Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinzurechnung für Dauerschuldzinsen
Leitsatz (redaktionell)
Die Hinzurechnung von 50% der an eine niederländische Schwestergesellschaft gezahlten Entgelte für Dauerschuldzinsen ist unionsrechtskonform.
Normenkette
EG Art. 43, 48; GewStG § 8 Nr. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die gewerbesteuerrechtliche Hinzurechnung von Zinsen in den Streitjahren 2000 bis 2002.
Die Klägerin ist eine mit Gesellschaftsvertrag … 1961 gegründete GmbH, […]. Alleinvertretungsberechtigter Geschäftsführer ist A..
Gesellschafterin der Klägerin war in den Streitjahren zu 99.4 % die Z. International B.V. mit Sitz in …/Niederlanden (im Folgenden: „Z.I.”). Ein Gewinnabführungsvertrag bestand zwischen der Klägerin und der Z.I. nicht. Die Z.I. hatte eine weitere Tochtergesellschaft, und zwar die Z. Nederland B.V., die ebenfalls ihren Sitz in den Niederlanden hat (im Folgenden: „Z.N.”). Die Z.I. war zu 100 % an der Z.N. beteiligt. Z.N. war damit eine Schwestergesellschaft der Klägerin. Zwischen der Z.I. und der Z.N. bestand eine „fiskale eenheid” „fiskalische Einheit”) nach niederländischem Recht, welche eine Einkommenszurechnung an Z.I. nach niederländischem Recht bewirkte. Dies war ertragsteuerlich bereits … 1975 von der niederländischen Steuerverwaltung anerkannt worden.
Die Klägerin unterhielt wirtschaftliche Beziehungen zu ihrer Schwestergesellschaft Z.N. Diese stellte … her und lieferte … an die Klägerin. Darüber hinaus hatte Z.N. der Klägerin ein Darlehen gewährt. In den Streitjahren zahlte die Klägerin hierfür Zinsen i.H.v. … DM (… EUR) im Jahr 2000, … DM (… EUR) im Jahr 2001 und … EUR im Jahr 2002 an Z.N.
Die Klägerin gab für alle Jahre Gewerbesteuererklärungen ab und erklärte einen Gewerbeertrag von … DM für 2000 (zuzüglich Entgelte für Dauerschulden von … DM), ./. … DM für 2001 (zuzüglich Entgelte für Dauerschulden von … DM) und … EUR für 2002 (zuzüglich Entgelte für Dauerschulden von … EUR). Der Beklagte veranlagte die Klägerin zunächst erklärungsgemäß und unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung – AO –.
Nach Durchführung einer Betriebsprüfung, welche im Wesentlichen mittlerweile unstreitige Fragen betraf, erließ der Beklagte Änderungsbescheide gemäß § 164 Abs. 2 AO und hob den Vorbehalt der Nachprüfung auf. Er setzte die Gewerbesteuermessbeträge 2000 und 2002 mit Bescheiden vom 15.1.2007 auf … DM (… EUR) für 2000 und … EUR für 2002 fest. Mit Bescheid vom 21.12.2006 über die gesonderte Feststellung des vortragsfähigen Gewerbeverlustes auf den 31.12.2001 stellte er den vortragsfähigen Gewerbeverlust auf … DM (… EUR) fest. Am 15.7.2008 erließ er – gestützt auf § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO – Änderungsbescheide zu den Gewerbesteuermessbeträgen 2000 und 2002 und setzte diese auf … DM (… EUR) für 2000 und … EUR für 2002 fest. Bei den Besteuerungsgrundlagen waren Hinzurechnungen ausgewiesen, und zwar Entgelte für Dauerschulden i.H.v. … DM für 2000, … DM für 2001 und … EUR für 2002. Hiervon berechnete der Beklagte 50 v.H. hinzu, also … DM für 2000, … DM für 2001 und … EUR für 2002. Darin enthalten waren u.a. auch die von der Klägerin an Z.N. gezahlten Zinsen.
Die Klägerin legte gegen die vorgenannten Bescheide Einspruch ein, und zwar mit Schreiben vom 2.1.2007 gegen den Verlustfeststellungsbescheid auf den 31.12.2001 und mit Schreiben vom 12.2.2007 gegen die Gewerbesteuermessbescheide 2000 und 2002. Sie begehrte, die gewerbesteuerlichen Hinzurechnungen in Höhe von 50 % der an Z.N. gezahlten Zinsen zu vermindern, mithin um … EUR im Jahr 2000, … EUR im Jahr 2001 und … EUR im Jahr 2002.
Dies begründete sie damit, die Hinzurechnung der Zinsen sei unionsrechtswidrig. Da zwischen Z.N. und Z.I. eine „fiskalische Einheit” bestehe, sei der Vorgang als Zinszahlung an die Muttergesellschaft Z.I. zu würdigen. Eine Hinzurechnung von Zinsen nach § 8 Nr. 1 GewStG habe für Zahlungen zwischen Mutter- und Tochtergesellschaften zu unterbleiben, wenn die Voraussetzungen für eine gewerbesteuerliche Organschaft vorlägen und die Tochtergesellschaft deswegen gewerbesteuerlich als Betriebsstätte der Muttergesellschaft gelte (§ 2 Abs. 2 GewStG). Zwar lasse das GewStG eine gewerbesteuerliche Organschaft nicht zu, wenn die Muttergesellschaft – wie hier – nicht im Inland ansässig sei. Das Unionsrecht verbiete es jedoch, einer deutschen Tochtergesellschaft beim Vorliegen eines grenzüberschreitenden Mutter-Tochter-Verhältnisses innerhalb der EU Steuervorteile zu versagen, die eine deutsche Tochtergesellschaft mit einer inländischen Muttergesellschaft unter entsprechenden Umständen in Anspruch nehmen könnte. Nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs – EuGH – dürften grenzüberschreitende Mutter-Tochter-Verhältnisse innerhalb der EU weder auf der Ebene der Muttergesellschaft noch auf der Ebene der Tochtergesellschaft im Bereich der direkten Steuern ungünstiger behandelt werden als inländische Mutter-Tochter-Verhältnisse (z.B. EuGH-Urteile vom 8.3.2001 C-397/98, C-410/98 „Metallgesells...