Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkünftebegriff i.S.d. § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG
Leitsatz (redaktionell)
Bei der Ermittlung des Grenzbetrages i.S. des § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG ist der Begriff der eigenen Einkünfte und Bezüge eines Kindes verfassungskonform dahingehend auszulegen, dass die Einkünfte i.S. von § 2 Abs. 2 EStG maßgebend sind und nicht das zu versteuernde Einkommen i.S. von § 2 Abs. 5 EStG (Entgegen dem Urteil des Niedersächsischen FG vom 20.7.1999 VII 471/98 Ki, EFG 1999, 1137).
Normenkette
EStG § 32 Abs. 4 S. 2, § 2 Abs. 2, 5
Gründe
I.
Streitig ist. ob dem Kläger für seine Tochter K… (geb. am …) für den Zeitraum Januar bis Juli 1996 sowie ab November 1996 Kindergeld zusteht.
K… hatte sich bereits nach ihrem Abitur um einen Studienplatz für Tiermedizin beworben. Da sie diesen zunächst nicht erhielt, begann sie eine Ausbildung zur Arzthelferin (Humanmedizin). Nach Abschluß der Ausbildung am 19. Juli 1996 arbeitete sie bis 31. Oktober 1996 bei ihrem ausbildenden Arzt weiter. Zum 1. November 1996 erhielt sie schließlich den begehrten Studienplatz und nahm ihr Studium auf. Lt. Einkommensteuerbescheid der Tochter für 1996 hatte K… nichtselbständige Einnahmen i. H. v. 19.586 DM. Nach Angabe des Klägers erzielte K… im Jahr 1996 den folgenden Arbeitslohn:
1. Januar bis 31. Juli 1996 (= 7 × 999 DM): |
6.993 DM |
1. August bis 31. Oktober 1996: |
13.980 DM |
1. November bis 31. Dezember 1996: |
0 DM |
Summe: |
20.973 DM |
Für die Monate Januar bis August 1996 hatte der Kläger für seine Tochter ein monatliches Kindergeld von 200 DM erhalten. Mit Bescheid vom 13. Juni 1997 hob der Beklagte das festgesetzte Kindergeld für diesen Zeitraum nach § 70 Abs. 2 des Einkommensteuergesetzes (EStG) auf und forderte 1.600 DM Kindergeld zurück. Zur Begründung führte er aus, daß die Tochter K… im Kalenderjahr 1996 Einkünfte über 12.000 DM erzielt habe.
Das hiergegen durchgeführte Einspruchsverfahren blieb erfolglos (vgl. Einspruchsentscheidung vom 22. Oktober 1997).
Mit der vorliegenden Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter. Zur Begründung trägt er vor, daß der Beklagte den Zeitraum zwischen dem Ende der Ausbildung zur Arzthelferin und dem Beginn des Studiums zu Unrecht als Übergangszeit im Sinne des § 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG ansehe. Es handele sich bei der Ausbildung zur Arzthelferin und dem Studium der Tiermedizin um zwei getrennte Berufsausbildungen und nicht um zwei Ausbildungsabschnitte. Ausbildungsabschnitte im Sinne der genannten Vorschrift könnten nur vorliegen, wenn beide Ausbildungsblöcke zum gleichen Ausbildungsabschluß führten. Dies sei vorliegend unstreitig nicht der Fall. Die in der Übergangszeit erzielten Einkünfte der Tochter dürften daher nicht auf das Jahreseinkommen nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG angerechnet werden.
Der Kläger beantragt, den Aufhebungs- und Rückforderungsbescheid vom 13. Juni 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 22 Oktober 1997 für den Zeitraum Januar bis Juli 1996 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm für die Tochter Karen ab November 1996 Kindergeld zu gewähren.
Der Beklagte beantragt Klageabweisung.
Er beruft sich zur Begründung im wesentlichen auf die Einspruchsentscheidung.
Die Beteiligten haben auf mündliche Verhandlung verzichtet (§ 90 Abs. 2 der Finanzgerichtsordnung –FGO–).
II.
Die Klage hat keinen Erfolg.
1. Hinsichtlich des beantragten Kindergelds für die Monate November und Dezember 1996 fehlt es an einem Vorverfahren, da der Beklagte im angefochtenen Bescheid vom 13. Juni 1997 lediglich die Festsetzung von Kindergeld für die Monate Januar bis August 1996 aufgehoben, für die Zukunft aber keine Entscheidung getroffen hat. Insoweit ist die Klage daher unzulässig (§ 44 Abs. 1 FGO).
2. Hinsichtlich des Aufhebungs- und Rückforderungsbescheids für die Monate Januar bis August 1996 ist die Klage nicht begründet. Dem Kläger steht das beantragte Kindergeld für seine Tochter K… nicht zu.
Ein Steuerpflichtiger erhält Kindergeld für ein Kind, das – wie die Tochter K… des Klägers im Begünstigungszeitraum – das 18., aber noch nicht das 27. Lebensjahr vollendet hat, u. a. dann, wenn es für einen Beruf ausgebildet wird (§§ 62 Abs. 1 und 63 Abs. 1 EStG i.V.m. § 32 Abs. 1 und Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 a EStG) oder sich in einer Übergangszeit zwischen zwei Ausbildungsabschnitten von höchstens vier Monaten befindet (§ 32 Abs. 4 Satz 1 Nr. 2 b EStG). Nach § 32 Abs. 4 Satz 2 EStG wird ein Kind in diesem Falle aber nur berücksichtigt, wenn es Einkünfte und Bezüge, die zur Bestreitung des Unterhalts oder der Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, von nicht mehr als 12.000 DM im Kalenderjahr hat. Für jeden Kalendermonat, in dem die Voraussetzung für die Berücksichtigung nach Abs. 4 Satz 1 Nr. 1 oder 2 nicht vorliegen, ermäßigt sich der Betrag von 12.000 DM um ein Zwölftel (§ 32 Abs. 4 Satz 4 EStG). Einkünfte und Bezüge des Kindes, die auf diese Kalendermonate entfallen, bleiben außer Ansatz (§ 32 Abs. 4 Satz 5 EStG).
Im Streitfall erzielte die Tochter Karen im Kalenderjahr 1996 lt. Steuerbescheid ...