Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufsausbildung durch Fernlehrgang „Web-Designer”
Leitsatz (redaktionell)
1. Werden in einem Fernlehrgang „Web-Designer” Kenntnisse und Fähigkeiten zur Planung und Erstellung von professionellen Webseiten in einem staatlich geprüften und zugelassenen Kurs vermittelt und der Erwerb eines Abschlusszertifikats angestrebt, das in der Berufswelt als Befähigungsnachweis genutzt werden kann, liegt eine Berufsausbildung im kindergeldrechtlichen Sinne vor, wenn sich das volljährige Kind ernsthaft und nachhaltig auf das angestrebte Ausbildungsziel vorbereitet.
2. Wurde in einem Zeitraum von über einem Jahr nur eine einzige Aufgabe an das Institut eingesandt, das den Fernlehrgang durchführt, und wurde der grundsätzlich berufsbegleitend angelegte Kurs nicht in der vorgesehen Regeldauer absolviert, so spricht das dafür, dass das Ausbildungsverhältnis in diesem Zeitraum nur formal bestand, tatsächlich aber nicht ernsthaft durchgeführt wurde bzw. unterbrochen war.
3. Da der Kindergeldberechtigte die Feststellungslast für das Vorliegen der Voraussetzungen eines Kindergeldanspruchs trägt, geht es zu seinen Lasten, wenn er nicht den Nachweis erbringt, dass sich das volljährige Kind tatsächlich in Berufsausbildung befunden hat.
Normenkette
EstG § 32 Abs. 4 S. 1 Nr. 2 Buchst. a; EStG § 63 Abs. 1 Nr. 1
Tenor
1. Der Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 04.05.2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30.01.2007 wird insoweit aufgehoben als hierin die Kindergeldfestsetzung für den Monat Juni 2004 aufgehoben und das Kindergeld in Höhe von 154 EUR zurückgefordert wird.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Kosten des Verfahrens tragen die Klägerin zu 12/13 und die Beklagte zu 1/13.
4. Das Urteil ist im Kostenpunkt für die Klägerin vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte darf durch Sicherheitsleistung in Höhe der zu erstattenden Kosten der Klägerin die Vollstreckung abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in derselben Höhe leistet.
Tatbestand
Streitig ist, ob sich ein Kind in einer Ausbildung befand und deshalb für dieses Kind ein Kindergeldanspruch besteht.
I.
Die Klägerin (Klin) ist die Mutter der am … 1981 geborenen I. Nachdem I im Studiengang Informatik wegen nicht innerhalb der vorgeschriebenen Zeit abgelegter Diplomvorprüfung von der Fachhochschule am 31. August 2003 exmatrikuliert wurde, nahm sie ab 12. Dezember 2003 am Fernlehrgang Web-Designerin des Fernlehrinstituts X teil.
Der Beklagte (die Familienkasse –FK–) forderte die Klin mit Schreiben vom 19. Oktober 2005 auf, mitzuteilen, wie hoch der wöchentliche Zeitaufwand für das Fernstudium sei, und Nachweise über bisher abgelegte Prüfungen einzureichen. Die Klin teilte daraufhin mit Schreiben vom 22. Dezember 2005 mit, dass das Studium täglich ca. 4 -5 Stunden in Anspruch nehme und I ein Abschlusszertifikat erst im März 2006 erhalte. Mit Bescheid vom 04. Mai 2006 hob die FK die Kindergeldfestsetzung ab September 2003 auf und forderte das bereits ausgezahlte Kindergeld für den Zeitraum von September 2003 bis Juli 2005 in Höhe von 3.542 EUR von der Klin zurück. Auf den hiergegen gerichteten Einspruch hob die FK den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid hinsichtlich der Monate September 2003 bis Mai 2004 auf. Im Übrigen wies sie den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 30. Januar 2007 als unbegründet zurück.
Hiergegen richtet sich die am 08. März 2007 bei Gericht eingegangene Klage. Zu deren Begründung wird im Wesentlichen Folgendes geltend gemacht: Aus den von der Klin vorgelegten Belegen ergebe sich, dass es sich bei dem Fernlehrgang um eine Ausbildung handle. I habe in den Jahren 2004 und 2006 laufend Arbeiten abgegeben. Für bestimmte Ausbildungsabschnitte seien keine Aufgaben vorgesehen gewesen.
Die Klin beantragt,
den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 04. Mai 2006 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 30. Januar 2007 insoweit aufzuheben als hierin die Kindergeldfestsetzung für den Zeitraum Juni 2004 bis Juni 2005 aufgehoben und das Kindergeld in Höhe von 2.002 EUR zurückgefordert wird.
Die FK beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie darauf, dass I nur bis zum 18. Mai 2004 und dann erst wieder im März 2006 Aufgaben bei X eingereicht habe. Zudem habe X laut Schreiben vom 13. März 2006 die Betreuungszeit verlängert, da I den Lehrgang nicht wie geplant habe verfolgen können.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf die Schriftsätze der Klin vom 06. März 2007, 27. April 2007 und 06. November 2007 sowie der FK vom 15. Juni 2007, 10. Oktober 2007 Bezug genommen.
Mit Einverständnis der Beteiligten entscheidet der Senat ohne mündliche Verhandlung (§ 90 Abs. 2 FGO).
II.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig aber nur zum Teil begründet.
1. Die Klage ist zulässig. Insbesondere wurde die Klagefrist nicht versäumt. Gemäß § 47 Abs. 1 S. 1 FGO beträgt die Frist für die Erhebung der Anfechtungsklage einen Monat ab Bekanntgabe der Einspruchsentscheidung. Gemäß § 122 Abs. 2 Nr. 1 Ab...