Entscheidungsstichwort (Thema)
Einkommensteuer 1996
Nachgehend
Tenor
1. Das Verfahren wird ausgesetzt.
2. Gem. Artikel 100 Abs. 1 Satz 1 des Grundgesetzes (GG), § 80 Abs. 1 des Bundesverfassungsgerichtsgesetzes (BVerfGG) wird eine Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes darüber eingeholt, ob § 19 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 2 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) in der für den Veranlagungszeitraum 1996 geltenden Fassung des Jahressteuergesetzes (JStG) 1996 vom 11. Oktober 1995 (Bundesgesetzblatt – BGBl. – I 1995, 1250) und des Gesetzes zur Ergänzung des Jahressteuergesetzes 1996 und zur Änderung anderer Gesetze (Jahressteuer-Ergänzungsgesetz 1996 – JStErgG 1996 –) vom 18. Dezember 1995 (BGBl. I 1995, 1959) insoweit mit dem Grundgesetz vereinbar ist, als auch 1996 Versorgungsbezüge der Ruhestandsbeamten nach § 19 Abs. 1 Nr. 2 EStG als Bezüge aus früheren Dienstleistungen abzüglich eines nach § 19 Abs. 2 EStG steuerfrei bleibenden Versorgungs-Freibetrags besteuert werden, während Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung und der Zusatzversorgung gem. § 22 Nr. 1 Buchstabe a EStG nur mit dem Ertragsanteil besteuert werden, und ob nicht jedenfalls der Versorgungs-Freibetrag von höchstens 6.000 DM im Jahre 1996 wegen Verstoßes gegen Artikel 3 Abs. 1 GG verfassungswidrig zu niedrig ist.
Tatbestand
I.
Der 1925 geborene, verheiratete, mit seiner Ehefrau zusammen zur Einkommensteuer veranlagte Kläger (Kl.) war früher Leitender Oberstaatsanwalt und bezog im Kalenderjahr 1996 (Streitjahr) als Ruhestandsbeamter Versorgungsbezüge in Höhe von brutto 101.976 DM. Außerdem erzielte er Einnahmen aus Kapitalvermögen in Höhe von 9.709 DM. Seine 1948 geborene Ehefrau erzielte ebenfalls Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit und Einkünfte aus Kapitalvermögen.
Der Beklagte (Bekl.) setzte im Einkommensteuerbescheid vom 04.07.1997 für 1996 die Versorgungsbezüge des Kl. in voller Höhe als Bruttoarbeitslohn an. Nach Abzug eines Versorgungsfreibetrages von 6.000 DM gem. § 19 Abs. 2 EStG und eines Arbeitnehmerpauschbetrages von 2.000 DM gem. § 9 a Satz 1 Nr. 1 Buchstabe a EStG verblieben als Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (Bezüge aus früheren Dienstleistungen) 93.976 DM. Von den Einnahmen in Höhe von 9.709 DM aus Kapitalvermögen setzte der Bekl. nach Abzug von Werbungskosten in Höhe von 261 DM und einem Sparerfreibetrag von 6.000 DM einen Betrag von 3.448 DM als Einkünfte aus Kapitalvermögen an. Die sich danach für den Kl. ergebende Summe der Einkünfte von 97.424 DM verminderte der Bekl. gem. § 24 a EStG um einen Altersentlastungsbetrag von 40 % der Einkünfte des Kl. aus Kapitalvermögen, nämlich um 1.380 DM, so daß sich ein Gesamtbetrag der Einkünfte des Kl. von 96.044 DM ergab. Die Einkommensteuer wurde unter Berücksichtigung auch der Einkünfte der Ehefrau des Kl. auf 45.672 DM festgesetzt. Die Steuerfestsetzung wurde nach § 165 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO) u.a. hinsichtlich der Besteuerung der Versorgungsbezüge für vorläufig erklärt.
Der Kl erhob gegen den Einkommensteuerbescheid für 1996 mit der Begründung Einspruch, der Versorgungsfreibetrag von 6.000 DM sei verfassungswidrig zu niedrig.
Der Bekl. wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 30.10.1997, auf die Bezug genommen wird, als unbegründet zurück. Die Festsetzung blieb weiterhin im bisherigen Umfang nach § 165 Abs. 1 AO vorläufig. Zur Begründung der Zurückweisung des Einspruchs führte der Bekl. aus: Der Einkommensteuerbescheid entspreche dem geltenden Recht. Nach § 19 Abs. 2 EStG könne nur ein Betrag von höchstens 6.000 DM von Versorgungsbezügen steuerfrei bleiben. Die Verwaltung sei an das formell ordnungsgemäß zustande gekommene Gesetz gebunden.
Mit seiner daraufhin erhobenen Klage trägt der Kl. vor:
Die unterschiedliche steuerliche Behandlung von Alterseinkünften der Pensionäre einerseits und der Rentner andererseits verstoße gegen das Gleichheitsgebot in Artikel 3 GG und sei daher verfassungswidrig. Altersbezüge der Pensionäre würden abzüglich eines jährlichen Freibetrages von 40 %, höchstens jedoch von 6.000 DM voll versteuert. Dagegen würden Altersbezüge aus der gesetzlichen Rentenversicherung nur mit dem sog. Ertragsanteil besteuert, der bei einem 65 Jahre alten Rentner bei 27 % liege. Angesichts der steuerlichen Grundfreibeträge und der steuerlich abzugsfähigen Sonderausgaben, wie z.B. Krankenkassenbeiträge, führe diese Regelung dazu, daß Renteneinkünfte aus der gesetzlichen Rentenversicherung weitestgehend von Steuer freigestellt würden. Die geringfügige Besteuerung der Renten sei in der Vergangenheit damit begründet worden, daß die Beiträge im wesentlichen aus versteuertem Einkommen gezahlt würden. Das sei jedoch seit langem unzutreffend, weil der Arbeitgeberanteil, der 50 % der Beiträge umfasse, für den Arbeitnehmer in jedem Fall steuerfrei sei. Darüber hinaus könne der Arbeitnehmeranteil über den Abzug von Sonderausgaben steuerlich geltend gemacht werden. Unberücksichtigt bleibe nach der gelten...