Entscheidungsstichwort (Thema)
Keine Rückwirkung der Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG auf den Zeitpunkt des Todes des Stifters
Leitsatz (redaktionell)
1) Die Körperschaftsteuerpflicht einer Stiftung beginnt nicht erst mit ihrer Anerkennung, sondern bereits mit dem Tod des Stifters.
2) Die Steuerbefreiung nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 KStG ist ausgeschlossen, wenn eine Satzung tatsächlich erst zu einem späteren Zeitpunkt wirksam wird.
Normenkette
KStG § 5 Abs. 1 Nr. 9; AO § 51 Abs. 1, § 59; KStG § 1 Abs. 1 Nr. 4
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen der Körperschaftsteuer-Bescheide für 2005 und 2006, ob die Klägerin nach § 5 Abs. 1 Nr. 9 des Körperschaftsteuergesetzes (KStG) von der Körperschaftsteuer befreit ist.
Die Klägerin ist eine Stiftung. Der Stifter, A., hatte unter dem 01.06.1997 ein eigenhändiges Testament mit folgendem (auszugsweisen) Inhalt verfasst:
„… Sollte mir plötzlich und unerwartet einmal etwas zustoßen …, bestimme ich Folgendes: Mein gesamtes Vermögen Geld, Häuser, Grundstücke, Sparvorhaben, Girokonten, Solarien, Geräte, etc. außerhalb bei Kunden kommen einer allgemein nützlichen A.-Stiftung für ältere durch nicht selbst verschuldete Armut bedrückte deutsche Mitbürger zugute. … Es dürfen keine Häuser und anderen Objekte verkauft werden. Die Netto-Einnahmen fließen der Stiftung zu. Das Geld auch aus meinen Geldanlagen … darf nur in die Stiftung fließen und nicht dem Staat Deutschland und auch nicht dem Finanzamt zukommen. Es muss so gewirtschaftet werden, dass keine staatliche Stelle hiervon was bekommt. Die Verwaltung sollte ehrenamtlich erfolgen mit Aufwandsentschädigung für die Verwalter, evtl. Kirche oder andere Personen auf keinen Fall staatlich, denn die haben alle ca. 90 % keine Ahnung.
….”.
A. ist in der Zeit vom 23. bis 25.11.2004 verstorben. Das Amtsgericht B. bestellte ab dem 08.12.2004 zunächst C. und ab dem 13.01.2005 D. zum Nachlasspfleger. Die Klägerin wurde am 26.01.2007 gemäß § 80 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) von der Bezirksregierung E. als rechtsfähig anerkannt. Der Anerkennung der Stiftung lag die eingereichte und unterzeichnete Satzung der Klägerin vom 19.01.2007 zugrunde, die der Nachlasspfleger mit seinem Schreiben vom 19.01.2007 an die Bezirksregierung übermittelte. Nach der Satzung bestand der (erste) Stiftungsvorstand aus G. H. und D., dem Nachlasspfleger. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Satzung Bezug genommen. Zuvor hatte der Nachlasspfleger bereits am 28.12.2006 unter Beifügung eines nicht unterzeichneten Satzungsentwurfs die „Errichtung der gemeinnützigen Stiftung” bei der Bezirksregierung E. beantragt. Der auf die Klägerin ausgestellte Erbschein wurde mit Beschluss des Oberlandesgerichts J. vom 17.12.2008 erstellt, nachdem die Wirksamkeit des Testaments des A. angefochten worden war. Die Beendigung der Nachlasspflegschaft erfolgte zum 24.02.2010.
In den Streitjahren 2005 und 2006 wurden mit dem Stiftungsvermögen Vermietungseinnahmen, Zinseinnahmen sowie Einnahmen aus … erzielt.
Der Beklagte führte 2011 eine Außenprüfung bei der Klägerin u.a. für die Körperschaftsteuer 2005 und 2006 durch. In dem Bericht über die Außenprüfung vom 22.04.2013 führte der Prüfer als Ergebnis aus: Die Buchführung sei formell und materiell als nicht ordnungsgemäß anzusehen. Es sei auch nicht feststellbar, dass die satzungsgemäßen Zwecke erfüllt worden seien. Der Klägerin sei die Gemeinnützigkeit nach den §§ 51 ff. der Abgabenordnung (AO) zu entziehen. Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten wird auf den Bericht verwiesen.
Im Rahmen der Stellungnahme zu dem Bericht über die Außenprüfung trug die Klägerin unter anderem vor: Gemäß § 80 BGB habe sie die Rechtsfähigkeit erst mit ihrer Anerkennung am 26.01.2007 erlangt. Erst von diesem Zeitpunkt an könnten die maßgeblichen gesetzlichen Vorschriften über die Stiftung gelten. Nichts anderes ergebe sich auch aus § 84 BGB, wonach eine Stiftung, wenn sie erst nach dem Tode des Stifters als rechtsfähig anerkannt werde, für Zuwendungen des Stifters als schon vor dessen Tode als entstanden gelte. Diese Vorschrift bezwecke nämlich lediglich, dem Stifter die Erbeinsetzung der Stiftung zu ermöglichen, ohne dass dies an der Vorschrift des § 1923 Abs. 1 BGB scheitere. Auch steuerrechtlich gelte nichts anderes. Sowohl die Vorschriften der maßgeblichen Stiftungsgesetze als auch die steuerlichen Vorschriften über die Gemeinnützigkeit könnten erst mit dem Zeitpunkt der Anerkennung der Stiftung als rechtsfähig Geltung erlangen, im Streitfall mithin erst ab dem 26.01.2007. Die gegen die Geschäftsführung des Nachlasspflegers erhobenen Vorwürfe und Bedenken könnten schon aus diesem Grund nicht zur Aberkennung der Gemeinnützigkeit führen. Denn sie würden ausschließlich den Zeitraum der Nachlassverwaltung betreffen. Entgegen der Auffassung des Prüfers sei daher unter anderem § 63 AO nicht anwendbar, sondern es seien lediglich die Vorschriften bezüglich der Nachlasspflegschaft einschlägig. Der Zeitrau...