rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
„Die Verweigerung des Splittingtarifs für in der BRD tätige türkische Arbeitnehmer, deren Ehegatten in der Türkei leben, ist nicht gemeinschaftswidrig”. Einkommensteuer 1996
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger (Kl), ein türkischer Staatsangehöriger, erzielt als Angestellter Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. In seiner Einkommensteuer (ESt)-Erklärung für 1996 beantragt er, mit seiner in der Türkei lebenden Ehefrau (E.), zur Einkommensteuer zusammenveranlagt zu werden.
Gegen den Einkommensteuerbescheid für 1996, in dem der Beklagte (das Finanzamt –FA–) der Berechnung der Einkommensteuer die Grundtabelle zugrunde legte, legte er Einspruch ein und beantragte unter Bezugnahme auf die Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) vom 27.06.1996 – Rs. C-107/94 (Rechtssache Asscher) die Anwendung der Splittingtabelle. Der Einspruch blieb erfolglos. Auf die Einspruchsentscheidung vom 18.08.1997 wird Bezug genommen.
Mit seiner Klage macht der Kl weiterhin geltend, nach der Entscheidung des EuGH in Sachen Asscher müßten Staatsangehörige aus Staaten, mit denen Assoziationsverträge abgeschlossen seien, als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt werden. Assoziationsverträge mit Diskriminierungsverboten zugunsten der Arbeitnehmer bestünden derzeit mit Algerien, Marokko, Tunesien und der Türkei. Aufgrund der Diskriminierung der türkischen Arbeitnehmer, deren Ehefrauen in der Türkei leben, verstoße das Einkommensteuergesetz gegen die Rechtsprechung des EuGH und gegen europäisches Recht. Türkische Arbeitnehmer würden trotz des vereinbarten Diskriminierungsverbotes gegenüber Arbeitnehmern aus EU-/EWR-Staaten steuerlich diskriminiert, da bei ihnen das Splittingverfahren ausgeschlossen werde. Auch Unterhaltsleistungen an die in der Türkei lebende Ehefrau könnten lediglich nach der Ländergruppeneinteilung mit 1/3 der Höchstbeträge zum Ansatz kommen.
Der Kl beantragt,
den Einkommensteuerbescheid 1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung dahingehend abzuändern, daß der Berechnung der Steuer die Splittingtabelle zugrundegelegt wird, hilfsweise, die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Es weist darauf hin, daß die Fiktion der unbeschränkten Steuerpflicht im Ausland wohnender Ehegatten gemäß § 1 a Abs. 1 Nr. 2 EStG nur auf Staatsangehörige aus EU- oder EWR-Staaten anwendbar sei.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unbegründet.
Das FA hat den Kl zu Recht nicht mit seiner in der Türkei lebenden Ehefrau zusammenveranlagt.
Die Zusammenveranlagung von Ehegatten setzt nach § 26 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) die unbeschränkte Steuerpflicht beider Ehegatten voraus.
E., die im Inland weder einen Wohnsitz noch ihren gewöhnlichen Aufenthaltsort hat (§ 1 Abs. 1 EStG), kann auch nicht auf Antrag nach § 1 a Abs. 1 Nr. 2 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelt werden. Die Anwendung des § 1 a Abs. 1 EStG ist beschränkt auf Staatsangehörige eines Mitgliedstaates der Europäischen Union oder eines Staates, auf den das Abkommen über den Europäischen Wirtschaftsraum (EWR) anwendbar ist. Türkische Staatsangehörige zählen nicht zu diesem Personenkreis.
Die Nichtanwendung dieser Vorschrift auf türkische Staatsangehörige verstößt nicht gegen Gemeinschaftsrecht.
Die durch das Jahressteuergesetz 1996 neugeschaffenen Regelungen des § 1 a EStG tragen der Entwicklung der Rechtsprechung des EuGH zur Besteuerung von Gemeinschaftsbürgern Rechnung. Der EuGH bejahte insoweit die Möglichkeit einer versteckten Diskriminierung von EU-Staatsbürgern durch Vorschriften des nationalen Einkommensteuerrechts, nach denen steuerliche Vergünstigungen Gebietsansässigen eines Mitgliedstaates vorbehalten werden. Ein entsprechendes Verbot leitete der EuGH aus der durch den EG-Vertrag garantierten Grundfreiheit der Freizügigkeit (Art. 48 EG-Vertrag) ab. Die Freizügigkeit umfasse nach Art. 48 Abs. 2 des Vertrages die Abschaffung jeder auf der Staatsangehörigkeit beruhenden unterschiedlichen Behandlung der Arbeitnehmer der Mitgliedstaaten, namentlich in Bezug auf die Entlohnung. Dieser Grundsatz der Gleichbehandlung auf dem Gebiet der Entlohnung werde seiner Wirkung beraubt, wenn er durch diskriminierende nationale Vorschriften über die Einkommensteuer beeinträchtigt werden könnte. Aus diesem Grund habe der Rat in Art. 7 seiner Verordnung (EWG) Nr. 1612/68 vom 15.10.1968 über die Freizügigkeit der Arbeitnehmer innerhalb der Gemeinschaft (Amtsblatt –ABl– L 257 Seite 2) vorgeschrieben, daß ein Arbeitnehmer, der Staatsangehöriger eines Mitgliedstaates ist, im Hoheitsgebiet der anderen Mitgliedstaaten die gleichen steuerlichen Vergünstigungen genieße wie die inländischen Arbeitnehmer (Urteile des EuGH i. S. Biehl vom 08.05.1990, Rs. C – 175/88, Slg. 1990, I – 779 RdNr. 12 und i. S. Schuhmacker vom 14.02.1995 Rs. C – 279/93, Slg. 1995, I-225).
Aus dem zwischen der Europäischen Gemeinschaft und ihren Mi...