1 AO geändert und nach § 165 Abs. 1 AO teilweise vorläufig”. Die Einkünfte aus Gewerbebetrieb sind in diesem Bescheid mit „0” DM (bisher: ./. 8.244 DM) berücksichtigt. In den Erläuterungen ist vermerkt, daß dieser Bescheid den Bescheid vom 29.5.1991 ändere und daß er nunmehr hinsichtlich der Höhe der Kinderfreibeträge und des Grundfreibetrags vorläufig sei.
Mit Schreiben vom 9.1.1992 teilte der Steuerberater der Kl dem Beklagten (Finanzamt – FA–) mit, daß der Bescheid vom 29.11.1991 jeder Rechtsgrundlage entbehre. Der Einkommensteuerbescheid für das Streitjahr sei bereits am 29.5.1990 ergangen. Darin sei weder ein Vorbehalt der Nachprüfung noch ein Vorläufigkeitsvermerk enthalten. Unter Hinweis auf die Unwirksamkeit des Bescheids vom 29.11.1991 sandte der Steuerberater das Orginal dieses Bescheids wieder an das FA zurück. Außerdem teilte er dem FA telefonisch mit, daß das Schreiben vom 9.1.1992 deshalb keinen Einspruch darstelle, weil der Bescheid vom 29.11.1991 keine Wirkung entfalte. Wirksam wäre dieser Bescheid nur dann gewesen, wenn der Bescheid vom 29.5.1990 einen Verläufigkeitsvermerk enthalten hätte. Nur dann hätte er nach § 165 Abs. 2 Abgabenordnung (AO) geändert werden können. Einen Vorläufigkeitsvermerk hätte das FA auf Seite 1 des Bescheids anbringen müssen. Ausführungen in den Erläuterungen könnten den fehlenden Vorläufigkeitsvermerk nicht ersetzen. Erläuterungen hätten nur erklärenden Charakter. Aus diesem Grund sei der Änderungsbescheid vom 29.11.1991 als nicht existent anzusehen und folglich auch nicht mit Einspruch angreifbar gewesen.
Nachdem das FA mit Schreiben vom 11.5.1992 mitgeteilt hatte, daß der Bescheid vom 29.11.1991 bestandskräftig, aber nicht nichtig sei und diesem Schreiben eine Rechtsbehelfsbelehrung beigefügt hatte, legten die Kl mit Schreiben vom 20.5.1992 dagegen Einspruch ein. In der Einspruchsentscheidung (EE) vom 21.7.1992 wurde das Schreiben des FA vom 11.5.1992 als Ablehnungsbescheid hinsichtlich eines Antrags der Kl auf Feststellung der Nichtigkeit des Einkommensteuerbescheids 1988 vom 29.11.1991 nach § 125 AO gesehen und der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen. Als Begründung wurde angeführt, daß im Einkommensteuerbescheid vom 29.5.1990 der Grund und Umfang der Vorläufigkeit gem. § 165 Abs. 1 AO hinreichend bestimmt gewesen sei, so daß auch eine Änderung dieses Bescheids gem. § 165 Abs. 2 AO in rechtmäßiger Weise habe erfolgen können. Im übrigen wurden in der EE die Höhe der Kinderfreibeträge und des Grundfreibetrags erneut für vorläufig erklärt.
Mit der Klage wird vorgetragen, daß der Einkommensteuerbescheid vom 29.5.1990 bestandskräftig geworden sei und daher nicht durch einen zweiten Bescheid habe ersetzt werden können. Die Bestandskraft ergebe sich aus dem Umstand, daß der Bescheid keine Nebenbestimmung i. S. des § 120 AO enthalte. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf die Klageschrift vom 17.8.1992 Bezug genommen.
Die Kl beantragen,
den Einkommensteuerbescheid 1988 vom 29.11.1991 in Gestalt der EE vom 21.7.1992 aufzuheben, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist es auf die Ausführungen in der EE.
Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist zulässig, aber nicht begründet.
1. Da die Kl mit der Klage ausdrücklich die Feststellung der Nichtigkeit des Einkommensteuerbescheids 1988 vom 29.11.1991 begehren, handelt es sich um eine Feststellungsklage i.S. des § 41 Abs. 1 Finanzgerichtsordnung (FGO). Eine derartige Klage bedarf für ihre Zulässigkeit keines Vorverfahrens. Zwar wäre gegen die im Schreiben des FA vom 11.5.1992 ausgesprochene und in der EE bestätigte Ablehnung des Antrags auf Feststellung der Nichtigkeit des Einkommensteuerbescheids vom 29.11.1991 möglicherweise eine Verpflichtungsklage gegeben (vgl. Tipke-Kruse, Kommentar ...