Entscheidungsstichwort (Thema)
Kirchensteuer 1995, 1996
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens werden dem Kläger auf erlegt.
Tatbestand
(Kurzurteil gem. § 105 Abs. 5 der Finanzgerichtsordnung – FGO–)
I.
Der Kläger ist Partner einer glaubensverschiedenen Ehe, d.h. er gehört der … (ev) Kirche in Bayern an, seine Ehefrau ist konfessionslos. Sie wurden 1995 und 1996 zur Einkommensteuer (ESt) zusammenveranlagt.
Für die Streitjahre 1995 und 1996 wurde der Kläger vom Beklagten (dem Evangelisch-Lutherischen Kirchensteueramt –KiStA–) gem. Art. 9 Abs. 2 Nr. 2 i.V.m. Abs. 1 Nr. 2 Satz 2 des Bayerischen Kirchensteuergesetzes (KirchStG) in der ab 1.1.1995 geltenden Fassung nach den für eine glaubensverschiedene Ehe geltenden Grundsätzen zur Kirchensteuer (KiSt) veranlagt. Dies bedeutet, daß der Kläger in den Bescheiden 1995 vom 12.8.1996 und 1996 vom 14.10.1997 nach dem Verhältnis der von ihm erzielten Einkünfte zu denjenigen seiner Ehefrau zur KiSt herangezogen wurde. Dabei entfielen auf ihn 100 % der Gesamteinkünfte und eine KiSt von 4.286 DM für 1995 und 3.658,53 DM für 1996.
Die Einsprüche, mit denen der Kläger beantragte, ihn nach dem sog. Halbteilungsgrundsatz zu besteuern, blieben erfolglos (s. die Einspruchsentscheidung – EE– vom 20.2.1998, Bl. 4–6 FG-Akte).
Seiner Klage vom 18.3.1998 fügt der Kläger ein Schreiben seiner Ehefrau vom 17.3.1998 bei (Bl. 3 FG-Akte), in dem diese sich gegen die angebliche Beeinträchtigung ihres Anteils am Familieneinkommen durch die vorgenommene Besteuerung verwahrt. Im Schriftsatz vom 26.4.1998 setzt sich der Kläger kritisch mit drei Argumenten der EE auseinander. Darauf wird verwiesen (Bl. 15–20 FG-Akte).
Er beantragt,
unter Aufhebung der EE vom 20.2.1998 die KiSt-Bescheide 1995 vom 20.8.1996 und 1996 vom 14.10.1997 dahingehend zu ändern, daß die KiSt 1995 um 1.964,82 DM und 1996 um 1.829,26 DM herabgesetzt werden; hilfsweise, das Verfahren auszusetzen und gem. Art. 100 des Grundgesetzes (GG) die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) einzuholen.
Das KiStA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es tritt im Schriftsatz vom 22.6.1998 der Argumentation des Klägers entgegen.
Entscheidungsgründe
II.
Die Klage ist unbegründet.
Die angegriffenen KiSt-Bescheide 1995 und 1996 sind nicht zu beanstanden.
Die Neuregelung des Art. 9 Abs. 2 Nr. 2 KirchStG (insoweit übereinstimmend mit der Vorgängerregelung des Art. 9 Abs. 2 Nr. 2 KirchStG a.F.) erfüllt alle Vorgaben des BVerfG in seinem Grundsatzurteil vom 14.12.1965 – 1 BvR 606/60 (BVerfGE 19, 268 = BStBl I 1966, 196). Dort führt das BVerfG aus, daß die KiSt durchaus an den ungeschmälerten Einkünften des Kirchenmitglieds anknüpfen kann. Sie darf nur nicht den Halbteilungsgrundsatz anwenden, wenn das Mitglied überhaupt keine Einkünfte erzielt hat, weil dies einen Übergriff in die Rechtssphäre des konfessionslosen Ehepartners bedeuten würde. Daraus darf aber nicht der Schluß gezogen werden, daß der Gesetzgeber bei glaubensverschiedener Ehe den Halbteilungsgrundsatz gegenüber dem Kirchenmitglied anwenden muß.
Von einer Verletzung der Religionsfreiheit oder gar einer Diskriminierung des oder der Konfessionslosen kann daher vorliegend keine Rede sein.
Im übrigen sieht der Berichterstatter von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe ab und nimmt auf die Gründe der EE (S. 2–5) Bezug. Ferner verweist er auf das Urteil des Bundesfinanzhofs vom 8.4.1997 I R 68/96 (BFHE 183, 107, BStBl II 1997, 545), welches die Vorentscheidung des Finanzgerichts (FG) München vom 15.7.1996 – 13 K 1392/96 (Entscheidungen der Finanzgerichte – EFG– 1996, 1178) bestätigt.
Die Ausführungen des Klägers rechtfertigen kein anderes Ergebnis: Insbesondere geht der Einwand fehl, die KiSt-Festsetzungen berührten den auf die Ehefrau entfallenden Teil des Familieneinkommens. Vielmehr wird dem Mitglied „zugemutet”, die volle KiSt aus seinem Anteil zu entrichten, wobei hinsichtlich der Bemessungsgrundlage auf das von ihm allein erzielte Einkommen abgestellt wird. Dies ist eine Konsequenz des auch vom BVerfG gebilligten Individualisierungsprinzips, Folge dieses Grundsatzes ist es dann auch, daß der einkommenslose Ehepartner keine KiSt entrichten muß, wenn der Alleinverdiener aus einer der Kirchen ausgetreten ist.
Im übrigen wird dem Gedanken des Familieneinkommens dadurch ausreichend Rechnung getragen, daß der kirchenangehörige Alleinverdiener in einer glaubensverschiedenen Ehe infolge des auf die KiSt durchschlagenden Splittingvorteils erheblich weniger KiSt zu zahlen hat als ein in vergleichbaren Einkunftsverhältnissen lebender Lediger. Außerdem steht ihm, und nicht seiner Frau, insoweit der volle Sonderausgabenabzug zu. Hingegen würde er gegenüber dem Ledigen in einer nicht mehr vertretbaren Weise privilegiert, wenn der Halbteilungsgrundsatz auf ihn Anwendung fände. Dies hat das FG in EFG 1996, 1978 anhand von Modellrechnungen nachgewiesen. Anstatt sich damit im einzelnen auseinanderzusetzen, stellt der Kläger die unzutreffende Behauptung auf, der Gesetzgeber ha...