Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Terminsgebühr bei telefonischer Klärung von Erledigung und Verteilung der Kosten auf die Beteiligten
Leitsatz (redaktionell)
1) Die einseitige (telefonische) Besprechung zwischen dem Bevollmächtigten eines Beteiligten und dem Gericht ist regelmäßig keine "Besprechung" i.S. des Termins-Gebührentatbestandes Nr. 3202 VV RVG, weil es dabei an der Mitwirkung des anderen Beteiligten fehlt.
2) Soweit zum Teil in der finanzgerichtlichen Rechtsprechung die Ansicht vertreten wird, dass auch wechselseitig zwischen dem Gericht/Berichterstatter und den Beteiligten geführte Telefonate die Terminsgebühr auslösen können, folgt das Gericht dem jedenfalls dann nicht, wenn das Gericht/der Berichterstatter selbst den Erledigungsvorschlag ausgearbeitet hat und dieser ohne weiteres Zutun von den Beteiligten in unabhängig voneinander geführten Telefonaten angenommen wird.
Normenkette
VV RVG Nr. 3202; RVG § 2 Abs. 2
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob dem Prozessbevollmächtigten eines Klägers nach einer Verfahrensbeendigung durch übereinstimmende Hauptsacheerledigungserklärungen im Rahmen der Festsetzung der Vergütung von Prozesskostenhilfe die Erstattung einer Terminsgebühr nach § 2 Abs. 2 des Rechtsanwaltsvergütungsgesetzes (RVG) i.V.m. lfd. Nr. 3202 des Vergütungsverzeichnisses (VV) zum RVG zusteht.
Der Kläger des inzwischen abgeschlossenen Verfahrens 4 K 908/11 Kg führte beim Finanzgericht Münster gegen die Familienkasse K-Stadt ein Klageverfahren betreffend Kindergeld. Prozessbevollmächtigter war der Erinnerungsgegner.
Der erkennende 4. Senat des Finanzgerichts Münster gewährte dem Kläger unter Beiordnung des Erinnerungsgegners mit Beschluss vom 23.02.2012 teilweise Prozesskostenhilfe und legte hierbei die verfahrens- und materiell-rechtlichen Erwägungen seiner Entscheidung ausführlich dar.
Im Hinblick auf die Ausführlichkeit der Beschlussgründe fragte der Berichterstatter bei den Beteiligten mit Schreiben vom 26.03.2012 an, ob auf Grundlage des Beschlusses über die (teilweise) Bewilligung von Prozesskostenhilfe eine einvernehmliche Beilegung des Rechtsstreits 4 K 908/11 Kg in Betracht komme.
Der Erinnerungsgegner stimmte mit Schreiben vom 10.05.2012 für den Kläger einer einvernehmlichen Streitbeilegung auf vorgenannter Basis zu, fragte aber zugleich nach der Kostenquote. Der Berichterstatter erklärte dem Erinnerungsgegner in einem Telefonat vom 14.05.2012, dass im Falle der übereinstimmenden Hauptsacheerledigungserklärung eine Kostenverteilung nach dem Verhältnis von Obsiegen und Unterliegen erfolgen würde (vgl. Telefonvermerk vom 14.05.2012, Bl. 86 der Prozessakte 4 K 908/11 Kg). Aufgrund eines weiteren Telefonats des Berichterstatters mit der Prozessbevollmächtigten der beklagten Familienkasse am 13.06.2012 verpflichtete sich diese, dem Klagebegehren nach Maßgabe des Beschlusses über die (teilweise) Bewilligung von Prozesskostenhilfe abzuhelfen (vgl. Telefonvermerk vom 13.06.2012, Bl. 91 der Prozessakte 4 K 908/11 Kg). Die übereinstimmenden Hauptsacheerledigungserklärungen erfolgten am 15. und 26.06.2012.
Der nach § 79 Abs. 1 Nr. 5 i.V.m. Abs. 4 der Finanzgerichtsordnung (FGO) insoweit zuständige Berichterstatter legte mit Beschluss vom 28.06.2012 die Kosten des Verfahrens für die Zeit bis zum 21.07.2011 zu 70 v.H. dem Kläger und der beklagten Familienkasse zu 30 v.H. sowie für die Zeit ab dem 22.07.2011 zu 85 v.H. dem Kläger und zu 15 v.H. der Familienkasse auf. Über die Kostenverteilung besteht kein Streit.
Mit Schreiben vom 02.07.2012 stellte der Erinnerungsgegner einen Antrag auf Kostenausgleich und beanspruchte hierbei neben der Erstattung einer Verfahrensgebühr (§ 2 Abs. 2 RVG i.V.m. lfd. Nr. 3200 VV RVG) auch die einer Terminsgebühr (lfd. Nr. 3202 VV RVG). Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des 4. Senats des Finanzgerichts Münster folgte dem Antrag und setzte dem Erinnerungsgegner gegenüber am 05.07.2012 die aus der Staatskasse zu gewährende Vergütung an Prozesskostenhilfe in Höhe von EUR 590,72 fest (§ 55 RVG).
Das Land Nordrhein-Westfalen hat – vertreten durch die Bezirksrevisorin des Finanzgerichts Münster – am 18.07.2012 nach § 56 Abs. 1 RVG Erinnerung gegen die Festsetzung vom 05.07.2012 eingelegt. Der Erinnerungsführer wendet sich gegen die Berücksichtigung einer Terminsgebühr nebst Umsatzsteuer und trägt hierzu im Wesentlichen Folgendes vor:
Zwar könne ausnahmsweise auch durch das Führen von Telefonaten des Gerichts mit den Beteiligten eine Terminsgebühr nach lfd. Nr. 3202 VV RVG entstehen. Voraussetzung hierfür sei allerdings, dass mit den Beteiligten sachverhaltsklärende oder rechtliche Probleme erörtert würden. Im Verfahren 4 K 908/11 Kg sei allerdings nur noch die Kostenquote telefonisch besprochen worden.
Der Erinnerungsführer beantragt (sinngemäß),
die Festsetzung der aus der Staatskasse zu zahlenden Vergütung an Prozesskostenhilfe für das Verfahren 4 K 908/11 Kg vom 05.07.2012 auf EUR 440,78 herabzusetzen.
Der Erinnerungsgegner beantragt,
die Erinnerung zurückzuweisen.
In den Telefona...