Entscheidungsstichwort (Thema)
Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen
Leitsatz (redaktionell)
Es ist zumindest ernstlich zweifelhaft, ob Scheidungskosten nach der ab VZ 2013 geltenden Rechtslage (§ 33 Abs. 2 Satz 4 EStG) als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden können.
Normenkette
EStG § 33 Abs. 2 S. 4
Tatbestand
I.
Streitig ist, ob Kosten im Zusammenhang mit einem Ehescheidungsprozess als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig sind.
Die Antragstellerin machte in ihrer Einkommensteuererklärung 2013 Scheidungskosten in Höhe von 7.509,77 Euro als außergewöhnliche Belastung gem. § 33 Abs. 2 Satz 4 Einkommensteuerbesetz (EStG) geltend. Die Aufwendungen setzen sich zusammen aus zwei Rechnungen der Rechtsanwälte … & Collegen aus … sowie einer Rechnung der Oberjustizkasse …. Auf diese Rechnungen wird Bezug genommen.
Im Einkommensteuerbescheid 2013 vom 06.02.2015 erkannte der Antragsgegner die Aufwendungen nicht als außergewöhnliche Belastungen an und setze die Einkommensteuer auf 1.915,00 Euro fest. Zu den Einzelheiten der Steuerfestsetzung wird auf den Bescheid vom 06.02.2015 verwiesen.
Hiergegen wendet sich die Antragstellerin mit ihrem Einspruch vom 11.02.2015, über den noch nicht entschieden wurde. Die Antragstellerin vertritt die Auffassung, dass Scheidungskosten auch nach der Einführung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG weiterhin als außergewöhnliche Belastungen zu berücksichtigen seien.
Mit Bescheid vom 03.03.2015 lehnte der Antragsgegner den Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ab. Hierzu führte er aus, zwar seien vor dem Bundesfinanzhof (BFH) zwei Revisionsverfahren zur Frage der Berücksichtigung der unmittelbar durch einen Scheidungsprozess verursachten Kosten als außergewöhnliche Belastungen anhängig (Aktenzeichen: VI R 66/14 und VI R 81/14). Aus Sicht der Verwaltung sei die Rechtslage jedoch eindeutig.
Mit ihrem Antrag vom 10.03.2015 begehrt die Antragstellerin nunmehr die gerichtliche Aussetzung der Vollziehung des angefochtenen Einkommensteuerbescheides 2013 in Höhe der sich bei einer Berücksichtigung der Scheidungskosten als außergewöhnliche Belastungen ergebenden Minderung der Steuerfestsetzung (820,00 Euro). Zur Begründung trägt die Antragstellerin vor, durch die Einführung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG habe die Berücksichtigung von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen auf die vor 2013 geltende Auffassung der Finanzverwaltung begrenzt werden sollen. Da ohne das Scheidungsverfahren eine Ehe nicht aufgelöst werden könne, seien ihre Aufwendungen zwangsläufig entstanden. Nach herrschender Meinung seien Ehescheidungskosten trotz der Neuregelung in § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG in dem ursprünglich von der Rechtsprechung anerkannten Umfang weiterhin als außergewöhnliche Belastungen abzugsfähig. Hierzu beruft sich die Antragstellerin unter anderem auf das Urteil des Finanzgerichts Rheinland-Pfalz vom 16.10.2014 (4 K 1976/14, EFG 2015, 39 n. rkr.; Rev. BFH VI R 66/14) und trägt die dort genannte Begründung vor.
Die Antragstellerin beantragt sinngemäß,
die Vollziehung des Einkommensteuerbescheides 2013 vom 06.02.2015 in Höhe von 820,00 Euro bis einen Monat nach Bekanntgabe der Entscheidung über den Einspruch vom 12.02.2015 gegen den vorgenannten Bescheid auszusetzen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Durch die Einführung des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG sei die Abzugsfähigkeit von Prozesskosten als außergewöhnliche Belastungen ab dem Veranlagungszeitraum 2013 neu geregelt worden. Damit sei die frühere Rechtsprechung des BFH zu den Scheidungskosten überholt. Eine Abzugsfähigkeit von Prozesskosten sei daher ab 2013 nur noch möglich, wenn die Voraussetzungen des § 33 Abs. 2 Satz 4 EStG vorlägen. Nur in dem extremen Ausnahmefall, wenn der Steuerpflichtige Gefahr laufe, seine Existenzgrundlage zu verlieren und seine lebensnotwendigen Bedürfnisse in dem üblichen Rahmen nicht mehr befriedigen zu können, sei ein Abzug von Prozesskosten überhaupt denkbar. Eine Aussetzung der Vollziehung komme auch vor dem Hintergrund der zur vorliegenden Rechtsfrage anhängigen Revisionsverfahren vor dem BFH (VI R 66/14 und VI R 81/14) nicht in Betracht, da die Rechtslage aus Sicht der Verwaltung eindeutig sei.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag ist zulässig und begründet.
Gemäß § 69 Abs. 3 i.V.m. Abs. 2 FGO kann das Gericht der Hauptsache die Vollziehung auf Antrag ganz oder zum Teil aussetzen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angefochtenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessens gebotene Härte zur Folge hätte. Ernstliche Zweifel im vorgenannten Sinne bestehen, soweit eine summarische Prüfung ergibt, dass neben für die Rechtmäßigkeit sprechenden Umständen gewichtige gegen die Rechtmäßigkeit sprechende Umstände zutage treten, die Unentschiedenheit oder Unsicherheit in der Beurteilung der Rechtsfragen oder Unklarheit in der Beurteilung der Tatfragen auslösen. Der Erfolg braucht jedoch nicht wahrscheinli...