Entscheidungsstichwort (Thema)
Festsetzung des Grundsteuermessbetrags im Wege der Neuveranlagung
Leitsatz (redaktionell)
Wird für ein Grundstück eine Wertfortschreibung nach § 22 Abs. 1 BewG durchgeführt, so wird für dieses Grundstück gemäß § 17 Abs. 1 GrStG der Steuermessbetrag auf den Fortschreibungszeitpunkt neu festgesetzt und damit eine sogenannte Neuveranlagung durchgeführt.
Normenkette
BewG § 22 Abs. 1; GrStG § 17 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob mit Grundsteuermessbescheid vom 09.06.2010 noch eine Neuveranlagung auf den 01.01.2006 durchgeführt werden durfte.
Die Klägerin ist seit 1976 Eigentümerin des über 6.000 qm großen Anwesens A-Straße in 1. Das Anwesen umfasst nach dem Liegenschaftskataster die Grundflächen Flurnummer 45 zu 1.796 qm mit Wohngebäude einschließlich Gastwirtschaft und Nebengebäude, die Flurnummer 45/1 mit einer Fläche von 1.384 qm und einem Gebäude mit Diskothek sowie die 2.864 qm große und unbebaute Flurnummer 45/2, einen Parkplatz.
Nach einer Ortsbesichtigung im Jahr 1975 bewertete das Finanzamt mit Bescheiden vom 24.11.1975 von dem Anwesen Wohnhaus und Gastwirtschaft einerseits und die Mälzerei andererseits als jeweils eigene wirtschaftliche Einheit und erließ für letztere im Wege einer Nachfeststellung auf den 01.01.1974 einen Einheitswertbescheid, in dem es den Einheitswert für das Geschäftsgrundstück unter Einbeziehung eines Umgriffs von 1.000 qm auf 38.800 DM feststellte.
Gemäß Baugenehmigungen vom 27.07.1982 und nach Einreichung eines Tekturplans vom 11.08.1983 wurden Gebäude der ehemaligen Mälzerei in eine Diskothek umgebaut. Später wurde das gesamte Anwesen in die bereits genannten Flurnummern 45, 45/1 und 45/2 aufgeteilt. Trotz Errichtung der Diskothek erfolgte zunächst keine Änderung der Einheitswertfeststellung.
Ein 1990 geplanter Umbau eines ehemaligen Brauereigebäudes in sechs Wohneinheiten scheiterte wegen Einwendungen eines Nachbarn.
Die Bewertungsstelle des Finanzamts erfuhr im Jahr 2010 von dem Einbau der Diskothek. Nachdem trotz wiederholter Aufforderung dazu eine Erklärung zur Feststellung des Einheitswerts nicht eingereicht wurde, führte das Finanzamt mit Bescheid vom 09.06.2010 für das Grundstück 1 Flurnummer 45/1 und 45/2 eine Wertfortschreibung auf den 01.01.2006 durch und stellte den Einheitswert auf 37.733 € (= 73.800 DM) fest. Es erfasste dabei das Grundstück mit der Fläche der Flurnummern 45/1 und 45/2 (zusammen 4.248 qm).
Mit Grundsteuermessbescheid ebenfalls vom 09.06.2010 setzte das Finanzamt ausgehend von dem Einheitswert von 37.733 € den Grundsteuermessbetrag im Wege einer Neuveranlagung auf den 01.01.2006 auf 132,06 € fest.
Die Klägerin erhob dagegen Einspruch und bezog sich dabei auf den Grundsteuermessbescheid. Zur Begründung machte sie geltend, dass die Diskothek seit 1982 bestehe, seit 1982 keine Änderung bei den bestehenden Gebäuden erfolgt sei und der Gebäudebestand sowie das Grundstück mit insgesamt 6.044 qm schon bei der Flurnummer 45 mitberechnet und vom Finanzamt erfasst worden seien. Mit Entscheidung vom 15.07.2010 wies das Finanzamt den Einspruch gegen den Grundsteuermessbescheid als unbegründet zurück.
Die Klägerin hat dagegen Klage erhoben. Sie begehrt, den Grundsteuermessbescheid vom 09.06.2010 und die Einspruchsentscheidung hierzu vom 15.07.2010 aufzuheben.
Zur Begründung macht sie im Wesentlichen geltend:
Der Grundsteuermessbetrag dürfe nicht rückwirkend ab dem Jahr 2006 festgesetzt werden. Sie könne die Grundsteuer für die zurückliegenden Jahre nicht mehr von den Pächtern erlangen. Diese wehrten sich bereits wegen der Nebenkostenabrechnungen für 2007 bis 2009; es laufe dazu ein gerichtliches Verfahren wegen Verjährung. Zudem ruhe der Betrieb der Diskothek seit 2006 und werde seit 15.01.2009 nicht mehr aufrecht erhalten.
Der Grundsteuermessbetrag sei auch nicht richtig berechnet. Bereits der Grundsteuermessbetrag für das Grundstück Flurnummer 45 umfasse die ganze Grundstücksfläche von 6.044 qm sowie die bestehenden Gebäude.
Der Grundstücksteil mit den Flurnummern 45/1 und 45/2 habe im Übrigen weder einen Wasserzulauf noch einen Wasserabfluss. Solche habe nur der Grundstücksteil Flurnummer 45. Auch die Treppe zum Diskothekengebäude gehe nur sie etwas an. Ferner sei die Sicherheit des Grundstücks gegen äußere Einflüsse wie Strahlen, Laser etc. nicht gewährleistet, sodass das komplette Gebäude nicht grundsteuerpflichtig sei. Weiter werde ihr Grundstück durch die Emissionen der Tierhaltung auf dem Nachbargrundstück stark beeinträchtigt.
Das Finanzamt beantragt dagegen Klageabweisung.
Zur Begründung trägt es im Wesentlichen vor:
Die wirtschaftliche Einheit des streitigen Grundstücks mit der Mälzerei und einer Halle habe zum 01.01.1974 eine Teilfläche des ursprünglichen Grundstücks mit Flurnummer 45 gebildet. Dieses Grundstück sei nach dem Stichtag neu vermessen und in die drei Flurnummern 45, 45/1 und 45/2 aufgeteilt worden, wobei auf der neuen Flurnummer 45/1 die ehemalige Mälzerei und eine Halle stehen und die Flurnummer 45/2 als Parkplatz di...