Entscheidungsstichwort (Thema)
Arbeitgeberbeiträge an Zusatzversorgungskasse
Leitsatz (redaktionell)
1.) Zahlungen des öffentlichen Arbeitgebers an eine umlagefinanzierte Zusatzversorgungseinrichtung, die nicht zur Finanzierung der Versorgungsanwartschaft von Arbeitnehmern verwendet wird, stellen keinen lohnsteuerpflichtigen Arbeitslohn dar.
2.) Zahlungen, die zur Finanzierung der Versorgungsanwartschaft von Arbeitnehmern verwendet werden, sind in den Grenzen des § 3 Nr. 63 EStG steuerfrei.
Normenkette
EStG § 19 Abs. 1 S. 1, § 3 Nr. 63
Tatbestand
Streitig ist, inwieweit Beiträge an eine Zusatzversorgungskasse lohnsteuerpflichtig sind.
Die Klägerin (Klin.) ist seit dem 01.11.2001 bei der Stadtwerke C. GmbH beschäftigt und erzielt hieraus Einkünfte aus nichtselbständiger Tätigkeit. In den Einkommensteuer-(ESt-)Erklärungen 2002 und 2003 erklärte die Klin. Bruttoarbeitslöhne i.H.v. lediglich 77.234,00 EUR (2002) bzw. 77.265,00 EUR (2003), obwohl auf den Lohnsteuerkarten Bruttoarbeitslöhne i.H.v. 80.140,63 EUR (2002) bzw. 80.197,75 EUR (2003) bescheinigt waren. Wie sie die gekürzten Beträge berechnet hat, hat die Klin. auf einer der jeweiligen Steuererklärung beigefügten Anlage detailliert dargelegt. Hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Anlagen zur Anlage N 2002 bzw. 2003 Bezug genommen (Bl. 45, 46 der Gerichtsakte).
Der Beklagte (Bekl.) setzte die ESt 2002 mit Bescheid vom 06.10.2003 und die ESt 2003 mit Bescheid vom 03.11.2004 fest und legte hierbei jeweils den in der Lohnsteuerkarte ausgewiesenen Bruttoarbeitslohn zugrunde.
Die Klin. hat gegen diese Bescheide nach erfolglosem Einspruchsverfahren Klage erhoben (Einspruchsentscheidung vom 22.04.2005). Sie hält daran fest, dass der auf der Lohnsteuerkarte ausgewiesene Bruttoarbeitslohn nicht in vollem Umfang steuerpflichtig sei.
Dem liegt folgender Sachverhalt zugrunde:
Die Arbeitgeberin der Klin., die Stadtwerke C. GmbH, ist Mitglied der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder (VBL). Die VBL arbeitete ursprünglich nach einem umlagefinanzierten System, d.h. die aktuellen Versorgungslasten wurden durch Umlagen der beteiligten Arbeitgeber finanziert. Kraft tarifvertraglicher Vereinbarung vom 13.11.2001 wurde dieses System geschlossen und ab dem 01.01.2002 durch ein versicherungsmathematisches Punktemodell nach dem Kapitaldeckungsprinzip ersetzt. Die Leistungen aus dem Punktemodell ab dem 01.01.2002 werden so bemessen, als ob eine Gesamtbeitragsleistung von 4 % des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts (2,59 % Arbeitgeberanteil, 1,41 % Arbeitnehmeranteil) in ein kapitalgedecktes System eingezahlt worden sei. Für die Zeit vor 2002 wurden die bereits erworbenen Leistungsansprüche auf den Stand zum 31.12.2001 festgeschrieben.
In den Streitjahren 2002 und 2003 entrichteten die Arbeitgeber und Arbeitnehmer Beiträge an die VBL von insgesamt 9,71 % des zusatzversorgungspflichtigen Entgelts. Hiervon sind 1,85 % vom Arbeitgeber aufgebrachte Sanierungsgelder und die restlichen 7,86 % sind Umlagen, von denen der Arbeitgeber 6,45 % und der Arbeitnehmer 1,41 % aufbringt. Während die 1,85 % Sanierungsgeld in Übereinstimmung mit dem BMF-Schreiben vom 08.03.2002 (ZB4-P2174-33/02 Betriebliche Altersversorgung 6/2002 S. 567) steuerfrei belassen wurden, wurden die 6,45 % Arbeitgeberanteil von der Stadtwerke C. GmbH voll der Lohnsteuer unterworfen.
Grafisch stellt sich dies wie folgt dar:
Die Klin. ist der Auffassung, dass von dem oben genannten 6,45 % Arbeitgeberanteil maximal 2,59 % steuerpflichtig seien. Der Wert von 2,59 % ist die Differenz zwischen dem Arbeitnehmeranteil (1,41 %) und dem Leistungsanspruch des Arbeitnehmers aus dem kapitalgedeckten System (4 %). Bzgl. des 2,59 % übersteigenden Arbeitgeberanteils erlange sie – die Klin. – keinen Vorteil mit der Folge, dass es sich hierbei auch nicht um Einnahmen aus nichtselbständiger Arbeit i.S.d. § 19 EStG handele. § 2 Abs. 2 Nr. 3 EStDV, der hier allein einschlägig sein könne, setze einen geldwerten Vorteil auf Seiten des Arbeitnehmers, einen Zufluss dieses Vorteils auf Seiten des Arbeitnehmers und die Eigenschaft dieses Vorteils als Gegenleistung für die zur Verfügungstellung der Arbeitskraft des Arbeitnehmers voraus. In Höhe von 3,86 % (Differenz zwischen 6,45 % und 2,59 %) fließe ihr –der Klin. – jedoch weder ein geldwerter Vorteil zu noch würden die 3,86 % eine Gegenleistung der Stadtwerke C. GmbH für die Zurverfügungstellung der Arbeitskraft der Klin. darstellen. Nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (Verweis auf BFH-Urteil vom 16.04.1999, VI R 60/96, HFR 1999, 716) werde für die Annahme von Arbeitslohn gefordert, dass sich der Vorgang wirtschaftlich so darstelle, als ob der Arbeitgeber dem Arbeitnehmer die Mittel zur Verfügung stelle und dieser sie zum Erwerb der Zukunftssicherung verwende. Gerade dies treffe im Rahmen des kapitalgedeckten Systems jedoch nicht auf die gesamte vom Arbeitgeber zu entrichtende Umlage von 6,45 % zu. Denn zum Aufbau der Altersvorsorge der Klin. aus dem kapitalgedeckten System würden – zusät...