Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerliche Behandlung einer Aufwandsentschädigung für Zeitaufwand eines ehrenamtlich tätigen Versicherungsberaters
Leitsatz (redaktionell)
1. Die ehrenamtliche Tätigkeit als Versichertenberater bzw. Versicherungsältester ist als sonstige selbständige Arbeit im Sinne des § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG zu qualifizieren.
2. Für die Tätigkeit als ehrenamtlicher Versichertenberater ist kein Freibetrag nach § 3 Nr. 26 EStG zu gewähren, da es sich bei dieser Tätigkeit um eine im weitesten Sinne beratende Tätigkeit für rechtliche und finanzielle Interessen der Versicherten handelt, die typisierend den rechts- und wirtschaftsberatenden Tätigkeiten und nicht den pädagogischen Tätigkeiten zuzuordnen ist.
3. a) Die Gewährung eines Pauschalbetrages für Zeitaufwand stellt keine steuerfreie Aufwandsentschädigung gemäß § 3 Nr. 12 S. 2 EStG dar.
b) Voraussetzung für die Steuerfreiheit nach § 3 Nr. 12. S. 2 EStG ist der Ausgleich tatsächlichen Aufwands durch die gewährte Entschädigung.
Normenkette
EStG § 3 Nr. 12 S. 2, Nr. 26, § 18 Abs. 1 Nr. 3
Nachgehend
BFH (Beschluss vom 02.07.2018; Aktenzeichen VIII B 121/17) |
Tatbestand
Streitig ist die einkommensteuerliche Behandlung von Entschädigungszahlungen an ehrenamtliche Mitglieder der Selbstverwaltungsorgane der Sozialversicherungsträger (hier: X-Rentenversicherung).
Die Kläger sind Ehegatten und wurden für das Streitjahr 2014 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Der Kläger war im Streitjahr u.a. ehrenamtlich als Versichertenberater der X-Rentenversicherung tätig. Im Rahmen dieser Tätigkeit beriet und unterstützte er Versicherte bei Antragstellungen, wobei Beratungs- und Hilfeleistungen zum Teil in der Privatwohnung durchgeführt wurden. Für diese Tätigkeit erhielt er von der X-Rentenversicherung eine Wohnungspauschale für die Nutzung seiner Privatwohnung durch fremde Personen (Besuche zur Antragstellung und für Beratungen), eine Erstattung der baren Auslagen für Büromaterial und für Portokosten sowie eine "Zeitaufwands- und Antragspauschale". Letztgenannte betrug im Streitjahr 2.502 €.
Mit der Einkommensteuererklärung für 2014 legte der Kläger eine Bescheinigung der X-Rentenversicherung vom 19.02.2015 vor, wonach er im Jahr 2014 als ehrenamtliches Mitglied der Selbstverwaltung steuerpflichtige Entschädigungen nach § 41 Sozialgesetzbuch IV (SGB IV) in Höhe von 2.502 € erhalten hat. Von diesen Einnahmen zog der Kläger zum Einen einen Freibetrag von 2.400 € und zum anderen einen Aufwand für sein Arbeitszimmer in Höhe von 352,32 € ab. Nach eigenen Angaben nutzte er das betreffende Arbeitszimmer zu 50% für die ehrenamtliche Tätigkeit.
Mit Einkommensteuerbescheid für 2014 vom 02.10.2015 setzte das Finanzamt unter Berücksichtigung einer 25%-igen Betriebsausgabenpauschale gemäß dem Schreiben des Bundesministerium der Finanzen vom 21.01.1994 (BStBl I 1994, 112; H 18.2 EStH) Einkünfte aus selbständiger Arbeit aus der ehrenamtlichen Tätigkeit als Versichertenberater in Höhe von 1.888 € an.
Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein und trugen zur Begründung vor, dass für die ehrenamtliche Tätigkeit als Versichertenberater von der X-Rentenversicherung folgende Vergütungen im Streitjahr gewährt worden seien:
Steuerfrei: |
- eine Wohnungspauschale für die Nutzung der Privatwohnung durch fremde Personen,
- eine Erstattung der baren Auslagen, wie z.B. für den Kauf von Büroartikeln,
- weitere Erstattungen für Portokosten.
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steuerpflichtig: |
- eine Zeitaufwands- und eine Antragspauschale.
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Für darüber hinaus vorgehaltene Hilfsmittel, wie z.B. Computer, Büromöbel etc. habe er keine Erstattungen erhalten. Weiter führte der Kläger aus, es sei für die Erzielung der steuerpflichtigen Pauschbeträge für Zeitaufwand unabdingbar, dass er weitere Vorhaltungen, wie das Lagern von Formularen und Broschüren in einem separaten Arbeitszimmer mache. Auch sei das Vorhalten eines PCs mit entsprechender Software notwendig. Außerdem sei er der Ansicht, dass die vom Finanzamt berücksichtigte 25%-ige Betriebsausgabenpauschale für einen anderen Personenkreis vorgesehen sei und im Streitfall nicht zur Anwendung komme.
Mit Schreiben vom 11.02.2016 teilte das Finanzamt den Klägern mit, es sei bei erneuter Überprüfung der Sach- und Rechtslage zu dem Ergebnis gekommen, dass die angesetzte Betriebskostenpauschale von 25% zu Unrecht gewährt worden sei, da dem Kläger nach seinem Vortrag tatsächlich entstandene Aufwendungen durch steuerfreie Pauschalen ersetzt worden seien. Ein Ansatz der Betriebskostenpauschale sei bei dieser Fallgestaltung jedoch nicht möglich. In diesem Zusammenhang wurden die Kläger auf die Möglichkeit der Verböserung gemäß § 367 Abs. 2 Satz 2 AO hingewiesen.
Das Einspruchsverfahren verlief erfolglos; mit Einspruchsentscheidung vom 30.05.2016 wurde die Einkommensteuer auf 6.151 € erhöht.
Der Prozessbevollmächtigte hat für die Kläger Klage erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen:
Die ehrenamtliche Tätigkeit bei Sozialversicherungsträgern falle unter die sogenannte schlichte Hoheitsverwaltun...