rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Vorsteuerberichtigung bei Organträger nach Insolvenz der Organgesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
1. Beantragt die Organgesellschaft die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen wegen drohender Zahlungsunfähigkeit, tritt die Uneinbringlichkeit der Verbindlichkeiten i. S. d. § 17 Abs. 2 Nr. 1 i. V. m. § 17 Abs. 1 S. 2 UStG 2005 bereits mit der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens ein.
2. Endet die wirtschaftliche Eingliederung der Organgesellschaft in das Unternehmen des Organträgers und damit die umsatzsteuerliche Organschaft erst nach bzw. gleichzeitig mit der Uneinbringlichkeit der Verbindlichkeiten, richtet sich der in Folge der Uneinbringlichkeit der Verbindlichkeiten entstehende Vorsteuerrückforderungsanspruch gegen den Organträger (hier: Beendigung der wirtschaftlichen Eingliederung durch Einstellung der Geschäftstätigkeit der Organgesellschaft und durch Kündigung des Mietvertrags über die Geschäftsräume der Organgesellschaft im Zeitpunkt der Stellung des Antrags auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens).
Normenkette
UStG 2005 § 17 Abs. 1 S. 2, Abs. 2 Nr. 1, § 2 Abs. 2 Nr. 2, § 15 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; InsO § 17
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt-FA) gegenüber der Klägerin zu Recht eine Vorsteuerberichtigung für das Streitjahr vorgenommen hat.
Die Klägerin (Erbengemeinschaft L, bestehend aus HL und deren Kinder T und S L) erzielte steuerpflichtige Umsätze aus der Verpachtung der Geschäftsräume in X an die L-GmbH. Die Klägerin war alleiniger Gesellschafter der L-GmbH. Frau HL war alleinvertretungsberechtigte Geschäftsführerin der L-GmbH.
Auf eigenen Antrag der L-GmbH vom 31. Januar 2005 wurde mit Beschluss des Amtsgerichts vom 7. April 2005 das Insolvenzverfahren über deren Vermögen eröffnet und ein Insolvenzverwalter bestellt. Der Geschäftsbetrieb wurde mit der Antragstellung eingestellt und der Mietvertrag über die Geschäftsräume fristlos gekündigt. Lt. der Vermögensübersicht im Gutachten des Insolvenzverwalters vom 20. Mai 2005 bestanden offene Forderungen gegen die L-GmbH aus Lieferungen und Leistungen in Höhe von 228.452,61 EUR.
Das FA setzte deshalb mit Steuerbescheid vom 29. Juli 2005 gegenüber der Klägerin als Organträger nach Beendigung der Organschaft Umsatzsteuer i.H.v. 36.552,41 EUR (= 228.452,61 EUR × 16 %) fest, weil über das Vermögen der L-GmbH (Organgesellschaft) am 7. April 2005 das Insolvenzverfahren eröffnet worden sei und die gegen die Organgesellschaft gerichteten Forderungen damit uneinbringlich geworden seien, so dass in Höhe der Verbindlichkeiten eine Vorsteuerberichtigung zu erfolgen habe.
Den Antrag vom 12. Januar 2006 auf Aufhebung dieses Steuerbescheids lehnte das FA mit Bescheid vom 13. Dezember 2006 ab. Auf den dagegen eingelegten Einspruch hin setzte das FA die Umsatzsteuerschuld mit Änderungsbescheid vom 12. April 2007 auf 31.510,70 EUR herab, weil die Umsatzsteuer von 16 % aus dem Bruttobetrag von 228.452,61 EUR herauszurechnen sei. Im Übrigen wies es den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 18. April 2007 als unbegründet zurück.
Mit der hiergegen erhobenen Klage bringt die Klägerin im Wesentlichen Folgendes vor: Zwischen der Erbengemeinschaft und der L-GmbH habe mangels Personenidentität in den Leitungsgremien keine Organschaft bestanden. Frau HL sei, neben ihren Kindern, an der Erbengemeinschaft nur zu 50 % beteiligt. Selbst wenn eine umsatzsteuerliche Organschaft bestanden hätte, dann wäre diese schon mit dem Eintritt der strafrechtlich relevanten Krise der L-GmbH beendet gewesen. Dies sei bereits vor dem 31. Dezember 2004 der Fall gewesen, weil bereits vor diesem Zeitpunkt wegen drohender Zahlungsunfähigkeit der L-GmbH die Voraussetzungen des § 283 StGB (Bankrott) vorgelegen hätten. Der Vorsteuerrückforderungsanspruch des FA wegen Uneinbringlichkeit der Forderungen gegen die L-GmbH sei deshalb erst nach Beendigung der Organschaft entstanden und sei somit eine Insolvenzforderung.
Die Klägerin beantragt,
den Verwaltungsakt vom 13. Dezember 2006 und den Umsatzsteuerbescheid vom 29. Juli 2005 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 12. April 2007 sowie die Einspruchsentscheidung vom 18. April 2007 aufzuheben.
Das FA beantragt, die Klage abzuweisen.
Es nimmt auf seine Ausführungen in der Einspruchsentscheidung und das Urteil des Bundesfinanzhofs (BFH) vom 1. April 2004 V R 24/03 Bezug, wonach die steuerlichen Konsequenzen aus der Organschaft bis zur Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Organgesellschaft durch den Organträger zu tragen seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Akte des FA und die von den Beteiligten eingereichten Schriftsätze sowie die Niederschrift über die mündliche Verhandlung verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
Das FA hat den Antrag der Klägerin auf Aufhebung des Steuerbescheids vom 29...