Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1996 und Gewerbesteuermeßbetrag 1996
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Kläger.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Streitig ist die Verfassungsmäßigkeit des § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) in der Fassung des Jahressteuergesetzes 1996 (JStG) vom 11. Oktober 1995 (BGBl I 1995, 1250; BStBl I 1995, 438).
Der Kläger (Kl.) betreibt ein Fuhr- und Lohnunternehmen und bezieht daraus Einkünfte aus Gewerbebetrieb; er ermittelt den Gewinn durch Betriebsvermögensvergleich. Der Kl. wies in der Bilanz zum 31. Dezember 1996 einen von ihm auch privat genutzten Pkw vom Typ Mercedes-Benz 250 D aus. Diesen am 08. Januar 1991 bei einem Kilometerstand von ca. 10.000 zugelassenen Pkw hatte er am 04. April 1991 zum Preis von 50.600 DM (brutto) gebraucht gekauft. Der Listenpreis für ein Neufahrzeug gleicher Art. und Ausstattung betrug 52.383 DM. Wie in den Jahren davor belief sich die Gesamtfahrleistung des Pkw im Streitjahr 1996 auf 15.700 km. Davon entfielen ca. 2.200 km auf Privatfahrten des Kl. Der Kl. führte ein Fahrtenbuch i. S. d. § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 3 EStG nicht.
Die vom Kl. für das Streitjahr erklärten Einkünfte aus Gewerbebetrieb beliefen sich auf 73.826 DM. Der Kl. ermittelte den privaten Nutzungswert des Pkw mit 2.998 DM. Dabei handelt es sich um 50 v. H. der von ihm ermittelten Gesamtkosten des Pkw im Streitjahr i. H. v. 5.998 DM.
Der Beklagte (Finanzamt – FA –) folgte im ESt-Bescheid für das Streitjahr vom 18. April 1997 der vom Kl. erklärten Nutzungsentnahme für den Pkw nicht. Es setzte vielmehr entsprechend § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG den Nutzungswert mit 6.240 DM (= 1 v. H. von 52.000 DM) an und erhöhte den erklärten Gewinn um 3.555 DM auf 77.381 DM. Entsprechend setzte das FA auch im Gewerbesteuermeßbescheid für das Streitjahr vom 20. Mai 1997 den Gewinn aus Gewerbebetrieb fest. Der Kl. legte gegen die beiden Bescheide Einspruch ein. Er machte zum einen geltend, daß das FA die sog. Kostendeckelung auf den Betrag von 5.998 DM unberücksichtigt gelassen habe. Im übrigen dürfe zur Vermeidung einer Übermaßbesteuerung der sich aus der sog. 1%-Regelung ergebende Wert nur insoweit angesetzt werden, als er höchstens 50 v. H. der Gesamtkosten des Pkw ausmache.
Der Einspruch blieb im Ergebnis ohne Erfolg. Das FA vertrat aber in der Einspruchsentscheidung (EE) vom 11. September 1997 ebenfalls die Auffassung, daß der private Nutzungswert auf höchstens 100 v. H. der Gesamtkosten des Pkw, die das FA mit 6.223 DM annahm, zu begrenzen sei. Mangels steuerlicher Auswirkung sah das FA von einer Änderung der Bescheide zu Gunsten des Kl. ab. Wegen der Einzelheiten wird auf die EE Bezug genommen.
Mit seiner Klage begehrt der Kl. weiterhin, die Nutzungsentnahme auf 50 v. H. der Gesamtkosten des Pkw, die er nun ebenfalls mit 6.223 DM annimmt, zu beschränken. Er ist der Auffassung, daß die Pauschalierung der privaten Kfz-Nutzung nach § 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG gegen materielles Verfassungsrecht verstößt. Dazu trägt er im wesentlichen vor:
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG verstoße gegen das Prinzip der Besteuerung nach der Leistungsfähigkeit und der Gleichbehandlung. Dieser Verstoß lasse sich auch nicht damit rechtfertigen, daß Pauschalen grundsätzlich nicht jeden Fall präzise erfassen könnten und es sich um Sondertatbestände der Fälle handele, in denen Fahrzeuge zum Betriebsvermögen gehörten. Darüber hinaus führe die Regelung zu einer unsystematischen Überkompensation mit der Folge einer Übermaßbesteuerung. Insbesondere bei Fahrzeugen, die gebraucht erworben oder abgeschrieben seien, könne sich bei strenger Auslegung der gesetzlichen Regelung eine Gewinnkorrektur durch die Berücksichtigung der gesetzlich vorgeschriebenen Entnahmeregelung ergeben, die in einem größeren Umfang zu einer Gewinnerhöhung führe als die Summe der Kosten, die durch die betriebliche und private Fahrzeugnutzung konkret entstanden seien. Die Übermaßbesteuerung zwinge den Kl. dazu, für die private Mitbenutzung seines Pkw ein Fahrtenbuch zu führen. Damit unterstütze die Regelung, obwohl sie zur Vereinfachung habe beitragen sollen, den Nachweis im Einzelfall und wirke sich in der praktischen Anwendung kontraproduktiv aus. Durch überzogene Anforderungen werde es dem Kl. im übrigen unmöglich gemacht, die Nachweisvoraussetzungen für das korrekte Führen eines Fahrtenbuchs zu erbringen.
Auch die Finanzverwaltung habe die mit der Einführung der pauschalierten privaten Kfz-Nutzung entstandenen Probleme erkannt. Die Beschränkung der Nutzungsentnahme auf 100 v. H. der Gesamtkosten reiche jedoch zur Vermeidung einer unzutreffenden Besteuerung nicht aus.
Der Kl. beantragt,
für Einkommen- und Gewerbesteuerzwecke den Bilanzgewinn 1996 zur Festsetzung der Einkünfte aus Gewerbebetrieb auf 74.253 festzusetzen, hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen,
hilfsweise die Revision zuzulassen.
Das FA macht im wesentlichen geltend:
§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz 2 EStG sei verfassungs...