Entscheidungsstichwort (Thema)
Eröffnung des Insolvenzverfahrens: Zeitpunkt der Beendigung einer umsatzsteuerlichen Organschaft
Leitsatz (redaktionell)
Ein umsatzsteuerliches Organschaftsverhältnis endet nur dann bereits mit der Bestellung eines vorläufigen Insolvenzverwalters, wenn dem Schuldner ein allgemeines Verfügungsverbot auferlegt oder angeordnet wird, dass Verfügungen des Schuldners nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind.
Normenkette
UStG § 2 Abs. 2 S. 1, Abs. 2 Nr. 2; InsO § 21 Abs. 2 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist der Zeitpunkt der Beendigung der umsatzsteuerlichen Organschaft.
Zwischen den Beteiligten unstreitig bestand zwischen der Antragstellerin als Organträger und der Firma N. GmbH (im Folgenden GmbH) als Organgesellschaft eine umsatzsteuerliche Organschaft (vgl. Umsatzsteuerprüfungsbericht vom 31.05.2001).
Am 30.10.2000 beantragte die GmbH die Eröffnung des Insolvenzverfahrens über ihr Vermögen. Mit Beschluss vom 02.11.2000 ordnete das Amtsgericht A. - Insolvenzgericht - Az. 3 IN 157/00 gem. § 21 Abs. 1 und 2 Insolvenzordnung (InsO) die vorläufige Insolvenzverwaltung an, bestellte Rechtsanwalt B. C. zum vorläufigen Insolvenzverwalter und traf die Anordnung, dass Verfügungen der Schuldnerin nur mit Zustimmung des vorläufigen Insolvenzverwalters wirksam sind (§ 21 Abs. 1 Nr. 2, 2. Alt. InsO). Aufgrund des Beschlusses hatte er das Recht, die Geschäftsräume der Schuldnerin (= GmbH) zu betreten, Nachforschungen anzustellen sowie Einsicht in die Bücher zu nehmen und Auskünfte zu verlangen. Er war ferner berechtigt, Bankguthaben und sonstige Forderungen der Schuldnerin einzuziehen, Gelder und sonstige Vermögenswerte in Besitz zu nehmen und treuhänderisch zu verwahren. Wegen der Einzelheiten wird auf den Beschluss vom 02.11.2000 verwiesen. Mit Beschluss vom 28.12.2000 wurde das Insolvenzverfahren eröffnet.
Die Antragstellerin erklärte in den von ihr eingereichten Umsatzsteuer-Voranmeldungen vom 12.01.2001 für November 2000 Umsatzsteuer i. H. v. ./. 1.400 DM und für Dezember 2000 Umsatzsteuer i. H. v. ./. 267.453 DM. In berechtigten Anmeldungen für Dezember 2000 vom 19.02.2001 und vom 15.05.2001 erklärte sie Umsatzsteuer i. H. v. ./. 1.122 DM bzw. ./. 267.456 DM. Die Antragstellerin war dabei jeweils von der Beendigung der Organschaft seit der Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters ausgegangen.
Bei einer Umsatzsteuer-Sonderprüfung (Beginn 20.02.2001) vertrat der Prüfer die Auffassung, dass das Organschaftsverhältnis zwischen der Antragstellerin und der GmbH nicht bereits mit Bestellung des vorläufigen Insolvenzverwalters am 2. 11. 2000, sondern erst mit Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 28.12.2000 geendet habe. Der Prüfer rechnete deshalb die von der GmbH im Zeitraum November und Dezember 2000 getätigten Umsätze der Antragstellerin zu. Wegen der eingetretenen Zahlungsunfähigkeit der Organgesellschaft setzte er einen Vorsteuerrückforderungsanspruch an (vgl. T. z. 5 des Berichts). Das Finanzamt setzte in Auswertung des Prüfungsberichts mit - nach § 164 Abs. 2 AO - geänderten Bescheiden vom 03.07.2001 die Umsatzsteuervorauszahlungen für November 2000 mit 215.615 DM und für Dezember 2000 mit ./. 207.528 DM fest.
Ein bereits wegen früherer Umsatzsteuervorauszahlungsbescheide für November und Dezember 2000 (Bescheide vom 02.03.2001 und vom 08.03.2001) laufendes Einspruchsverfahren und Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung (vgl. Schreiben der Klägervertreter vom 02.04.2001) wurde hinsichtlich der berichtigten Bescheide jeweils vom 03.07.2001 fortgesetzt.
Über den Einspruch ist noch nicht entschieden.
Der Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde vom Finanzamt am 08.06.2001 abgelehnt.
Die Antragstellerin hat daraufhin bei Gericht Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gestellt.
Entsprechend ihrer bereits im Einspruchsverfahren bzw. Verfahren wegen Aussetzung der Vollziehung beim Finanzamt vertretenen Rechtsauffassung hat sie folgendes vorgetragen:
Die Organschaft habe nicht erst mit der Eröffnung des Insolvenzverfahrens am 28.12.2000, sondern bereits mit der Anordnung der vorläufigen Insolvenzverwaltung durch Beschluss des Amtsgerichts A. vom 02.11.2000 geendet. Im Rahmen einer Besprechung am Tag der Beschlussfassung habe der zum vorläufigen Insolvenzverwalter bestellte Rechtsanwalt C. erklärt, dass die Schuldnerin nicht mehr befugt sei, ohne seine ausdrückliche Zustimmung Verträge irgendwelcher Art abzuschließen. Er habe darauf hingewiesen, dass sich die Geschäftsführung bei Zuwiderhandlung ggf. strafrechtlich zu verantworten habe. Es sei weiter darauf hingewiesen worden, dass zwei Mitarbeiter des vorläufigen Insolvenzverwalters während der gesamten Insolvenzantragsphase ständig vor Ort sein würden und die Geschäftsleitung sämtliche weiteren Maßnahmen mit diesen Herren als Bevollmächtigte des Insolvenzverwalters abzustimmen habe. Durch den vorläufigen Insolvenzverwalter sei auch ein neues Anderkonto bei den Vereinigten Sparkassen Gunzenhausen eingerichtet worden, das die Beze...