Entscheidungsstichwort (Thema)

Kein Kindergeld für einen polnischen Arbeitnehmer, der in Polen sozialversichert ist und in Polen ein Kind hat

 

Leitsatz (redaktionell)

Ein polnischer Arbeitnehmer, der nach Deutschland entsandt und in Polen sozialversichert ist (Art. 14 Nr. 1 Buchst. a VO (EWG) Nr. 1408/71), ist gem. Art. 13 Abs. 1 Satz 1 VO (EWG) Nr. 1408/71 ausschließlich in Polen berechtigt, Leistungen für den Kindesunterhalt zu empfangen, nicht aber in Deutschland.

 

Normenkette

VO (EWG) Nr. 1408/71 Art. 13 Abs. 1 S. 1; EStG § 62; VO (EWG) Nr. 1408/71 Art. 14 Nr. 1 Buchst. a

 

Tatbestand

Streitig ist die Festsetzung von Kindergeld für das Kind U von 1.5.2004 bis April 2008.

Der Kläger ist der Vater des am 12.1.1988 geborenen Kindes U. Dieses wohnte ebenso wie die Familie des Klägers im Streitzeitraum in Polen.

Durch Schreiben vom 15.3.2008, eingegangen bei der Beklagten am 18.3.2008, beantragte der Kläger die Gewährung laufenden Kindergeldes ab 1.5.2004, dem Beitritt Polens zur EU. Im Kindergeldantrag erklärte der Kläger, dass er nicht in Deutschland sondern in Polen bei ZUS sozialversichert sei, was auch in den vorgelegten Bescheinigungen des polnischen Arbeitgebers bestätigt wurde. Beschäftigt sei er, so der Kläger, bei diesem Arbeitgeber seit dem 25.8.2003.

Durch Bescheid vom 1.4.2008 lehnte die Beklagte die Kindergeldfestsetzung ab. Aus ihrer Sicht war hier der mit dem polnischen Arbeitgeber abgeschlossene Arbeitsvertrag sowie die Sozialversicherungspflicht in Polen maßgeblich dafür, dass ausschließlich polnisches Kindergeld festzusetzen sei.

Der Kläger legte am 10.4.2008 Einspruch ein. Der Einspruch wurde durch Entscheidung vom 16.4.2008 als unbegründet zurückgewiesen. Unter Hinweis auf die Geltung der Verordnung (EWG) Nr. 1408/71 und der Regelungen der Art. 13 bis 17 VO war die Beklagte der Ansicht, dass ein Anspruch auf deutsches Kindergeld zu Recht abgelehnt worden sei.

Der Kläger hat am 13.5.2008 Klage eingelegt. Er ist der Ansicht, dass er im gesamten Streitzeitraum unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen ist und schon deshalb das Kindergeld festzusetzen sei. Insoweit wird auf die eingereichten Einkommensteuerbescheide verwiesen. Auch liege bei einer Wohnsitznahme im Inland stets eine unbeschränkte Einkommensteuerpflicht vor.

Das Kind erfülle die nötigen Voraussetzungen für den beantragten Kindergeldbezug. So habe es in den Jahren 2004 bis 2007 die Schule besucht.

Die Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die Beklagte ist auch weiterhin der Ansicht, dass ein Kindergeldanspruch des Klägers im Streitzeitraum nicht gegeben sei. So sei weiterhin nicht nachgewiesen worden, dass der Kläger im Streitzeitraum unbeschränkt einkommensteuerpflichtig gewesen oder als solcher behandelt worden sei. Nach den vorliegenden Bescheinigungen sei der Kläger lediglich in den Zeiträumen vom 25.8.2003 bis 17.6.2005, 29.8.2005 bis 1.12.2006 und vom 19.2.2007 bis 18.2.2007, gemeint wohl 2008, in Betriebe im Inland entsandt worden. Bescheinigungen über die tatsächliche Beschäftigung im Inland fehlten. Außerdem liege eine Bescheinigung des polnischen Arbeitgebers vor, dass der Kläger vom 19.2.2007 bis zum 18.2.2008 als Bergarbeiter unter Tage zu einem Monatsgehalt von 39.317,38 PLN tätig gewesen sei.

Auch sei das Kind zumindest seit 2007 verheiratet gewesen. Das Datum der Eheschließung sei bislang nicht mitgeteilt worden. Die Ausbildung sei nach den vorliegenden Unterlagen bereits am 30.6.2007 beendet worden. Unabhängig von der Frage nach dem Vorliegen des § 62 Abs. 1 EStG sei somit in 2007 die Kindergeldberechtigung nicht zweifelsfrei nachgewiesen worden.

Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung durch den Berichterstatter anstelle des Senats einverstanden erklärt.

Die Klägerseite reichte für 2006 einen Einkommensteuerbescheid des Finanzamtes O und für 2008 die Vorderseite eines solchen des Finanzamtes C ein.

Mit Schreiben vom 1.4.2011 hat der Berichterstatter die Klägerseite aufgrund der bestehenden Unklarheiten ausdrücklich auf das Urteil des 1. Senats vom 14.12.2010 (1 K 4131/07 kg, EFG 2011, 718) hingewiesen.

Für die Klägerseite ist in der mündlichen Verhandlung am 7.10.2011 niemand erschienen. In der Klageschrift wird hinsichtlich der angekündigten Anträge ausdrücklich auf den am 18.3.2008 eingereichten Kindergeldantrag verwiesen. In diesem ist die Festsetzung von Kindergeld ab dem 1.5.2005 beantragt worden.

Hinsichtlich der weiteren Voraussetzungen wird auf die Gerichtsakte und die beigezogenen Verwaltungsvorgänge verwiesen.

 

Entscheidungsgründe

Die Entscheidung ergeht gemäß § 79a Abs. 3 FGO im Einverständnis der Beteiligten durch den Berichterstatter anstelle des Senats.

Die Klage ist unbegründet.

Der Kläger ist im Streitzeitraum nicht in der Bundesrepublik Deutschland kindergeldberechtigt. Die Vorschriften der §§ 62 ff. EStG sind hier nicht anzuwenden, da der Kläger im Streitzeitraum ein aus Polen entsandter Arbeitnehmer i.S.d. Art. 14 Nr. 1 Buchst. a der VO Nr. 1408/71 (im Weiteren auch einfach: VO) war. Unerheblich ist de...

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